Jobcenter verhรคngt Sanktionen gegen Hartz IV-Bezieher wegen Nichterscheinen zum Beratungsgesprรคch – und verlor in zweiter Instanz
2014 hatte der Betroffene einen Sanktionsbescheid erhalten, weil er am 7 April 2014 nicht zu einem Termin mit Jobcenter Leipzig erschienen sei. Darum werde eine dreimonatige Leistungsminderung der Bezรผge um 10 % nach ยง 20 SGB II verhรคngt, in diesem Fall knapp 40 Euro. Nach eigener Aussage habe der das Einladungsschreibung jedoch nie erhalten, zumindest kรถnne er sich daran nicht erinnern.
Jobcenter lehnt Widerspruch des ALG II-Beziehers gegen den Sanktionsbescheid ab
Darum reichte der ALG II-Bezieher Widerspruch gegen die Sanktionen ein. Er habe die Einladung nie erhalten. Auรerdem stellte sich heraus, dass der Entwurf des Einladungsschreibens keine ordnungsgemรครe Rechtsfolgenbelehrung enthielt. Der Anwalt des Hartz IV-Empfรคngers wies das Jobcenter auf die in diesem Zusammenhang relevante Rechtssprechung durch das Bundessozialgericht hin, aber das Jobcenter Leipzig beharrte auf dem Gegenteil und lehnte einen รberprรผfungsantrag ab.
Das Landessozialgericht Sachsen entscheidet zu Gunsten des Sozialleistungsempfรคngers
In erster Instanz im August 2017 teilte das Sozialgericht Leipzig die Ansicht des Jobcenters und wies eine Klage des Hartz IV-Empfรคngers ab. Doch dieser legte Berufung ein und im Mรคrz 2020 hob das Sรคchsische Landessozialgericht schlieรlich das vorherige Urteil sowie die Sanktionsbescheide des Jobcenters auf und gab dem Betroffenen Recht.
Das Jobcenter habe keinen Nachweis รผber die Zustellung des Einladungsschreibens vorlegen kรถnnen und durch das Fehlen der Rechtsfolgenbelehrung sei das Schreiben ohnehin nicht rechtskrรคftig.
In der Urteilsbegrรผndung heiรt es daher: โWeder ist belegt, dass das Einladungsschreiben vom 7. April 2014 den Klรคger erreicht hat, noch ist belegbar, dass dem Schreiben eine Rechtsfolgenbelehrung โ welchen lnhalts auch immer โ beigegeben war. Dem รberprรผfungsbegehren des Klรคgers vom 1 1. August 2014 hรคtte daher entsprochen werden mรผssen.โ
Absage an unprofessionelle Arbeit und Sanktionsgebahren des Jobcenters
Das Landessozialgericht Sachsen erteilt dem Sanktionsgebahren des Jobcenters Leipzig damit eine klare Absage. โWird der Zugang eines Schreibens von einer Behรถrde bestritten, muss die Behรถrde den Zugang beweisen, dies gilt auch dann, wenn Darstellungen des Klรคgers nicht in jedem Falle der Wahrheit entsprechen.โ Damit bezieht sich das Landesozialgericht auf ยง 37 Abs. 2 Satz 3 SGB X, der die Beweislast immer beim Grundsicherungstrรคger, also dem Jobcenter sieht. Der รberprรผfungsantrag des Betroffenen hรคtte darum keineswegs abgelehnt werden dรผrfen!