Mit einem wegweisenden Urteil hat das Bundessozialgericht (BSG, Urteil v. 25.09.2025 – B 5 R 15/24 R) klargestellt: Eine Überstundenabgeltung ist Arbeitsentgelt und daher grundsätzlich als Hinzuverdienst bei der Rente zu berücksichtigen.
Zufluss nach Rentenbeginn
Nach der Betriebsvereinbarung der Arbeitgeberin der Klägerin waren Überstunden grundsätzlich in Freizeit auszugleichen. Erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses war eine Auszahlung in Geld vorgesehen.
Der Anspruch der Klägerin auf Überstundenabgeltung entstand daher erst mit dem Ende ihres Arbeitsverhältnisses am 30. April 2021 – und damit nach Beginn der Erwerbsminderungsrente, die die Behörde rückwirkend zum 1. Dezember 2019 bewilligt hatte.
Zeitlich-rechtliche Kongruenz mit dem Beschäftigungsverhältnis
Diese Überstundenabgeltung ist einem während des Rentenbezugs fortbestehenden Beschäftigungsverhältnis der Klägerin zuzuordnen (zeitlich-rechtliche Kongruenz). Nach Auffassung des BSG ist nicht entscheidend, wann die Überstunden angesammelt („erdient“) wurden.
Maßgeblich ist der Zeitpunkt der Anspruchsentstehung am 30. April 2021, denn zu diesem Zeitpunkt bestand das Beschäftigungsverhältnis noch. Die bereits zuvor eingetretene dauerhafte Arbeitsunfähigkeit ändert daran nichts.
Anhaltspunkte für ein Ruhen des Arbeitsverhältnisses – mit der Folge einer Unterbrechung oder Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses – lagen nicht vor.
Klarstellung des Gerichts zur Gesetzeslage
Am Erfordernis der zeitlich-rechtlichen Kongruenz ist auch nach der durch das Flexirentengesetz vorgenommenen Neuregelung des § 96a SGB VI zum 1. Juli 2017 festzuhalten.
Die Streichung des zuvor in § 96a Abs. 1 Satz 2 SGB VI a.F. enthaltenen Merkmals „Arbeitsentgelt (…) aus einer Beschäftigung“ diente nach den Gesetzesmaterialien lediglich der Klarstellung, dass es für die Berücksichtigung von Arbeitsentgelt als rentenschädlichem Hinzuverdienst nicht darauf ankommt, ob eine Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird.
§ 96a SGB VI steht im Unterabschnitt „Zusammentreffen von Renten und Einkünften“ und zielt unverändert darauf ab, eine Übersicherung der Versicherten zu vermeiden, wenn Arbeitsentgelt und eine als Arbeitsentgeltersatz konzipierte Rente wegen Erwerbsminderung gleichzeitig bezogen werden (so das BSG).
Gesetzeszweck der Neuregelung
Mit der Neuregelung sollte erreicht werden, ältere Beschäftigte möglichst lange im Erwerbsleben zu halten sowie den Übergang in den Ruhestand zu erleichtern – insbesondere durch die Möglichkeit, vor Erreichen der Regelaltersgrenze eine Teilzeitarbeit durch eine Teilrente zu ergänzen.
Der Hinzuverdienst sollte – auch bei Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit – im Rahmen einer Jahresbetrachtung stufenlos auf die Rente angerechnet werden.
Fazit:
- 23.000 Euro Überstundenabgeltung mindern die Erwerbsminderungsrente, da es sich um Arbeitsentgelt handelt, das grundsätzlich als Hinzuverdienst zu berücksichtigen ist.
- Nicht entscheidend ist, wann die Überstunden angesammelt („erdient“) wurden.
- Am Erfordernis der zeitlich-rechtlichen Kongruenz ist auch nach der Neuregelung des § 96a SGB VI durch das Flexirentengesetz zum 1. Juli 2017 festzuhalten.
Hier haben wir über die Vorinstanz informiert:
EM-Rente: 23.000 Euro für Überstunden mindern nicht Erwerbsminderungsrente