Eine Nachzahlung des Wohngeldes wird vom Jobcenter als Einkommen an das Bürgergeld angerechnet. Diese Praxis wurde vom Landessozialgericht Sachsen bestätigt. Denn:
1. Beim Wohngeld handelt es sich um eine Einnahme in Geld im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II
2. Eine Sonderkonstellation im Sinne von § 11a SGB II, in der ein tatsächlich erzieltes Einkommen gleichwohl nicht zu berücksichtigen wäre, ist nicht gegeben.
3. Der Berücksichtigung des zugeflossenen Wohngelds als im Februar anzurechnendes Einkommen steht auch nicht der Umstand entgegen, dass es sich um eine Nachzahlung für 3 Monate handelte.
Das Wohngeld war trotz der Nachzahlung in einem Gesamtbetrag als laufende Einnahme im Sinne von § 11 Abs. 2 SGB II zu qualifizierende Einkommen (vgl. BSG, Urteil vom 24. April 2015, B 4 AS 32/14 R -) es war nach § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II in dem Monat des Zuflusses zu berücksichtigen. Begründung: LSG Sachsen L 4 AS 736/15.
Keine analoge Anwendung von § 11a Abs 1 Nr 1 SGB 2
Dies gilt für Leistungen nach dem SGB II, dem SGB XII und dem AsylbLG auch für Leistungen (einschließlich Nachzahlungen) nach dem AsylbLG (vgl. zur inhaltsgleichen Vorgängerregelung in § 11 Abs. 1 Satz 1 SGG: BSG, Urteil vom 25. Juni 2015 – B 14 AS 17/14 R – ).
Nichtberücksichtigung einer Nachzahlung nach dem AsylbLG
Es ist in den Fällen, in denen dem Betroffenen die zur Gewährleistung eines menschenwürdigen Daseins notwendigen materiellen Mittel fehlen, weil sie weder aus einer Erwerbstätigkeit noch aus eigenem Vermögen noch durch Zuwendungen Dritter zu erlangen sind, der Staat im Rahmen seines Auftrages zum Schutz der Menschenwürde und in Ausfüllung eines sozialstaatlichen Gestaltungsauftrages verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die materiellen Voraussetzungen dafür Hilfebedürftigen zur Verfügung stehen ( BSG B 14 AS 17/14 R ).
Diese Aussagen lassen sich zur Überzeugung des Senats jedoch nicht auf (Nach-) Zahlungen nach dem WoGG übertragen.
Denn während die Leistungsansprüche nach dem SGB II, dem SGB XII und dem AsylbLG jeweils umfassend auf die Gewährung des soziokulturellen Existenzminimums gerichtet sind, bezieht sich das Wohngeld lediglich auf einen diesbezüglichen Teilaspekt, nämlich die wirtschaftliche Sicherung angemessenen und familiengerechten Wohnens , so dass ausschließlich ein Zuschuss zur Miete (Mietzuschuss) oder zur Belastung (Lastenzuschuss) für den selbstgenutzten Wohnraum geleistet wird.
Anmerkung vom Sozialrechtsexperten Detlef Brock
Die Rechtsprechung des BSG vom 25.7.2015 – B 14 AS 17/14 R – zur analogen Anwendung von § 11a Abs 1 Nr 1 SGB II auf Leistungen nach dem AsylbLG ist auf (Nach-)Zahlungen von Leistungen nach dem WoGG nicht übertragbar.
Hinweis:
Nach neuster Rechtsprechung des Bundessozialgerichts dürfte bei der Nachzahlung von Wohngeld im Monat des Zuflusses die 30 Euro Versicherungspauschale nur noch – einmalig abzusetzen sein ( BSG, Urt. v. 11.07.2024 – B 4 AS 14/23 R – ).
Detlef Brock ist Redakteur bei Gegen-Hartz.de und beim Sozialverein Tacheles e.V. Bekannt ist er aus dem Sozialticker und später aus dem Forum von Tacheles unter dem Namen “Willi2”. Er erstellt einmal wöchentlich den Rechtsticker bei Tacheles. Sein Wissen zum Sozialrecht hat er sich autodidaktisch seit nunmehr 17 Jahren angeeignet.