Pflege und Pflegegeld: Große Änderungen – Das plant die neue Bundesregierung

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Die nach langen Verhandlungen geschlossene schwarz-rote Koalition hat diese ihre Vorhaben vorgelegt – und die Pflege rückt darin so weit in den Mittelpunkt wie noch in keinem Regierungsprogramm zuvor.

Bereits jetzt mehr Sachleistungen und mehr Pflegegeld

Bereits am 1. Januar 2025 sind sämtliche Geld- und Sachleistungen der Sozialen Pflegeversicherung um 4,5 Prozent angehoben worden. Beim Pflegegeld bedeutet das etwa für Pflegegrad 3 einen Zuwachs von 573 auf 599 Euro, bei den Pflegesachleistungen steigt das Monatsbudget im gleichen Pflegegrad von 1 432 auf 1 497 Euro.

Parallel wuchs der monatliche Entlastungsbetrag auf 131 Euro und die Pauschale für Verbrauchshilfsmittel auf 42 Euro.

Zum 1. Juli 2025 folgt die nächste spürbare Neuerung: Verhinderungs- und Kurzzeitpflege verschmelzen zu einem gemeinsamen Jahresbudget von 3 539 Euro.

Die bisherige Sechs-Monats-Vorpflegezeit entfällt, beide Angebote können flexibel kombiniert werden. Damit reagiert der Gesetzgeber auf lange Wartezeiten und die geringe Auslastung mancher Kurzzeitpflegeplätze.

Finanziert wird das alles unter anderem durch einen um 0,2 Prozentpunkte erhöhten Beitragssatz; Kinderlose zahlen nun 4,2 Prozent.

Mehr Zeit – und bald auch Geld – für pflegende Angehörige

Union und SPD wollen die bisher getrennten Regelungen zur Pflege- und Familienpflegezeit noch 2025 in einem einheitlichen Freistellungsgesetz zusammenführen. Der anspruchsberechtigte Personenkreis soll dabei über enge Verwandtschaftsgrenzen hinaus erweitert werden, um auch Patchwork- und Wahlfamilien besser abzusichern.

Parallel wird erstmals ein Familienpflegegeld als Lohnersatzleistung vorbereitet. Familienministerin Karin Prien kündigte Mitte Mai an, noch dieses Jahr Eckpunkte vorzulegen.

In Kraft treten könnte die Leistung – analog zum Elterngeld gedeckelt und zeitlich befristet – frühestens 2026, sobald Finanzierungspfad und Verwaltungsabläufe geklärt sind.

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2025/26 : Kompetenzoffensive im Pflegeberuf

Der Bundestag befasst sich seit Februar mit dem Pflegekompetenzgesetz (PKG); das Gesetz soll Pflegefachpersonen stufenweise mehr Befugnisse einräumen – von der eigenständigen Verordnung von Hilfsmitteln bis hin zur Delegation ausgewählter ärztlicher Tätigkeiten. Die Bundesregierung plant, das PKG noch 2025 zu beschließen, sodass Fachkräfte für Pflegeassistenz ab Herbst 2026 bundeseinheitlich ausgebildet werden können.

Als nächster Schritt ist ein eigenes Advanced-Practice-Nurse-Gesetz angekündigt, das Master-qualifizierten Pflegekräften eine klar definierte Heilkundekompetenz gibt. Berufsverbände wie der DBfK begrüßen den Kurs, mahnen aber an, das APN-Profil bis spätestens Sommer 2026 verbindlich zu regeln, damit die Attraktivität des Berufs tatsächlich steigt.

2026: Mischfinanzierung und Pflegedeckel in Vorbereitung

Die Koalition will ab dem Haushaltsjahr 2026 erstmals Steuermittel in die Pflegeversicherung einspeisen.

Damit soll ein Teil der sogenannten versicherungsfremden Leistungen – etwa beitragsfreie Mitversicherung von Kindern – solidarisch über den Bundeshaushalt getragen werden. Das ist Voraussetzung, um ab 2027 einen Pflegedeckel einzuführen, der die Eigenanteile in stationären Einrichtungen auf etwa 1 000 Euro pro Monat begrenzen soll.

2027: Strukturreform „Pflege aus einem Guss“

Die bis Ende 2025 tagende Bund-Länder-Arbeitsgruppe erarbeitet Vorschläge für eine Gesamtreform, die ambulante, teilstationäre und stationäre Leistungen entgrenzt.

Ziel ist eine Rechtsgrundlage für sogenannte stambulante Wohnformen, in denen mehrere Pflegebedürftige gemeinschaftlich leben, aber ambulant betreut werden – ein Modell, das in Dänemark und den Niederlanden längst Standard ist.

Auf Basis der Empfehlungen soll die Regierung im Frühjahr 2027 ein neues Pflegegesetz verabschieden, das Leistungen überschaubar bündelt, den Zugang vereinfacht und langfristig stabile Finanzierungsquellen festlegt.

Was Betroffene jetzt schon tun können

Pflegebedürftige und Angehörige sollten prüfen, ob sie durch die Leistungserhöhungen seit Januar oder das neue Jahresbudget ab Juli zusätzlichen Spielraum haben, etwa um mehr professionelle Hilfe stundenweise einzukaufen oder eine Auszeit einzuplanen.

Wer 2025 eine Freistellung benötigt, beantragt sie weiterhin nach dem alten Pflegezeit- oder Familienpflegezeitgesetz, kann aber bereits von verlängerten Zehntages­regelungen für akute Fälle profitieren.

Arbeitnehmer- und Patienten­vertretungen raten, Belege über den tatsächlichen Pflegeaufwand zu sammeln – sie könnten beim künftigen Familienpflegegeld als Bemessungsgrundlage dienen.

Auch Pflegefachpersonen sollten die Entwicklung im Blick behalten:

Hochschulen beginnen bereits, zusätzliche Masterplätze für Advanced Practice Nursing einzurichten, und viele Länder entwickeln Curricula für die neue Pflegeassistenz. Wer sich jetzt qualifiziert, hat 2026 gute Chancen auf erweiterte Rollen – und auf Gehaltsstrukturen, die diese neue Aufgaben abbilden.

Viele Details – von der Höhe des Familienpflegegeldes bis zum genauen Vorhaben des Pflegedeckels – sind noch offen. Doch erstmals liegt ein klar datierter Fahrplan auf dem Tisch. Die kommenden beiden Jahre werden entscheiden, ob aus den ambitionierten Versprechen eine Pflege wird, die sowohl professionell als auch familiär leistbar bleibt.