Sozialhilfe: Gericht stärkt Rechte von Menschen mit Autismus
Im Eilverfahren gewährt das Gericht einem Menschen mit einer Schwerbehinderung vorläufig weitere Leistungen in Höhe von 1.341,67 € monatlich für die Fortführung der ABA-Therapie als Persönliches Budget, ungeachtet dessen, dass bis auf Weiteres keine aktuelle Gesamt- und Bedarfsplanung nach § 121 SGB IX vorliegt. Das gibt aktuell das Landessozialgericht Baden-Württemberg bekannt.
Behinderte Menschen haben einen Anspruch auf Eingliederungshilfe als Leistung zur Teilhabe und Bildung in Form des Persönlichen Budgets
Die Leistungen zur Teilhabe an Bildung umfassen Hilfen zu einer Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu.
Die Regelung orientiert sich an § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII a.F., verzichtet jedoch auf die Übernahme des Kriteriums der Angemessenheit der Schulbildung.
Eine Autismustherapie stellt im Schwerpunkt eine Leistung der Eingliederungshilfe zur Teilhabe an der Schulbildung dar – entgegen der Auffassung des Sozialhilfeträgers
Denn hierzu gehören auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen und zu erleichtern.
Der Kernbereich der schulischen pädagogischen Arbeit ist durch die außerhalb des Schulbetriebs stattfindende Autismus-Therapie jedenfalls nicht berührt (vgl. hierzu auch BSG, Urteil vom 22.03.2012 – B 8 SO 30/10 R – ).
Leistungen sind entsprechend den Vorgaben des § 75 Abs. 1 SGB IX unterstützende Leistungen
Sie sollen die Bildungsangebote nicht ersetzen, sondern den Leistungsberechtigten die Teilhabe an den Bildungsangeboten ermöglichen, damit diese entsprechend der Zielsetzung des § 90 Abs. 4 SGB IX eine ihren Fähigkeiten und Leistungen entsprechende Schulbildung und schulische und hochschulische Aus- oder Weiterbildung für einen Beruf zur Förderung ihrer Teilhabe am Leben in der Gesellschaft erlangen können.
Es handelt sich um Leistungen, die zur Aufsuchung des Lernortes oder zur Teilnahme an den Bildungsinhalten erforderlich sind.
Für die Annahme einer Hilfe zu einer Schulbildung nicht notwendig ist, dass der Schulbesuch (allein) durch die Maßnahme ermöglicht wird.
Es reicht aus, dass die Hilfe geeignet und erforderlich ist, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu erleichtern (vgl. § 12 Nr. 1 EinglH-VO a.F.).
Eine Leistungspflicht des Sozialhilfeträgers außerhalb des Kernbereichs der pädagogischen Arbeit der Schule ist in aller Regel zu bejahen, solange und soweit die Schule eine entsprechende Hilfe nicht gewährt (BSG, Urteil vom 22. 03.2012 – B 8 SO 30/10 R – ).
Anordnungsgrund ist ebenfalls glaubhaft gemacht
Beim ersatzlosen Abbruch der Verhaltenstherapie, die – wie glaubhaft gemacht wurde – von den Eltern des Antragstellers auch nicht weiter vorfinanziert werden kann, sind erhebliche Nachteile des Antragstellers zu Lasten der Ermöglichung des weiteren Schulbesuchs und damit seiner schulischen und auch gesellschaftlichen Integration und Teilhabe nicht auszuschließen.
Fazit
1. Die Leistungen zur Teilhabe an Bildung umfassen nach § 112 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IX Hilfen zu einer Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu.
2. Die Regelung orientiert sich an § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII a.F., verzichtet jedoch auf die Übernahme des Kriteriums der Angemessenheit der Schulbildung.
3. Autismustherapie stellt im Schwerpunkt eine Leistung der Eingliederungshilfe zur Teilhabe an der Schulbildung dar.