Das Jobcenter darf Sanktionen aussprechen, wenn ein Leistungsbezieher eine Eingliederungsmaßnahme wegen unentschuldigter Fehlzeiten abbrechen muss. In dem Verfahren ging es darum, wann eine Verletzung der Mitwirkungspflicht Sanktionen rechtfertigt.
Das Sozialgericht Magdeburg sah die unentschuldigten Fehlzeiten nicht als schwerwiegend genug an, um die Grundsicherung zu kürzen. Das Landessozialgericht entschied in der Berufung jedoch anders und gab dem Jobcenter recht. (L 5 AS 358/22)
Inhaltsverzeichnis
Abbruch der Eingliederungsmaßnahme
Der Betroffene hatte seinen Hauptschulabschluss abgeschlossen, ein Berufsvorbereitungsjahr absolviert und eine Berufsfachschule besucht. Trotzdem fand er keine Beschäftigung. Er bezog Leistungen laut Sozialgesetzbuch II, und das Jobcenter vermittelte ihn in eine Eingliederungsmaßnahme. An dieser nahm er zwar teil, fehlte jedoch häufig unentschuldigt, und schließlich musste er die Maßnahme abbrechen.
Das Jobcenter kürzt die Grundsicherung
Das Jobcenter bewertete den Abbruch der Eingliederungsmaßnahme als Verletzung der Mitwirkungspflicht des Betroffenen. Er habe die Maßnahme ohne wichtigen Grund abgebrochen. Damit habe er seine Pflicht verletzt, aktiv an der Eingliederung in den Arbeitsmarkt mitzuwirken. Die Behörde erließ einen Sanktionsbescheid und minderte die ausgezahlten Leistungen.
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Der Betroffene klagt vor dem Sozialgericht
Der Leistungsberechtigte klagte gegen diesen Bescheid vor dem Sozialgericht Magdeburg. Er argumentierte im Kern, dass die Kürzung der Leistungen ungerechtfertigt sei. Er habe nicht gegen die Mitwirkung verstoßen, sondern an der Maßnahme teilgenommen und diese auch nicht absichtlich abgebrochen. Das Sozialgericht stimmte ihm zu, erklärte die Sanktionen des Jobcenters für unangemessen und verpflichtet die Behörde dazu, den Bescheid aufzuheben.
Jobcenter geht vor dem Landessozialgericht Berufung ein
Das Jobcenter akzeptierte die Entscheidung des Sozialgerichts nicht, sondern ging in Berufung vor das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt. Es verwies auf den Paragrafen 31 des Sozialgesetzbuches II. Demzufolge ist der Abbruch oder Nichtantritt einer zumutbaren Maßnahme zur Eingliederung in Arbeit eine Pflichtverletzung, wenn der Leistungsberechtigte zuvor über die Rechtsfolgen belehrt wurde oder diese kannte. Dies rechtfertigt Leistungsminderungen.
Ein wichtiger Grund für den Abbruch macht allerdings eine Ausnahme möglich, in der keine Sanktionen verhängt werden, weil keine Pflichtverletzung vorliegt.
Wie urteilte das Landessozialgericht?
Das Landessozialgericht gab dem Jobcenter recht. Der Betroffene habe tatsächlich seine Pflichten verletzt, denn er sei der Eingliederungsmaßnahme ferngeblieben, ohne dafür einen triftigen Grund zu nennen. Dies habe zum Abbruch der Maßnahme geführt. Der Abbruch der Maßnahme habe seine Chancen beeinträchtigt, Hilfe bei der Vermittlung zu bekommen und erfolgreich in den Arbeitsmarkt eingegliedert zu werden.
Warum lag eine Pflichtverletzung vor?
Das Landessozialgericht begründete ausführlich, warum eine solche Pflichtverletzung vorgelegen hätte. Das Jobcenter hätte ihn über seine Pflichten ebenso informiert wie darüber, welche Konsequenzen bei einem Abbruch der Maßnahme drohten.
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Bescheid prüfenTrotzdem habe er durch seine unentschuldigten Fehlzeiten die vorzeitige Beendigung der Maßnahme selbst ausgelöst. Er hätte nicht nur ein Recht auf Unterstützung bei Erwerbslosigkeit, sondern auch die Pflicht, daran mitzuwirken, in Beschäftigung zu kommen.
Die Sanktionen dienten dazu, Leistungsbezieher dazu anzuhalten, ihre Pflichten zu erfüllen und sollten die Solidargemeinschaft vor Missbrauch schützen.
Was können Sie tun?
Das Recht, wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht Sanktionen auszusprechen, ist ein starkes Machtmittel des Jobcenters. Dieses dürfen Sie als Leistungsberechtigter niemals auf die leichte Schulter nehmen, sondern sollten immer davon ausgehen, dass die Behörde dieses Werkzeug auch benutzt.
Das Jobcenter setzt seine Machtmittel ein
In diesem Fall nahm der Betroffene offensichtlich die Befugnisse des Jobcenters nicht ernst genug. Seine Bereitschaft, an der Maßnahme teilzunehmen, stellte während des Verfahrens niemand infrage. Offensichtlich hatte er auch nicht vor, die Eingliederung absichtlich abzubrechen oder zu sabotieren.
Warum auch immer kam er aber nicht regelmäßig und erkannte auch nicht, wie wichtig es war, für dieses Fehlen einen triftigen Grund zu nennen und zum Beispiel ein ärztliches Attest vorzulegen.
Informieren Sie sich über die Maßnahme
Wichtig ist, dass Sie sich die Maßnahme genau ansehen, bevor Sie diese beginnen. Welche Inhalte hat sie, welche Ziele sind gesetzt, und wie lange ist sie? Vor und während der Maßnahme sollten Sie sich bei Problemen unverzüglich beim zuständigen Mitarbeiter des Jobcenters melden und mit ihm über diese reden.
Ein einvernehmlicher Abbruch ist keine Pflichtverletzung
Wenn der Mitarbeiter und Sie gemeinsam im Gespräch feststellen, dass die Maßnahme doch nichts für Sie ist, die Vermittlung in Arbeit nicht fordert, unzumutbar ist oder sogar rechtswidrig, dann stellt ein einvernehmlicher Abbruch keine Verletzung der Mitwirkungspflicht dar.
Auch das Jobcenter muss mitwirken
Im Gegenteil hat auch das Jobcenter eine Mitwirkungspflicht, Sie als Leistungsberechtigten in Arbeit zu bringen. Ihre Mitwirkungspflicht erfüllen Sie derweil, wenn Sie mit dem Mitarbeiter Schwierigkeiten bei der Maßnahme besprechen. Das bedeutet gerade, dass Sie aktiv mitwirken.
Rückzug führt zu Sanktionen
Viele Leistungsberechtigte haben jedoch Hemmungen, solche Probleme bei bestimmten Maßnahmen gegenüber den Mitarbeitern der Behörde anzusprechen. Stattdessen äußern Sie ihre Probleme in einer passiven Verweigerung und gehen zu einer sinnlosen Maßnahme nicht mehr regelmäßig hin.
Das schadet aber Ihnen als Leistungsberechtigten. Statt einer alternativen sinnvollen Maßnahme werden Ihnen dann die Leistungen gekürzt.