Rentenrecht ist kompliziert. So fragte uns ein Leser, “wie hoch in Deutschland die Mindestrente” sei. Gibt es รผberhaupt eine Mindestrente? Kann ich im Rentenalter eine Grundsicherung erwarten? Ist diese an bestimmte Voraussetzungen gebunden?
Es stellte sich heraus, dass der Leser mit der Vorstellung von einer vermeintlichen “Mindestrente” drei unterschiedliche Begriffe rund um Rente und Grundsicherung vermischte. Wir zeigen, was diese Regelungen jede fรผr sich bedeuten, und wer genau welche Ansprรผche hat.
Inhaltsverzeichnis
Mindestversicherungszeit, Grundsicherung und Grundrente
Erstens gibt es die Mindestversicherungszeit fรผr einen Rentenanspruch, zweitens die Grundsicherung im Alter und drittens den Grundrentenzuschlag.
Gibt es eine Mindestrente?
Das gesetzliche Altersrentensystem in Deutschland ist ein Umlagemodell. Die Versicherten im erwerbsfรคhigen Alter zahlen mit ihren Beitrรคgen die Renten fรผr diejenigen, die ihre Erwerbszeit beendet haben – so wie diese Rentner in ihrem Erwerbsleben die damaligen Senioren finanziert hatten.
Zusรคtzlich gibt es einen Bundeszuschuss, um alle Leistungen der Rentenkasse abzudecken, allzumal die Rentenversicherung auch Renten finanziert, fรผr die keine Beitrรคge geleistet werden.
Die Rente wird individuell berechnet
Die Hรถhe ihrer Rente hรคngt vor allem von zwei Faktoren ab, erstens davon, wie lange Sie Beitrรคge zahlten und zweitens, wie hoch diese Beitrรคge waren.
Fรผr jedes Jahr, in dem Sie bei Durchschnittsverdienst Rentenbeitrรคge leisten, erhalten Sie einen Rentenpunkt. Dieser wird 2024 mit 39, 21 Euro bewertet. Die Summe ihrer Rentenpunkte ergibt ihre Rente, vereinfacht gesagt.
Die Hรถhe der Rente liegt also ausschlieรlich daran, wieviel Versicherungszeiten Ihnen individuell angerechnet werden. Eine Mindestrente ist dabei nicht vorgesehen – es gibt sie nicht.
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Die Mindestversicherungszeit
Unser Leser kam durcheinander wegen des Begriffes “Mindestversicherungszeit”. Die gibt es wirklich: Um eine gesetzliche Alters- oder Erwerbsminderungsrente zu beanspruchen, muss die Rentenkasse (bis auf Ausnhamen) mindestens fรผnf Jahre Wartezeit anerkennen.
Das bedeutet: Sie mรผssen mindestens fรผnf Jahre Beitrรคge in die Rentenversicherung gezahlt haben oder Zeiten vorweisen, die die Rentenkasse Ihnen als Wartezeit anrechnet.
Erst dann haben Sie รผberhaupt Anspruch auf eine gesetzliche Altersrente. Eine Mindesthรถhe gibt es bei diesem Rentenanspruch jedoch nicht.
Die Grundsicherung im Alter
Die Grundsicherung im Alter entspricht der Sozialhilfe fรผr Menschen, die die Regelaltersgrenze รผberschritten haben oder voll erwerbsgemindert sind. Die Leistungen enstprechen dem Sozialhilferecht, also dem Sozialgesetzbuch XII.
Ein Anspruch auf Grundsicherung besteht bei Hilfebedรผrftigkeit, also dann, wenn die Betroffenen aus eigenem Einkommen und Vermรถgen das Existenzminimum nicht sichern kรถnnen. Ihr Wohnort muss zudem in Deutschland liegen.
Die Grenze, unter der Grundsicherung im Alter ausgezahlt wird, ist regional unterschiedlich. 2024 sind allerdings 1062 Euro Gesamteinkommen eine Leitlinie fรผr Sie, um zu prรผfen, ob Sie einen solchen Anspruch haben.
Im Rentenalter gibt es kein Bรผrgergeld
Bรผrgergeld wird รผber der Regelaltersgrenze nicht mehr ausgezahlt, denn die Voraussetzung fรผr Bรผrgergeld ist, dass die Betroffenen grundsรคtzlich dem Arbeitsmarkt zur Verfรผgung stehen – also noch nicht im Rentenalter und auch nicht voll erwerbsgemindert sind.
Grundsicherung ist eine Sozialleistung
Noch einmal: Grundsicherung im Alter ist eine Sozialleistung fรผr Hilfebedรผrftige. Das Sozialstaatsprinzip des Grundgesetzes verpflichtet den Staat dazu, denjenigen das Existenzminimum zu sichern, die dies aus eigenen Mitteln nicht kรถnnen.
Die gesetzliche Rente ist hingegen eine Sozialversicherungsleistung, und keine Sozialleistung. Die Grundsicherung ist also keine Mindestrente.
Der Grundrentenzuschlag
Der Grundrentenzuschlag wird oft kurz Grundrente genannt, und deshalb oft mit der Grundsicherung im Alter verwechselt oder als eine (nicht existierende) Mindestrente angesehen.
Es handelt sich nicht um eine eigenstรคndige Rentenform, sondern um einen Zuschlag auf bestehende Renten.
Dieser wurde eingefรผhrt fรผr Menschen, die lange Jahre in die Rentenkasse einzahlten und wegen ihres niedrigen Lohns trotzdem nur eine niedrige Rente erhalten. Auch insofern handelt es sich nicht um eine generelle Mindestrente, denn den Zuschlag kann nur eine bestimmte Gruppe von Versicherten erhalten.
Dieser Zuschlag kann gezahlt werden zu Altersrenten, aber auch zu Erwerbsminderungsrenten, Hinterbliebenenrenten und Erziehungsrenten. Ihn รผberhaupt zu bekommen, setzt mindestens 33 Jahre Anrechnungszeiten bei der Deutschen Rentenversicherung voraus.
Liegt dann die bezogene Rente deutlich unter dem Rentendurchschnitt, dann haben Sie Anspruch auf den Rentenzuschlag.
Dieser wird automatisch jรคhrlich neu berechnet und ausgezahlt, wenn ihr Gesamteinkommen unter einer bestimmten Hรถhe liegt. Liegt das Einkommen im folgenden Jahr darรผber, bekommen Sie keinen Zuschlag mehr. Den Zuschlag in Anspruch nehmen kรถnnen rund 4,3 Prozent aller Rentenbezieher. Im Schnitt liegt er bei rund 80 bis 100 Euro pro Monat.
In drei von vier Fรคllen erhalten Frauen den Zuschlag. Diese haben hรคufiger eine sehr niedrige Rente als Mรคnner, da sie verstรคrkt zu Niedriglรถhnen und in Teilzeit arbeiteten sowie Kinder erzogen.
Fazit
Wir hoffen, ein wenig Licht in das Dickicht des Rentenrechts gebracht zu haben. Kurz und knapp: Es gibt in Deutschland keine Mindestrente, sondern die Rente wird indivdiuell berechnet.