Bürgergeldempfänger haben bei Schimmelbefall ihrer Wohnung in der Regel keinen Anspruch auf eine Wohnungserstausstattung, da es ihnen zumutbar ist, Ansparungen vorzunehmen.
Bei einem Schimmelbefall einzelner Möbelstücke handelt es sich gerade nicht um eine plötzlich eingetretene Unbrauchbarkeit der Wohnungsausstattung, sondern vielmehr um einen allgemeinen Abnutzungs- und Verschleißprozess.
Die übliche Abnutzung von Gebrauchsgegenständen ist kein außergewöhnlicher Umstand im Sinne der Rechtsprechung des BSG zur Wohnungserstausstattung. Auch wenn hier personenbezogene Faktoren, ggf. durch falsches Lüftungsverhalten, aber auch durch eine mangelhafte bauliche Situation der Wohnung zu einer schnelleren, aber dennoch schleichenden Abnutzung der Wohnungsgegenstände geführt haben können. So entschieden vom LSG BW, Urt. v. 10.07.2024 – L 2 AS 2960/22 –
Denn in Abgrenzung zu dem aus dem Regelbedarf zu deckenden Erhaltungs- und Ergänzungsbedarf kommt eine Erstausstattung im Sinne einer Neuausstattung des Leistungsberechtigten mit bereits vorhandenen Möbeln und Haushaltsgeräten nur dann in Betracht, wenn der Leistungsberechtigte nachweist, dass er über die erforderlichen Einrichtungsgegenstände nicht mehr verfügt und darüber hinaus die Neuanschaffung dieser Einrichtungsgegenstände als Wohnungserstausstattung durch außergewöhnliche Umstände bzw. ein besonderes Ereignis veranlasst ist (BSG, Urteil vom 27.09.2011 – B 4 AS 202/10 R -).
Die Neuanschaffung von Einrichtungsgegenständen als Wohnungserstausstattung durch einen Zuschuss des Leistungsträgers ist jedoch nur unter engen Voraussetzungen möglich (BSG, Urteil vom 06.08.2014 – B 4 AS 57/13 R -).
Inhaltsverzeichnis
Abnutzung und Verschleiß sind keine außergewöhnlichen Umstände
Außergewöhnliche Umstände oder ein besonderes Ereignis als Anknüpfungstatsachen für eine Neuanschaffung als Wohnungserstausstattung können danach nicht anerkannt werden, wenn der Bedarf nach und nach durch den allgemein üblichen Abnutzungs- und Verschleißprozess entstanden ist, auch wenn hierbei in der Person liegende Faktoren wie mangelnde Sorgfalt oder eine besonders intensive Nutzung bestimmter Einrichtungsgegenstände mitgewirkt haben.
Erforderlich sind vielmehr von außen einwirkende außergewöhnliche Umstände oder besondere Ereignisse.
Diese müssen, soweit sie nicht mit Veränderungen der Wohnung oder der Wohnsituation einhergehen, regelmäßig geeignet sein, den plötzlichen Untergang oder die Unbrauchbarkeit der Wohnungseinrichtung unabhängig von sonstigen allgemeinen Ursachen für die Abnutzung oder den Untergang der Gegenstände herbeizuführen.
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Daran fehlt es hier.
Bei einem Schimmelpilzbefall einzelner Möbelstücke handelt es sich gerade nicht um eine plötzlich eingetretene Unbrauchbarkeit der Wohnungseinrichtung, sondern vielmehr um einen allgemeinen Abnutzungs- und Verschleißprozess, auch wenn hier personenbezogene Faktoren, ggf. durch falsches Lüftungsverhalten, aber auch durch eine mangelhafte bauliche Situation der Wohnung zu einem schnelleren, aber dennoch schleichenden Verschleiß der Wohnungsgegenstände geführt haben mögen.
Schimmelpilzbefall nicht vergleichbar mit Brand oder Wohnungskündigung
Diese Situation sei nicht mit den vom Gesetzgeber vor Augen gehabten Ereignissen wie einem Brand oder einer Haftentlassung vergleichbar, bei denen – ausnahmsweise – auch eine Neubeschaffung von Möbeln und Haushaltsgegenständen im Rahmen des § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II erstattungsfähig sei.
Im Fall der Klägerin liegt nur eine Ersatzbeschaffung vor
Bei den von der Klägerin angeschafften Einrichtungsgegenständen handelt es sich somit um eine Ersatzbeschaffung, die von der genannten Norm gerade nicht erfasst wird.
Fehlender Nachweis der selbst beschafften Gegenstände
Darüber hinaus scheitert der Anspruch auf die begehrte Kostenübernahme für die selbst beschafften Einrichtungsgegenstände auch am fehlenden Nachweis, dass diese unbrauchbar geworden oder nicht (mehr) vorhanden sind.
Fazit
Ausgehend von der Konzeption der Erstausstattung, Leistungen dann zu ermöglichen, wenn es dem Betroffenen aufgrund der tatsächlichen Umstände (plötzlicher Verlust, plötzliche Änderung der Lebenssituation) nicht möglich war, sich auf die anstehende Ersatzbeschaffung vorzubereiten und anzusparen, greift diese Zielrichtung in Fällen wie dem vorliegenden nicht.
Wie ausgeführt, habe die Feuchtigkeit in der Wohnung erst nach und nach dazu geführt, dass die Möbel unbrauchbar geworden seien.
Daher sei es dem Leistungsberechtigten in diesen Fällen möglich, durch Ansparen vorzusorgen.
Der vorliegende Sachverhalt, die Feuchtigkeit der Wohnung und der lange Verbleib der Möbel in der feuchten Umgebung, führe daher nicht dazu, dass aus rechtlicher Sicht von einem Erstausstattungsbedarf auszugehen sei.
Anmerkung Detlef Brock
Bei mehrmaligem Lesen stellt man sehr schnell fest, dass hier wohl ein richtungsweisendes Urteil ergangen ist, das besagt: Bei Schimmelbefall keine Erstausstattung durch das Jobcenter.
Ich würde aber trotzdem meinen, dass es auch hier auf den Einzelfall ankommt, so dass man das hier Gesagte wohl verallgemeinern kann, aber im Ausnahmefall das Jobcenter auch zahlen muss.
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Detlef Brock ist Redakteur bei Gegen-Hartz.de und beim Sozialverein Tacheles e.V. Bekannt ist er aus dem Sozialticker und später aus dem Forum von Tacheles unter dem Namen “Willi2”. Er erstellt einmal wöchentlich den Rechtsticker bei Tacheles. Sein Wissen zum Sozialrecht hat er sich autodidaktisch seit nunmehr 17 Jahren angeeignet.