Bürgergeld: Versilbertes Schonvermögen ist kein Einkommen – BSG Urteil

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Das Jobcenter darf im Bewilligungszeitraum erzielten Erlös aus dem Verkauf von zum Schonvermögen zählenden Fondsanteilen nicht als Einkommen berücksichtigen.

1. Das Jobcenter darf im Bewilligungszeitraum erzielten Erlös aus dem Verkauf von zum Schonvermögen zählenden Fondsanteilen nicht als Einkommen berücksichtigen, denn hierbei handelt es sich um eine Vermögensumschichtung (Orientierungssatz Detlef Brock).

2. Offen gelassen hat das BSG die Frage, ob es Fälle geben mag, von diesem allgemeinen grundsicherungsrechtlichen Maßstab bei der Abgrenzung von Einkommen und Vermögen abzuweichen.

Das wäre zum Beispiel der Fall, dass bei der Veräußerung von Vermögensgegenständen ein Erlös oberhalb des Verkehrswerts erzielt werden kann, der ggf als Einkommen zu berücksichtigen sei (Orientierungssatz Detlef Brock). So entschieden vom BSG, Urt. v. 28.02.2024 – B 4 AS 22/22 R –

Einkommensberücksichtigung – Verkaufserlös – Fondsanteile – Schonvermögen – Vermögensumschichtung

Die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen bestimmt sich im Ausgangspunkt nach der modifizierten Zuflusstheorie.

Danach ist Einkommen iS des § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält.

Und Vermögen das, was jemand vor der Antragstellung bereits hatte, wobei auszugehen ist vom Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zeitpunkt als maßgeblich bestimmt.

Bei der Vermögensberücksichtigung ist auf die 1. ALG II – Antragstellung abzustellen

Abzustellen ist dabei auf die erste Antragstellung des laufenden Leistungsfalls insofern, als bereits davor vorhandene Werte Vermögen sind (vgl BSG vom 10.8.2016 – B 14 AS 51/15 R -).

Die verkauften Fondsanteile waren Vermögen

Denn sie waren bereits vor der Antragstellung im Eigentum der Klägerin.

An der Qualifizierung als Vermögen ändert sich nichts durch den Verkauf der Fondsanteile

Denn es liegt nur eine Vermögensumschichtung vor ( stRspr; vgl nur BSG, vom 9.8.2018 – B 14 AS 20/17 – ).

Verkauf der Anteile ändert lediglich den Zustand des Vermögens

Der Verkauf der Anteile ändert lediglich den Zustand des Vermögens. Das vorherige Eigentum an Fondsanteilen mit einem bestimmten Wert wird in Geldkapital umgewandelt, ohne dass dies an der Einordnung als Vermögen etwas ändert.

Offen lässt das BSG, ob es Fälle geben mag, von diesem allgemeinen grundsicherungsrechtlichen Maßstab bei der Abgrenzung von Einkommen und Vermögen abzuweichen

Das wäre zum Beispiel der Fall, dass bei der Veräußerung von Vermögensgegenständen ein Erlös oberhalb des Verkehrswerts erzielt werden kann, der ggf als Einkommen zu berücksichtigen sei (zB T. Lange in Luik/Harich, SGB II, 6. Aufl 2024, § 12 RdNr 16 ).

Jobcenter meint, eine Berücksichtigung der Wertsteigerung lediglich als Vermögen und nicht als Einkommen widerspreche dem Steuerrecht

Ist dem nicht zu folgen, so ausdrücklich das BSG. Der steuerliche Zugriff auf Erträge unterscheidet sich nach seiner Zweckrichtung und Ausgestaltung schon im Ansatz von der grundsicherungsrechtlichen Abgrenzung von zur Bedarfsdeckung zu berücksichtigendem Einkommen und Vermögen sowie der grundsicherungsrechtlichen Bewertung des Verkehrswerts von Vermögen (BSG vom 10.8.2016 – B 14 AS 51/15 R – ).

Anmerkung Sozialrechtsexperte Detlef Brock:

Aus dem BSG- Urt., Rz.17:

Keine Frage der Abgrenzung von Einkommen und Vermögen im vorbeschriebenen Sinne ist die – hier nicht vorliegende – Umwandlung von Einkommen in Vermögen nach Ablauf des Anrechnungszeitraums (vgl hierzu nur T. Lange in Luik/Harich, SGB II, 6. Aufl 2024, § 12 RdNr 18 sowie zB jüngst Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales, BT-Drucks 20/4360 S 29 zu § 11a Abs 1 Nr 7 SGB II).

Hinweis

Schon zur Arbeitslosenhilfe hatte das BSG entschieden, dass durch die Veräußerung eines Gegenstands zum Verkehrswert kein Einkommen erzielt werde.

Das BSG hat für das SGB II weiter ausgeführt, dass ein auf längere Zeit angelegtes Sparguthaben bei seiner Auszahlung Vermögen bleibt (vgl BSG vom 30.9.2008 – B 4 AS 57/07 R- ) und nunmehr zu § 82 Abs 1 SGB XII; BSG vom 19.5.2009 – B 8 SO 35/07 R – ).

Sind danach Geldzuflüsse aus der Umschichtung vorhandener Werte durch den Berechtigten sozialrechtlich grundsätzlich nicht als zum Lebensunterhalt einzusetzendes Einkommen anzusehen, so kann es beim Wertersatz Dritter für die Entziehung oder Beschädigung eines dem Vermögen zuzurechnenden Gegenstands nicht anders liegen; auch durch solche Zahlungen erhält der Empfänger keinen Wert hinzu, den er nicht vorher schon hatte.