Hartz IV: Fehlende Nachweise führten zum Jobcenter-Betrug

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Erst gestern veröffentlichte der Paritätische Gesamtverband eine Studie, die nachwies, dass die Regelleistungen bei Hartz IV nicht zum Leben ausreichen. Das führt zu vielen Verzweiflungstaten. Gerade dann, wenn außergewöhnliche Situationen eintreten, die nicht in den Regelsätzen inbegriffen sind. Wie auch in diesem Fall.

Nachweise über Betriebskostenabrechnungen vorenhalten

Der Gesundheitszustand des 63-Jährigen Angeklagten kann als eher schlecht bezeichnet werden. Seit 2014 ist der Hohenstein-Ernstthaler von Hartz IV abhängig. Dazu gehört, dass er fortlaufend Nachweise über Einkommen, Lebenssituation, Miete, Heizkosten, Wasser und Strom regelmäßig dem Jobcenter vorlegen muss. Immer wieder forderte die Behörde auch Nachweise über die Nebenkosten. Hierbei handelte es sich insbesondere um die Nebenkostenabrechnungen für den Zeitraum von 2014 bis 2017.

Diese lieferte der Angeklagte, der sich vor dem Amtsgericht verantworten musste, nicht ab. Seine Ausrede: Der Vermieter habe ihm diese noch nicht ausgehändigt, aber er wolle nachfragen, so das Versprechen gegenüber der Behörde.

Jobcenter stellte Strafantrag

Eine Weile lang akzeptierte das Jobcenter dies. Erst jetzt kam der Angeklagte dem Ersuchen des Jobcenters nach. Danach stellte sich heraus, dass der Betroffene über 4 Jahre lang insgesamt 1335,30 EUR zu viel vom Amt bezog. Das Jobcenter stellte daraufhin einen Strafantrag wegen Sozialleistungsbetrug.

Der Angeklagte, der bislang nie strafrechtlich in Erscheinung getreten war, gab vor Gericht zu, dass “es falsch war”. Auf die Frage des Gerichts, warum er dies tat, sagte der Mann, dass die Bezüge einfach nicht ausgereicht hätten. Denn vor Jahren wurde sein Sohn zu einer fünfeinhalb Jahren Gefängnisstrafe verurteilt. Daher würde sein Sohn im Gefängnis Bayreuth seine Zeit absitzen.

Die gesamte Familie habe sich von seinem Sohn abgewendet. “Ich bin der einzige, der noch zum ihm Kontakt hält und ihn besucht”, sagt der Angeklagte. Weil er aus gesundheitlichen Gründen schlecht zu Fuss gehen könne, habe er sich ein billiges Auto für 700 EUR gekauft, um den Sohn regelmäßig in Bayreuth besuchen zu können.

Gericht stellte Verfahren ein

In der Zwischenzeit habe er aber bereits 150 EUR an das Jobcenter zurückgezahlt. Mit der Behörde habe er eine monatliche Rate von 50 EUR vereinbart. “Ich bin nicht sein Verteidiger, ich will hier aber auch nicht plädieren müssen. Er hat sich nie etwas zu Schulden kommen lassen. Angesichts der besonderen Situation wäre ich für eine Verfahrenseinstellung”, so Oberstaatsanwalt Holger Illing. Das Gericht zeigte Erbahmen und stellte das Verfahren nach Paragraf 153a der Strafprozessordnung ein.

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