Mit Entscheidung gibt das Sozialgericht Karlsruhe bekannt, dass Bezieher von Bürgergeld im Eilverfahren wegen existenzsichernder Leistungen – nicht mit einem exekutiven Ungehorsam einem an Recht und Gesetz gebundenen Jobcenter rechnen müssen ( SG Karlsruhe Az. S 12 AS 1569/25 ).
Jobcenter legt trotz Aufforderung durch das Gericht Beweisurkunden des Antragstellers – nicht vor
Die Beweisführung der Antragsteller im Eilverfahren wurde durch das Jobcenter schuldhaft erschwert und unmöglich gemacht, denn die ihm wegen der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsteller vorliegenden Beweisurkunden hat das Jobcenter Baden-Baden trotz richterlicher Anforderung dem Gericht nicht vorgelegt.
Die Familie hatte Bürgergeld im Eilverfahren beantragt, weil es ihnen aufgrund der Insolvenz des Vaters unmöglich war, die Miete zu zahlen, im Haushalt wohnten auch noch 2 minderjährige Kinder.
Selbst ein Darlehen zur Abwendung einer angekündigten Stromsperre erhielt die Familie vom Jobcenter nicht, stattdessen versagte das Jobcenter der Familie das ALG II wegen fehlender Mitwirkung.
Sozial schwache Eilantragsteller wie Bezieher von Bürgergeld sind aber – nicht gehalten
die zur Glaubhaftmachung ihres Leistungsanspruchs erforderlichen Unterlagen ein weiteres Mal bei Gericht einzureichen, wenn sie diese Unterlagen bereits außergerichtlich bei der zuständigem Jobcenter eingereicht haben.
Das Gericht betont ausdrücklich, dass unbemittelte Eilantragsteller darauf vertrauen können, dass das Jobcenter seine elektronisch geführten Verwaltungsvorgänge dem Gericht unverzüglich vorlegt, weil § 104 Satz 4 Sozialgerichtsgesetz diese behördliche Mitwirkungspflicht vorsieht.
“Mit einem exekutiven Ungehorsam einer an Recht und Gesetz gebundenen Behörde müssen Eilantragsteller in sozialgerichtlichen Eilverfahren wegen existenzsichernder Leistungen nicht rechnen. Die prozessuale Mitwirkungspflicht einer im Grundsicherungsrecht zuständigen Behörde dient dem Schutz der Würde der unter ihrer Obhut stehenden Menschen (vgl. Art. 1, 20 Abs. 3 GG). “
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Bescheid prüfenIn Unkenntnis der Urkunden und Beweise kann das Gericht eine Schätzung vornehmen im Einzelfall
Denn die Gewährleistung des Existenzminimums duldet keinen Aufschub und das Wohl der (teilweise minderjährigen) Antragsteller im Falle ihrer Obdachlosigkeit nicht zu gefährden ist.
Fazit:
Im sozialgerichtlichen Verfahren wegen existenzsichernder Leistungen sind sozial schwache Eilantragsteller nicht gehalten, die zur Glaubhaftmachung ihres Leistungsanspruchs erforderlichen Unterlagen ein weiteres Mal bei Gericht einzureichen, wenn sie diese Unterlagen bereits außergerichtlich bei der zuständigen Behörde eingereicht hatten.
Anmerkung Sozialrechtsexperte von Tacheles e. V.
1. Eine sehr zu begrüßende Entscheidung, denn hier war das Elend der Familie wirklich groß ( Zahlung der Wohnungsmiete war aufgrund der Insolvenz des Vaters unmöglich, außerdem wohnten 2 minderjährige Kinder im Haushalt ).
2. Bürgergeld zu versagen wegen fehlender Mitwirkung und denn noch nicht mal ein Darlehen zu bewilligen wegen angedrohter Stromsperre, ist für mich – unmenschlich
3. Behörden wie Jobcenter sind an das Gesetz gebunden, aber sie halten sich nicht daran, von Einzelfällen kann man da ja wohl kaum sprechen.
4. Personen dürfen sich gerade in einer Situation, in der sich ihre Hilfebedürftigkeit erhöht, an den Grundsicherungsträger mit einem Antrag wenden, ohne dass ihnen dies nachteilig ausgelegt wird ( so auch ausdrücklich das LSG BB Az. L 32 AS 39/24 B ER ).