2017 wurde das alte System der Pflegestufen durch Pflegegrade ersetzt. Diese lassen sich nicht einfach übertragen. Die Pflegegrade enthalten nämlich auch Ansprüche, die in den vorigen Pflegestufen nicht enthalten waren.
Alte Versicherungsverträge garantieren eine Pflegerente jedoch bei Pflegestufen. Der Bundesgerichtshof entschied jetzt, dass die Versicherung in diesen Fällen nicht notwendig Ansprüche übernehmen muss, die mit der Neuregelung eingeführt wurden. (IV ZR 126/23).
Inhaltsverzeichnis
Was bedeutet Pflegerente?
Pflegerente bezeichnet Leistungen von Versicherungen, die im Falle der Pflegebedürftigkeit eine Rente auszahlen. Ob diese Leistung erfolgt liegt dabei, wie immer bei Versicherungen, an den im Vertrag vereinbarten Bedingungen. Altverträge beziehen sich allerdings auf Pflegestufen, und nicht auf die seit 2017 gültigen Pflegegrade.
Der Bundesgerichtshof hat jetzt entschieden, dass diese Vereinbarung nach wie vor gültig ist, obwohl es diese Pflegestufen nicht mehr gibt.
PLanwidrige Regelungslücke
So bezeichnet der Bundesgerichtshof, dass das Wegfallen der Pflegestufen eine planwidrige Regelungslücke in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) darstelle. Deren Regelungen bezögen sich nämlich auf die überkommenen Pflegestufen.
Oberlandesgericht entschied zugunsten der Versicherten
Im konkreten Fall hatte das Oberlandesgericht Naumburg 2023 für die klagende Versicherte entschieden.
Diese beanspruchte nämlich eine Pflegerente mit Bezug zu ihrem Pflegegrad, während die Versicherung auf den im Vertrag erwähnten Pflegestufen beharrte.
Das Oberlandesgericht versuchte, mit seiner Entscheidung die Regelungslücke durch eine ergänzende Auslegung des Vertrags zu schließen. So sei eine Pflegerente zu zahlen, wenn der Pflegegrad mindestens 2 betrage.
Der Bundesgerichtshof hält die Pflegestufen für nicht übertragbar
Der Bundesgerichtshof revidierte jetzt diese Entscheidung. Denn, so lautet die Begründung, das System der Pflegegrade hätte die Ansprüche deutlich erweitert. Es sei nicht auszuschließen, dass bei einer Gleichsetzung in erheblichem Ausmaß Pflegerenten ausgezahlen werden müssten, die unter keine der Pflegestufen von I bis III gefallen wären.
So würden die Pflegegrade 2 und höher Kriterien berücksichtigten wie zum Beispiel kognitive Einschränkungen, die bei den Pflegestufen nur über Umwege eingeflossen seien. Die neue Regelung könne also mehr Leistungsfälle umfassen, als der ursprüngliche Vertrag vorgesehen hatte.
Das aber sei vertragsrechtlich unzulässig. Denn der Umfang der ausgezahlten Leistungen könne nicht am Ende höher sein als ursprünglich vereinbart. Er dürfe sich auch nicht auf Leistungen beziehen, die im Vertrag nicht enthalten seien.
Es geht um Kalkulierbarkeit
Ausdrücklich geht es dem Bundesgerichtshof dabei um Kalkulierbarkeit. Die Versicherung müsse die Möglichkeit haben, die Prämienstruktur systematisch neu zu berechnen, ohne das Leistungsversprechen auf alle Betroffenen mit Pflegegrad 2 auszuweiten. Einer entsprechenden Argumentation der Versicherung stimmte das Gericht damit zu.
Wie geht es weiter?
Der Fall geht jetzt zurück an das Berufungsgericht. Dieses muss prüfen, ob eine Vertragsanpassung für eine den Pflegestufen I bis III entsprechende Pflegebedürftigkeit als Einzelfall durch einen Sachverständigen geprüft werden muss.
Was bedeutet das Urteil für Betroffene?
Wenn Sie einen Altvertrag und einen Pflegegrad 2 haben, bleiben Sie in Unsicherheit, ob Ihre Versicherung Ihnen eine Pflegerente zugesteht. Im Zweifelsfall müssen Sie durch ein ärztliches Gutachten bestätigen lassen, welcher der alten Pflegestufen Ihre Pflegebedürftigkeit entspricht.