Bürgergeld: Jobcenter lehnt Kosten ab – doch das Gericht sieht das anders

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Jobcenter müssen in außergewöhnlichen Lebenssituationen zusätzliche Leistungen gewähren, auch wenn diese im Sozialgesetzbuch II nicht erfasst sind. So entschied das Sozialgericht Mainz. (S 15 AS 708/14)

Wohnung verloren und Möbel untergebracht

Der Betroffene hatte seine Wohnung verloren und musste seine Möbel und persönliche Gegenstände unterbringen. Für das Lagern zahlte er monatlich 223,72 Euro Miete. Für diese Mietzahlung beantragte er beim Jobcenter Mainz die Übernahme der Kosten.

Jobcenter will nicht für Lagerung aufkommen

Das Jobcenter lehnte den Antrag ab. Es begründete die Verweigerung damit, dass zwar ausnahmsweise Kosten getragen werden könnten für zusätzlichen Lagerraum. Dies gelte allerdings, wenn eine Wohnung so klein sei, dass dies für eine Unterbringung persönlicher Gegenstände notwendig sei.

Der Betroffene hätte jedoch gar keine Wohnung, und deshalb benötigt er den Lagerraum nicht zusätzlich. Da es sich nicht um eine Unterkunft im Sinne des Gesetzes handelt, könnten die entstehenden Kosten von der Behörde auch nicht als Kosten der Unterkunft getragen werden.

Betroffener sieht sich als Sonderfall

Der Betroffene argumentierte dagegen, er sei obdachlos und insofern liege bei ihm der Sonderfall vor, dass nur Lagerkosten und keine Wohnkosten anfielen. Er habe zudem besondere Schwierigkeiten, eine neue Wohnung zu finden. Nach erfolglosem Widerspruch klagte der Betroffene vor dem Sozialgericht Mainz.

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Jobcenter muss grundsätzlich in besonderen Fällen zusätzliche Leistungen zahlen

Das Sozialgericht stimmte dem Jobcenter so weit zu, dass durch die Einlagerung der Möbel das Grundbedürfnis einer angemessenen Unterkunft nicht befriedigt werden könne. Auch seien Möbelkosten in der Regelleistung als Bedarf enthalten.

Das Jobcenter habe aber nicht berücksichtigt, dass es in außergewöhnlichen Lebenssituationen Bedarfe gebe, die nicht nur einmalig, sondern laufend entstünden und die auch durch Ansparen nicht aufgefangen werden könnten. In solchen Fällen müsste das Jobcenter zusätzliche Leistungen gewähren. Das würde dann auch für die strittigen Lagerungskosten in diesem Fall gelten.

Mehrbedarf besteht wenn es keine Alternativen gibt

Ein solcher Mehrbedarf bestehe aber nur dann, wenn dieser Bedarf sich nicht auf andere Weise decken lasse. Dazu zählten Zuwendungen Dritter oder das Ausschöpfen von Einsparmöglichkeiten.

Keine Übernahme der Lagerkosten

Das Sozialgericht bezweifelte, dass der Betroffene die Alternativen ausgereizt hätte. Erst einmal war es nicht überzeugt, dass die monatliche Miete für die Lagerung tatsächlich 223,72 Euro betrug. Zweitens hätte der Kläger durch Verkauf von Möbeln bereits einen Teil der Schulden tilgen können.
Ihm sei dabei zumutbar, und es sei auch möglich gewesen, weitere Möbel, darunter eine hochwertige Küche, zu verkaufen, und auf diesem Weg die Einlagerung zu finanzieren. Da er diese Möglichkeiten nicht genutzt hätte, bestehe kein Anspruch auf Mehrbedarf.

Fazit

Wichtig für Bürgergeld-Bezieher ist nicht, dass das Sozialgericht entschied, dass der Betroffene im konkreten Fall keinen Anspruch auf zusätzliche Leistungen hatte. Entscheidend ist vielmehr, dass ein solcher Anspruch besteht, wenn die Situation so außergewöhnlich ist, dass ein besonderer Bedarf besteht.

Dies gilt ausdrücklich für Situationen, die in den Regelsätzen und der Grundversorgung nicht enthalten sind. Dann entscheidet nämlich der Einzelfall.

Eine zusätzliche Leistung für einen außergewöhnlichen Bedarf setzt voraus, dass dieser Bedarf nicht anderweitig gedeckt werden kann.