EM-Rente: Keine Rückzahlung von Krankengeld und Arbeitslosengeld bei rückwirkender Rente

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Müssen Leistungen des Krankengeldes oder des Bürgergeldes zuückgezahlt werden, wenn man rückwirkend eine Erwerbsminderungsrente anerkannt bekommt, die niedriger liegt als die erhaltenen Leistungen? Dieser Frage wollen wir anhand eines konkreten Beispiels nachgehen.

Krankenkasse drängt auf Reha

Der Mann, dessen Fall der DGB-Rechtsschutz erläutert, litt an immer stärkeren Einschränkungen seiner Gesundheit und war bereits ein halbes Jahr arbeitsunfähig.

Er wollte wieder arbeiten, doch die Krankenkasse befürchtete eine dauerhafte Erwerbsunfähigkeit und forderte ihn deshalb dazu auf, einen Reha-Antrag zu stellen. So verfahren Krankenkassen häufig, und der Grund dafür ist simpel. Die Kosten und die Verantwortung liegen dann nämlich bei der Rentenkasse.

Reha ergibt Berufsunfähigkeit

Der Mann stellte den Reha-Antrag und erhielt auch umgehend einen Platz. Im vorläufigen Entlassungsbericht nach der Maßnahme wurde er als weiter arbeitsunfähig registriert, und im abschließenden Ergebnis wurde dies grundsätzlich bestätigt.

Medizinisch galt er als erwerbsgemindert. Er kann in seiner bisherigen Tätigkeit nicht mehr als drei Stunden am Tag arbeiten.

Eine volle Erwerbsminderung liegt vor

Da der Betroffene aber 1964 zur Welt kam, stand für ihn ein Berufsschutz außer Frage. Denn dieser gilt nur für Menschen, die vor 1961 geboren wurden.

Dennoch war er rechtlich auf der sicheren Seite. Wenn jemand auch außerhalb seines ausgeübten Berufs nicht länger als drei Stunden arbeiten kann, dann gilt er als voll erwerbsgemindert. Das war bei dem Betroffenen der Fall.

Bei entsprechenden Versichertenzeiten besteht dann Anspruch auf eine volle Erwerbsminderungsrente. Er wartete erst einmal vergeblich auf eine Nachricht von der Rentenversicherung. Während diese aber nicht reagierte, bezog er Krankengeld.

Drei Monate, bevor dieses nach eineinhalb Jahren auslief, schrieb ihm die Krankenkasse, dass er sich nach dem Auslaufen arbeitslos melden müsste. Das tat er auch.

Höhere Leistungen müssen nicht erstattet werden

Unterm Strich bedeutete das Warten auf die Reaktion der Deutschen Rentenversicherung für ihn keinen Nachteil. Denn das Krankengeld lag in seinem Fall über der erwarteten Rente wegen Erwerbsminderung.

Als das Krankengeld auslief, stellte er von sich aus einen Antrag auf Erwerbsminderungsrente.

Erwerbsminderungsrente wird bewilligt

Es folgte ein zähflüssiges Hin und Her. Zuerst verlangte die Rentenkasse Auskünfte über seine Hinzuverdienste, dann bekam er Post, nach der die Vordrucke für seinen Antrag fehlten.

Dies war falsch, und die Rentenkasse musste eingestehen, dass die Unterlagen längst da waren, aber wegen der Menge an Dokumenten noch nicht im System erfasst. Zwei Wochen später bekam er seinen Rentenbescheid.

Rückwirkung und Nachzahlung

Bei einem solchen rückwirkenden Rentenbescheid werden die Zahlungen des Übergangsgeldes mit der Rente verglichen. Dies darf nicht zum Nachteil der Betroffenen geschehen.

Ist die Rente höher als das Übergangsgeld, wird die Differenz im nachhinein ausgezahlt. Ist sie hingegen niedriger, muss der Betroffene die höheren Leistungen nicht erstatten. In diesem Fall erfolgte die Anerkennung der Rente im September 2022, und sie wurde rückwirkend ab Juil 2021 bewilligt. Das bedeutete eine Nachzahlung von 14 Monaten.

Abgezogen wurde ein Monat Übergangsgeld. Da die Rente 1.400 Euro pro Monat beträgt, belief sich die Nachzahlung auf 18.200 Euro.

Dieses Geld erhielt nicht der Betroffene, sondern die Krankenkasse und die Agentur für Arbeit, die in dieser Zeit gezahlt hatten.

Beide bekamen die Differenz zum ausgezahlten Krankengeld und dem aufgezahlten Arbeitslosengeld nicht. Die Krankenkasse musste in diesem Fall 400,00 Euro, die Agentur für Arbeit 200,00 Euro pro Monat selbst tragen.

Für den Betroffenen verlief das gesamte Verfahren günstig, denn so hatte er weit mehr Geld in der Tasche als wenn er die Rente frühzeitig ausgezahlt bekommen hätte.

Was müssen Sie in der Steuererklärung beachten?

Bei einer solchen rückwirkenden Rente entsteht Verwirrung, welche Zahlungen in der Steuererklärung angegeben werden müssen, und wo diese notiert werden.

Arbeitslosengeld, Übergangsgeld und Krankengeld sind steuerfrei, unterliegen laut dem DGB-Rechtsschutz aber dem Progressionsvorbehalt und erhöhen so den Steuersatz.

Der Anteil, der vom Lohn einbehalten wird, wird angerechnet. Progression bedeutet, das zu versteuernde Einkommen ist die Basis. Darauf werden dann die jeweiligen Leistungen addiert und der Steuersatz in Prozenten ermittelt. Dieser steigt mit dem Einkommen.

Wie sieht es bei der Rente aus?

Jetzt wird es etwas kompliziert, denn der Betroffene erhielt Leistungen von der Krankenkasse und der Agentur für Arbeit, doch diese wurden posthum mit der Rente verrechnet. Renten werden besteuert, zu einem gewissen Prozentsatz, im Jahr 2021 lag dieser bei 81 Prozent.

Das Zuflussprinzip

Generell kennt das Steuerrecht das sogenannte Zuflussprinzip. Berechnet wird also das, was in einer bestimmten Zeit auf das Konto eingeht.

Dies gilt, was viele nicht wissen, auch für eine rückwirkende Rente. Der DGB-Rechtsschutz verweist diesbezüglich auf ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 9.12.2025. (Az. XR 30/14).

Da die Rente an die Stelle von Kranken- und Arbeitslosengeld rückt, muss diese bei der Steuererklärung unter Anlage R angegeben werden.

Gilt die Fünftelregelung?

Ganz wichtig. Auch wenn es sich hier um Zahlungen über mehrere Jahre hinweg handelt, gilt laut einer Eintscheidung des Finanzgerichts Münster, nicht die sogenannte Fünftelregelung. (Az. 5 K 371/19 E).

Wo wird die Differenz angegeben?

Der Betroffene hatte durch Krankengeld und Arbeitslosengeld mehr Zahlungen erhalten halten als durch die Rente. Diese Differenz muss er im Mantelbogen der Steuererklärung angeben. Wenn der Steuerbescheid des letzten Jahres bereits vorliegt, dann wird hier rückabgewickelt.

Rückwirkende Renten werden häufiger

Die Verfahren bei Erwerbsminderungsrenten dauern zunehmend länger. Dies war früher nur bei zähen juristischen Konflikten der Fall, die an Sozialgerichten entschieden wurden.

Heute dauern die Verfahren selbst generell länger und auch das Warten auf das Gutachten dauert.