Hartz IV Bezieher haben keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für Doppelmieten
29.06.2012
Wie das Sozialgericht Berlin kürzlich entschied, haben Hartz IV-Bezieher keinen Anspruch auf Übernahme der Kosten für vermeidbare Doppelmieten. Laut Urteil vom 31 Mai 2012 (Aktenzeichen: S 150 AS 25169/09) müsse ein Leistungsempfänger genauso handeln und unnötige Kosten vermeiden wie es "jeder andere wirtschaftlich denkende Mensch auch tun würde". Eine Übernahme von Doppelmieten durch das Jobcenter sei nur in Ausnahmefällen möglich, wenn die zusätzlichen Kosten trotz aller Bemühungen dennoch anfielen und unvermeidbar seien. Doppelmieten entstehen immer dann, wenn ein altes Mietverhältnis aufgrund einer ungünstigen Kündigungsfrist erst endet, wenn ein neues bereits begonnen hat.
Wer zahlt die Kosten bei Doppelmieten wegen Zwangsumzug durch Jobcenter?
Derzeit haben nicht erwerbstätige Hartz IV-Empfänger Anspruch auf die Regelleistung in Höhe von 374 Euro zuzüglich der tatsächlichen Kosten für die Unterkunft. Bei einem Wohnungswechsel kommt es nicht selten vor, dass noch Miete für die alte Wohnung anfällt, während der Mietvertrag für die neue Unterkunft bereits in Kraft getreten ist. Ungünstige Kündigungsfristen verursachen deshalb immer wieder zusätzliche Kosten, die Hartz IV-Empfänger nur schwer von ihrem ohnehin gering bemessenem Regelsatz bestreiten können. Besonders ungerecht empfinden Leistungsempfänger die Absage zur Übernahme der Doppelmieten, wenn die Kostensenkungsaufforderung des Jobcenters Auslöser des Umzugs war.
Im verhandelten Fall erfolgte der Umzug ebenfalls aufgrund einer Mitteilung des Jobcenters, weil die Wohnung des Klägers nach dem Auszug seines Sohnes zu teuer geworden war. Der Berliner Familienvater machte sich erfolgreich auf die Suche nach einer neuen Unterkunft und unterzeichnete Ende Februar 2009 den Mietvertrag, der am ersten März in Kraft trat. Der Mann zog noch im selben Monat in die neue Wohnung. Der Mietvertrag der alten Wohnung endete aufgrund einer dreimonatigen Kündigungsfrist erst Ende Mai 2009, so dass doppelte Mietzahlungen anfielen. Das Jobcenter weigerte sich jedoch die Kosten dafür zu übernehmen und zahlte lediglich die Doppelmiete für März 2009. Ab April 2009 wurden nur die Kosten über die neue Unterkunft übernommen.
Daraufhin reichte der Anwalt des Mannes Klage beim Sozialgericht Berlin ein und begründete sein Vorgehen damit, dass es dem Familienvater nicht zumutbar gewesen sei, erst die alte Wohnung zu kündigen und dann eine neue Unterkunft zu suchen. Er forderte die Übernahme der gesamten Doppelmiete bis zum Ende der Kündigungsfrist vom Jobcenter.
ALG II-Bezieher müssen genauso wirtschaftlich denken wie jeder andere auch
Eine Berufsrichterin, eine ehrenamtliche Richterin sowie ein ehrenamtlicher Richter der 150. Kammer des Sozialgerichts Berlin wiesen die Klage des Mannes nach einer mündlichen Verhandlung ab. Das Jobcenter sei grundsätzlich nur zur Übernahme der tatsächlich anfallenden Kosten für die bewohnte Unterkunft verpflichtet. Fielen aufgrund ungünstiger Kündigungsfristen Doppelmieten an, müsse das Jobcenter nur in Ausnahmefällen dafür aufkommen. Das könnte beispielsweise der Fall sein, wenn die Mietzeiträume nicht nahtlos aneinander grenzen können, weil die Anmietung einer neuen Unterkunft nicht aufgeschoben werden kann. Laut Richtern sei das im verhandelten Fall jedoch nicht zutreffend. Der Kläger habe sich zwar richtig verhalten, in dem er eine günstigere Unterkunft gesucht hätte, jedoch entbinde ihn das nicht von seiner Verpflichtung, wirtschaftlich zu handeln. So hätte er mit dem Vermieter sprechen können, um den Einzugstermin auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben oder einen Nachmieter für die alte Wohnung stellen können. Die Aufforderung des Jobcenters zur Kostensenkung rechtfertige nicht etwa, die nächstbeste Wohnung zu jedem Preis anzumieten. Da das Urteil bislang nicht rechtskräftig ist, kann der Kläger in Berufung gehen. (ag)
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