Hartz IV: Anspruch auf Tablet besteht auch, wenn Lernmaterialien in Kopie vorliegen

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Seit Februar mรผssen die Jobcenter die Kosten fรผr digitale Endgerรคte und etwaiges Zubehรถr fรผr bis zu 350 Euro sowie einen leistungsfรคhigen Internetanschluss รผbernehmen, um die Chancengleichheit von Kindern in Hartz IV wรคhrend des pandemiebedingten Home Schooling zu gewรคhrleisten. Das Sozialgericht Neubrandenburg hat jetzt geurteilt, dass dieser Anspruch auch besteht, wenn andere Mรถglichkeiten fรผr das Lernen von zu Hause bestehen.

Der Hartz IV-Mehrbedarf fรผr Home Schooling richtet sich nach dem Einzelfall

Die Hรถhe des tatsรคchlich bewilligten Mehrbedarfs richtet sich allerdings danach, ob im Haushalt bereits digitale Gerรคte, die fรผr das Lernen und den Fernunterricht genutzt werden kรถnnten, vorhanden sind und nach den Vorgaben der jeweiligen Schule.

Besteht die Mรถglichkeit, Kopien von Lernmaterialien und Arbeitsblรคttern von der Schule zu erhalten, war das bisher ein Ausschlussgrund fรผr den Mehrbedarf. Doch das ist seit dem Urteil anders.

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Gericht sieht grundsรคtzlichen Mehrbedarf zur Sicherung der Chancengleichheit

Im Falle zweier Geschwister im Grundschulalter urteilte das Sozialgericht Neubrandenburg, dass das zustรคndige Jobcenter die Kosten fรผr die Anschaffung eines Tablets fรผr 170 Euro sowie die aufgrund der SchlieรŸung des Einzelhandels anfallenden Versandkosten รผbernehmen mรผsse. Nur so kรถnne eine Chancengleichheit sichergestellt werden.

In der Urteilsbegrรผndung verwiesen die Richter darauf, dass der Regelbedarf der Schรผler aufgrund der Pandemie nicht mehr den realitรคtsgerechten Bedarf abbilde und ein unabweisbarer Mehrbedarf nach ยง 21 Abs. 6 SGB II bestehe. Dies sei auch der Fall, obwohl die Schule lediglich eine Empfehlung fรผr digitale Lernprogramme ausgesprochen habe, tatsรคchlich aber Lernmaterialien als Kopien zur Verfรผgung stellt.

Denn die Verwirklichung des Rechts des Kindes auf Bildung und Chancengleichheit werde durch die materialien in Papierform nicht umfassend abgedeckt. Stattdessen mรผsse gewรคhrleistet sein, dass auch Kinder in Hartz IV die Mรถglichkeit haben, die von der Schule empfohlenen Online-Angebote nutzen zu kรถnnen.

Im konkreten Fall sei ein Smartphone fรผr das Lernprogramm der grundschรผler zu klein, daher mรผsse ein Tablet angeschafft werden. Dieses kรถnnten die Geschwister jedoch abwechselnd nutzen, so das Gericht (Az.: S11 489/20 ER).
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