Jobcenter muss iPads für Schulunterricht nicht bezahlen: LSG Celle: Tablets müssen aus Hartz-IV-Regelleistung bezahlt werden
Während andere Gerichte sehr wohl einen Anspruch für Kinder aus sog. Hartz IV Familien sehen, verweigert das Landessozialgericht Niedersachsen einen Anspruch.
Auch wenn alle Schülerinnen und Schüler im Schulunterricht ein eigenes iPad zum Lernen nutzen sollen, muss das Jobcenter Hartz-IV-Beziehern das Tablett nicht als Zuschuss finanzieren. Zum einen müsse der Schulträger die Schüler mit erforderlichen Lernmitteln ausstatten und darf die hierfür anfallenden Kosten nicht auf die Eltern oder das Jobcenter abwälzen, zum anderen seien die Aufwendungen für solch ein Tablet bereits im Regelbedarf enthalten, entschied das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen in einem am Montag, 2. November 2020, bekanntgegebenen Urteil (Az.: L 7 AS 66/19).
Ipad gehört nicht zum soziokulturellen Existenzminimum
Nur weil einzelne Schulen die Ausstattung mit einem Tablett, hier ein iPad, verlangen, gehöre das Gerät noch nicht zum vom Jobcenter zu gewährleistenden soziokulturellen Existenzminimum, so die Celler Richter. Wegen grundsätzlicher Bedeutung ließen sie die Revision zum Bundessozialgericht (BSG) in Kassel zu.
Konkret geht es um eine heute 15-jährige Schülerin, die Ende 2017 die 6. Klasse einer Oberschule in der Region Hannover besuchte. Sowohl die Schülerin als auch ihre Eltern und ihre zwei Brüder befanden sich im Hartz-IV-Bezug.
Im Dezember 2017 teilte das Lehrerteam des 6. Jahrgangs allen Eltern mit, dass ab dem zweiten Schulhalbjahr alle Schüler ein iPad benutzen müssten. Das Tablet sollten die Eltern bezahlen. Die Eltern konnten das empfohlene iPad mit 32 GB Speicher auch als Ratenkauf erwerben, so dass etwa über einen Zeitraum von 36 Monaten monatlich 10,90 Euro fällig wurden. Die Schule forderte Hartz-IV-Bezieher in einem „Empfehlungsschreiben” auf, die Kostenerstattung beim Jobcenter zu beantragen.
Der Vater der Klägerin erwarb per Sofortkauf für seine Tochter das teuerste empfohlene iPad 9.7 mit insgesamt 128 GB Speicher für 461,90 Euro.
Das Jobcenter Region Hannover lehnte die Kostenerstattung ab.
Sozialgericht sieht nur Anspruch auf Darlehen
Das Sozialgericht Hannover urteilte, dass das Jobcenter der Klägerin die Kosten für das günstigste iPad mit 32 GB in Höhe von 328 Euro als Darlehen gewähren müsse.
Die Schülerin wollte jedoch kein Darlehen. Sie verlangte einen Zuschuss. Ohne iPad bekäme sie die Hausaufgaben in Papierform und würde in der Schulklasse ausgegrenzt.
Ipad aus dem Hartz IV-Regelbedarf zahlen
Das LSG wies die Klage mit Urteil vom 6. Oktober 2020 ab. Im regulären Hartz-IV-Regelbedarf seien insgesamt monatlich 8,40 Euro für Datenverarbeitungsgeräte, Bild-, Daten- und Tonträger sowie „sonstige Gebrauchsgüter für Schule” enthalten. Hinzu komme noch das Schülerstarterpaket in Höhe von 100 Euro pro Jahr.
Auch ein Härtefallmehrbedarf bestehe nicht. So sei ein iPad schulrechtlich nicht vorgeschrieben und auch zum Erreichen des Schulabschlusses nicht erforderlich. Ein iPad stelle bei einkommensschwachen Familien knapp oberhalb von Hartz IV immer noch einen Luxus dar. Es sei daher nicht zu rechtfertigen, dass Hartz-IV-Bezieher solch ein Tablet bezuschusst erhalten.
Zudem sei der Schulträger verpflichtet, bei der Einrichtung von iPad-Klassen diese auch mit den Geräten auszustatten und für Grundsicherungsempfänger kostenfreie Leihmöglichkeiten zu schaffen. Denn Bedarfe, die für den Unterricht notwendig seien, dürften nicht auf die Eltern oder Jobcenter abgewälzt werden.
Hier habe die Schule auch noch gegen ihre Neutralitätspflicht verstoßen, indem sie nur Geräte der Firma Apple bevorzugte. Ein solcher Rechtsbruch könne nicht durch den Einsatz öffentlicher mittel unterstützt werden, so das LSG. fle/mwo
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