Hartz IV: Muss das Jobcenter Leistungssport bezahlen?

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Wer Leistungssport betreiben will, muss mit hรถheren Kosten rechnen. Diese fallen zum Beispiel an, wenn Teilnahmegebรผhren fรผr Wettkรคmpfe bezahlt werden mรผssen. Hartz IV Leistungsbezieher (ALG II) kรถnnen sich die Teilnahmegebรผhren im Allgemeinen nicht leisten. Muss in einem solchen Fall das Jobcenter einspringen? Darรผber hatte das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt zu entscheiden.

Ist der Leistungssport รผber den Teilhabeanspruch zu finanzieren?

Kรถnnen Kosten fรผr Leistungssport als Leistungen zur kulturellen bzw. gesellschaftlichen Teilhabe beim Jobcenter beantragt werden? รœber die Frage hatte das LSG Sachsen-Anhalt (Az.: L 2 AS 261/19) zu entscheiden.

Der konkrete Fall

Im konkreten Fall beantragte der Vater einer minderjรคhrigen Tochter die รœbernahme der vom Landesschachverband Schach e.V. vorfinanzierten nicht gedeckten Kosten fรผr die Teilnahme an den Deutschen Jugendeinzelmeisterschaften im Schach.

Der Schachverband erhob fรผr die Teilnahme eine Gebรผhr in Hรถhe 382 Euro. Die Teilnehmerin lebt mit ihrem Vater in einer Bedarfsgemeinschaft und beziehen Leistungen nach dem SGB II (Hartz IV).

Als Mitglied im Sportverein im Bereich Schach muss die Tochter auch laufend eine Mitgliedsgebรผhr entrichten. Das Jobcenter bewilligte 10 Euro monatlich fรผr den Mitgliedsbeitrag.

Jobcenter lehnte Teilnahmekosten fรผr Wettkรคmpfe ab

Der Vater beantragte beim Jobcenter die รœbernahme der Kosten an der Deutschen Jugendeinzelmeisterschaft im Schach. Die Kosten hierfรผr betrugen 382 EUR inklussive Zweitbettzimmer und abzรผglich einer Fรถrdersumme. Das Jobcenter lehnte den Antrag ab.

Als auch ein Widerspruch abgelehnt wurde, klagte der alleinerziehende Vater im Namen seiner minderjรคhrigen Tochter. Der Vater verlangt die รœbernahme der Kosten zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben im Zusammenhang der Meisterschaften seiner Tochter.

Das Landessozialgericht wies die Klage ab

Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt wies die Klage bzw. die Berufung der Klage ab. Das LSG sieht das Urteil des Sozialgerichts als begrรผndet an. Der Tochter stehen keine weitere Teilhabe-Leistungen zu.

Laut ยง 28 Abs. 7 Satz 2 SGB II kรถnnen Leistungen zur Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben fรผr Aufwendungen nicht fรผr รœbernachtungen eingereicht werden. Zudem sei “ein innerer Zusammenhang nicht mehr gegeben, wenn Kosten im Rahmen einer als Leistungssport ausgeรผbten sportlichen Betรคtigung anfallen”, so das Gericht.

Meisterschaften seien “nicht mehr im Zusammenhang mit der gefรถrderten Mitgliedschaft im Sportverein als Aspekt der Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft” anzusehen.

Der verfassungsrechtlich garantierte Leistungsanspruch auf Gewรคhrung eines menschenwรผrdigen Existenzminimums erstreckt sich neben den Mitteln zur Sicherung der physischen Existenz auf die Sicherung der Mรถglichkeit zur Pflege zwischenmenschlicher Beziehungen und zu einem MindestmaรŸ an Teilhabe am gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Leben, argumentierte das Gericht.

Wettkรคmpfe sind kein Breitensport

Das Gericht wies also die Klage ab, weil solche Meisterschaften รผber den gewรถhnlichen Rahmen des Breitensports hinausgehen.

Das Jobcenter sei also nicht die Behรถrde, die Leistungssport fรถrdern soll. Vielmehr muss sie nur fรผr die gesellschaftliche Teilhabe sorgen. Sportfรถrderungen seien vielmehr die Aufgabe von Vereinen und Sponsoren.

Die Gesetzeslage ist zu uneindeutig und Auslegungssache

Allerdings ist es Auslegungssache, was zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben gefรถrdert wird und was nicht. Hier hat das Gericht die Gesetzgebung anders bewertet. Das Problem ist, dass die Gesetzgebungen, vor allem im SGB II, oftmals zu pauschal sind.