Die zu niedrigen Regelsätze beim Bürgergeld basieren auf Hartz IV

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Hartz IV war, und Bürgergeld ist, gesetzlich verordnete Armut. Dies zu erklären bedeutet keine Polemik, sondern spricht eine simple Tatsache aus. Diese Realität zeigt sich, wenn man den festgesetzten Regelbedarf in Beziehung stellt zur Grenze von Armut / Armutsgefährdung.

Was soll der Regelsatz leisten?

Der Regelsatz beim Bürgergeld soll Leistungsberechtigten des Existenzminimum gewährleisten, um ihren Lebensunterhalt zu decken. 2024 lag er bei einer alleinstehenden Person bei 563 Euro.

Dies soll die Mittel umfassen, die notwendig sind für Bedarfe des täglichen Lebens, besonders für Ernährung, Kleidung, Hausrat und Strom.

Hartz IV und Bürgergeld

Das 1997 gegründete unabhängige gemeinnützige “Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe” (e.V.) (BIAJ) untersucht seit der Einführung von Hartz IV 2005 bis zum Bürgergeld 2023 die Lücke zwischen dem ausgezahlten Regelbedarf und der Schwelle zur Armutsgefährdung.

Was bedeutet diese Lücke?

Dabei geht es nicht um reine Statistik, sondern um knallharte materielle Not. Je größer nämlich die Lücke zwischen dem Regelsatz und der Schwelle der Armutsgefährdung ist, umso mehr bedeutet das nackte Armut für die Menschen, die ihren Lebensunterhalt von diesem Regelbedarf bestreiten sollen.

Hartz IV hieß Armut

Laut den Berechnungen des Bremer Instituts bestand immer eine Lücke zwischen den Regelsätzen bei Hartz IV und der Armnutsgrenze.

So hätte, schreibt der Verfasser Paul M. Schröder, 2006 die monatliche „Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts“ (heute „Regelbedarf“) 345 Euro betragen.

Damit hätte er 401 Euro absolut und 53,8 Prozent relativ unter der damaligen Armutsschwelle für eine Person von damals 746 Euro gelegen.

Wie war die Entwicklung 2023?

2023 gab es mit der Einführung des Bürgergeldes eine leichte Bremse der stetigen Vergrößerung der Lücke.

Die absolute Lücke zwischen dem Regelbedarf (2023 waren das 502 Euro) und der Armutsgefährdungsschwelle von 1.247 Euro in diesem Jahr stieg zwar auf 745 Euro.

Allerdings sank die relative Lücke erstmals seit 2018 wieder unter 60 Prozent, so Paul M. Schröder.

Dies sei einer Erhöhung des Regelbedarfs in der Regelbedarfsstufe 1 um 53 Euro zu verdanken. Mit dieser Erhöhung von 449 Euro auf 502 Euro wurde die rechnerische Lücke auf 59,8 Prozent gedrückt.

Sogar, um auf Hartz IV Niveau zu bleiben, hätte es beim Bürgergeld 75 Euro mehr geben müssen

In harten Zahlen ist also das Risiko zu verarmen, von Hartz IV im Jahr 2006 bis zum Bürgergeld 2023 nicht gesunken, sondern gestiegen.

Wäre der relative Abstand zwischen Armutgefährdungsschwelle und Regelbedarfsstufe 1 auch nur mit Hartz IV 2006 gleich geblieben, dann hätten die Leistungsberechtigten ganze 75 Euro mehr 2023 auf dem Konto haben müssen – 577 Euro statt 502 Euro.

Die Armutsgefahr wächst

Paul M. Schröder führt eine weitere Zahl an, die eine bittere materielle Wirklichkeit belegt: “Während die Armutsgefährdungsschwelle von 2006 bis 2023 (vorläufig) um nominal 67,1 Prozent stieg, stieg der Regelbedarf in der „Regelbedarfsstufe 1“ lediglich um nominal 45,5 Prozent.”

Mit anderen Worten: Von der Einführung von Hartz IV bis zur Einführung des Bürgergeldes ist die Gefahr zu verarmen für die Leistungsberechtigten erheblich gewachsen.

Die Regelsätze sind zu niedrig

Der Paritätische Wohlfahrtsverband ließ akribisch berechnen, wie hoch die Regelsätze sein müssen, um faktisch das Existenźminimum zu sichern. Dabei kam er 2022 auf eine monatliche Höhe von 725 Euro plus Strom. Heute läge der entsprechende Grundregelsatz bei 813 Euro.

Klage vor dem Verfassungsgericht

Der Sozialverband Deutschland und der Sozialverband VdK klagten 2022 sogar vor Gericht und klagten für höhere Regelsätze. Den Verbänden zufolge wäre die Grundsicherung in der damaligen Form unter dem Existenzminimum.