Gleich zwei Sozialhilfe-Regelsatz-Klagen beim Bundessozialgericht anhängig

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Immer wieder wurden in der jüngeren Vergangenheit Regelsatzklagen seitens der Gerichte abgewiesen. Doch nun sind gleich zwei Klagen zur Höhe der Regelleistungen beim Bundessozialgericht anhängig. Vorab zu einer Entscheidung des 2. Senats des LSG Nordrhein-Westfalen zur Regelsatzhöhe beim Bürgergeld:

LSG NRW: Ist ein Regelbedarf in Höhe von mindestens 725,00 Euro monatlich zzgl. Stromkosten angemessen?

Immer wieder haben sich verschiedene Gerichte zum Regelbedarf beim Bürgergeld und zur Sozialhilfe geäußert, immer wieder hieß es: “Die derzeitige Regelbedarfshöhe der Regelbedarfsstufe 1 ist nicht evident unzureichend. Eine Veranlassung zur Vorlage an das BVerfG besteht nicht.”

So auch das LSG NRW mit Beschluss vom 17.04.2024 – L 2 AS 39/24 B: Nach Ansicht des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen war die zum 01.01.2023 erfolgte Regelbedarfserhöhung der Regelbedarfsstufe 1 zur Gewährleistung des Existenzminimums nicht evident unzureichend.

Sie beruhe auch auf einem schlüssigen Berechnungsverfahren (so auch Landessozialgericht -LSG- Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 14.12.2023 – L 5 AS 356/23 B ER) und ist zur Gewährleistung des Existenzminimums als ausreichend anzusehen (vgl. auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.10.2023 – L 18 AS 279/23 ).

Auch unter Berücksichtigung der Inflationsrate und des damit einhergehenden Kaufkraftverlustes führt diese Erhöhung nicht zu evident unzureichenden Leistungen, weil der Gesetzgeber mit dieser Regelsatzerhöhung auf die Preisentwicklung der regelbedarfsrelevanten Positionen reagiert und den Regelsatz um insgesamt 11,75 % von 449,00 Euro auf 502,00 Euro angehoben hat (vgl. BT-Drucks 20/3873, S. 3).

Der Senat hat keine Anhaltspunkte dafür, dass dieser Anpassungsmechanismus nicht den verfassungsrechtlichen Maßstäben an die Regelleistungsbemessung genügt (vgl. auch Schleswig-Holsteinisches LSG, Beschluss vom 11.10.2022 – L 6 AS 87/22 B ER; Hessisches LSG, Beschluss vom 01.06.2023 – L 4 SO 41/23 B ER ).

Das verfassungsrechtliche Kurzgutachten von Prof. Dr. Lenze betrifft, wie der Vorlagebeschluss des SG Karlsruhe, die Frage der Verfassungsmäßigkeit der Regelsätze für 2021 bzw. 2022.

Für die Frage der Verfassungsmäßigkeit der ab dem 01.01.2023 geltenden Regelsätze, die – wie oben ausgeführt – mit einem geänderten Verfahren zur Fortschreibung ermittelt worden sind, haben beide Ausführungen deshalb nur begrenzte Aussagekraft.

Die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der für 2021 und 2022 geltenden Regelsätze hat der Senat zudem bereits bestätigt (vgl. dazu Beschluss des Senats vom 31.03.2022 – L 2 AS 330/22 B ER). Allein die Anhängigkeit einer Rechtsfrage beim BVerfG lässt im Übrigen noch keinen Schluss auf die Erfolgsaussichten eines Verfahrens zu.

Anmerkung Redakteur: Bis jetzt ist keine Entscheidung bekannt, die etwa dagegen spricht. Die Inflation ist in letzter Zeit gesunken, doch merken wir das auch in unserer Geldbörse? Ich sage: Nein!

Nun endlich und seit dem 05.06.2024 amtlich (mein Dank gilt hier besonders Herbert Masslau)

Beim 8. Senat des Bundessozialgerichts der Sozialhilfe sind folgende 2 Rechtsfragen anhängig

1. B 8 SO 4/24 R
Vorinstanz: Landessozialgericht Baden-Württemberg, L 7 SO 1468/22, 17.11.2022: Waren die nach § 29 SGB XII bestimmten Regelsätze in der 1. Hälfte des Jahres 2022 verfassungskonform?

2. B 8 SO 5/24 R
Vorinstanz: Landessozialgericht Baden-Württemberg, L 7 SO 296/23, 27.04.2023: Waren die nach § 29 SGB XII bestimmten Regelsätze in der 2. Hälfte des Jahres 2022 verfassungskonform?

Was passiert nun weiter?

Das Bundessozialgericht muss nun entscheiden, ob die Regelsätze für 2022 angemessen waren. Die Hoffnung stirbt zuletzt. Will man wegen seines Regelsatzes klagen, empfehle ich hier immer anwaltliche Hilfe in Anspruch zu nehmen!

Lesetipp Redakteur Detlef Brock:

250 Euro mehr muss der Bürgergeld-Regelsatz sein – Ein Beitrag vom Kollegen Sebastian Bertram

Die zu niedrigen Regelsätze beim Bürgergeld basieren auf Hartz IV – Ein Beitrag meines Kollegen Dr. Utz Anhalt