Immer wieder neue Unterlagen einreichen, sonst wird Bürgergeld eingestellt – Urteil

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Wer Bürgergeld beantragt, erlebt, dass das Jobcenter nicht nur nach dem aktuellen Kontostand fragt, sondern nach unzähligen Nachweisen: Einkommen, Vermögen, Wohnkosten, Unterhalt, Versicherungen, familiäre Konstellationen.

Fehlen entscheidende Angaben oder Belege, darf das Jobcenter Leistungen versagen – sogar vollständig, und zwar auch dann, wenn Kinder in der Bedarfsgemeinschaft leben.

Genau diese harte Konsequenz hat das Landessozialgericht Baden-Württemberg in einem Verfahren bestätigt (Az. L 13 AS 1449/22).

Der Fall: Erst bewilligt, später blockiert

Gestritten wurde um Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II, die heute im allgemeinen Sprachgebrauch häufig als „Bürgergeld“ bezeichnet werden.

Der Kläger, zum Zeitpunkt der späteren Entscheidungen 66 Jahre alt, lebte mit seiner Tochter in einer Bedarfsgemeinschaft. Für den Zeitraum Oktober bis Ende Dezember 2020 waren Leistungen bewilligt worden. Als es im Jahr darauf um weitere Monate ging, begann der Konflikt.

Im Juli 2021 stellte der Mann erneut einen Antrag. Aus seiner Sicht war das Wesentliche längst geklärt: Er habe schon beim früheren Bezug alle nötigen Daten geliefert. Im neuen Antrag füllte er deshalb im Wesentlichen nur persönliche Angaben aus und verwies darauf, dass eine weitere Person in der Unterkunft lebe.

Das Jobcenter verlangte daraufhin, die üblichen Nachweise nachzureichen, unter anderem zu Einkommen und Unterkunftskosten. Als die angeforderten Unterlagen auch nach Erinnerung nicht vollständig kamen, versagte die Behörde Leistungen ab dem 1. Juli 2021 per Bescheid vom 17. September 2021.

Dass der Versagungszeitpunkt auf den Monatsanfang zurückgreift, ist dabei kein Zufall: In der Grundsicherung gilt grundsätzlich, dass Leistungen ab Beginn des Monats der Antragstellung beansprucht werden können. Wer also am 23. Juli beantragt, streitet praktisch über den Zeitraum ab dem 1. Juli.

Warum „alte“ Unterlagen nicht automatisch reichen

Für Betroffene wirkt es zunächst plausibel: Wenn der Anspruch schon einmal anerkannt wurde, müsste das doch fortgelten. Der Sozialleistungsalltag funktioniert aber anders.

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Der Gesetzgeber knüpft die Zahlung nicht an eine einmalige, dauerhaft wirkende Feststellung, sondern an fortlaufend aktuelle Verhältnisse.

Einkommen kann schwanken, Vermögen kann sich verändern, Mietkosten können steigen oder sinken, Mitbewohner können ein- oder ausziehen. Genau deshalb sind Jobcenter berechtigt, bei jedem Antrag – und auch beim Weiterbewilligungsantrag – aktuelle Angaben zu verlangen.

Hinzu kommt ein zeitgeschichtlicher Faktor, der in vielen Fällen 2020/2021 mitschwingt: Während der Corona-Pandemie galten zeitweise Sonderregeln zum erleichterten Zugang in der Grundsicherung.

Dieser „vereinfachte Zugang“ nach § 67 SGB II wurde mehrfach verlängert und umfasste unter anderem erleichterte Prüfungen bei Vermögen sowie die Anerkennung tatsächlicher Unterkunftskosten in bestimmten Konstellationen.

Gerade wenn ein Erstbezug in diese Phase fällt, wird das Jobcenter später noch einmal genauer prüfen.

Die Mitwirkungspflichten treffen in Bedarfsgemeinschaften nicht nur „den Antragsteller“ im umgangssprachlichen Sinn. In der Logik des Leistungsrechts sind die Ansprüche individuell, zugleich wird aber erwartet, dass erforderliche Angaben für die gesamte Bedarfsgemeinschaft verfügbar gemacht werden.

Verweis auf früheren Bezug genügt nicht

Das Landessozialgericht ließ den Einwand des Klägers, er habe „doch schon einmal alles abgegeben“, nicht gelten. In der veröffentlichten Begründung wird ausdrücklich deutlich, dass der bloße Hinweis auf frühere Leistungsgewährung die aktuellen Anspruchsvoraussetzungen nicht ersetzt. Das Gericht formuliert, das Vorbringen, bis Ende 2020 Leistungen erhalten zu haben, „genügt insoweit nicht“.

Selbst wenn ein Jobcenter bestimmte Daten aus früheren Akten kennt, kann es aktuelle Unterlagen erneut verlangen. Die heutige Hilfebedürftigkeit ist keine Erinnerungstat aus dem letzten Bewilligungszeitraum, sondern eine Gegenwartsfrage – und ohne Gegenwartsdaten keine Zahlung.