Wie lรคsst sich das Beste aus der eigenen Rente herausholen? Ein Kniff, der seit dem 1. Januar 2023 durch den Wegfall der Hinzuverdienstgrenze ermรถglicht wurde, bietet eine lukrative Option. Der folgende Beitrag erklรคrt, wie diese Methode funktioniert und welche finanziellen Auswirkungen sie hat.
Inhaltsverzeichnis
Frรผhrente ab 63 und Weiterarbeiten bis 67
Das Prinzip hinter diesem Modell ist, mit 63 in Rente zu gehen und dennoch weiterhin voll zu arbeiten. Dabei erhรคlt man sowohl die Altersrente als auch das volle Gehalt aus der Erwerbstรคtigkeit, was durch die seit 2023 aufgehobene Hinzuverdienstgrenze legal mรถglich ist. Ziel dieser Strategie ist es, in den vier Jahren von 63 bis 67 einerseits zusรคtzliche Rentenpunkte zu sammeln und andererseits das Einkommen durch die parallele Rentenzahlung erheblich zu steigern.
Das Vorgehen im Detail:
- Frรผhzeitiger Rentenbeginn mit 63 Jahren: Die regulรคre Rente wird hier mit einem Abschlag von 14,4 % in Anspruch genommen.
- Weiterarbeiten bis zum 67. Lebensjahr: In dieser Phase bezieht man weiterhin ein Erwerbseinkommen und sammelt weitere Rentenpunkte.
- Ausgleich des Abschlags durch zusรคtzliche Rentenpunkte: Durch die Weiterarbeit kรถnnen die in den vier Jahren erworbenen Rentenpunkte den ursprรผnglichen Abschlag teilweise kompensieren.
Beispielrechnung: Lohnt sich das Vorgehen wirklich?
Unser fiktiver Rentner ist am 25. Mรคrz 1965 geboren und sein regulรคres Renteneintrittsalter liegt somit bei 67 Jahren. Der Rentenbeginn ist am 1. April 2032. Der Rentner hat bis dahin 46,729 Entgeltpunkte gesammelt.
Regulรคre Rentenberechnung:
- Entgeltpunkte: 46,729
- Rentenwert (ab 1. Juli 2024): 39,32 โฌ pro Entgeltpunkt
- Regulรคre monatliche Rente ab 67: 46,729 39,32 โฌ = 1.839,81 โฌ
Allerdings wรคhlt der Rentner den vorgezogenen Rentenbeginn mit 63 und nimmt einen Abschlag von 14,4 % in Kauf.
Schritt 1: Vorzeitiger Renteneintritt mit 63 Jahren
- Abschlag: 14,4 % von 46,729 Entgeltpunkten = 6,729 Punkte
- Verbleibende Entgeltpunkte nach Abschlag: 46,729 6,729 = 40,00 Entgeltpunkte
Die Rente wird auf Basis von 40 Entgeltpunkten berechnet:
Monatliche Rente ab 63: 40 39,32 โฌ = 1.572,80 โฌ brutto
Diese Rente erhรคlt der Rentner ab dem 63. Lebensjahr zusรคtzlich zu seinem Arbeitseinkommen.
Schritt 2: Weiterarbeiten bis 67 und Sammeln zusรคtzlicher Rentenpunkte
Der Rentner arbeitet weiterhin bis zum regulรคren Rentenalter mit einem durchschnittlichen Einkommen von 45.358 โฌ pro Jahr. Dieses Einkommen entspricht einem Entgeltpunkt pro Jahr. In vier Jahren sammelt er somit 4 Entgeltpunkte.
Diese zusรคtzlichen Rentenpunkte werden bei Erreichen des 67. Lebensjahres ohne Abschlag gutgeschrieben:
- Zusรคtzliche Entgeltpunkte: 4,0 Punkte
- Rentensteigerung: 4 39,32 โฌ = 157,28 โฌ brutto monatlich
Somit reduziert sich der Abschlag bei Rentenbeginn mit 67:
- Ursprรผnglicher Abschlag: 6,729 Entgeltpunkte (264,58 โฌ)
- Zusรคtzliche Rentenpunkte: 4,0 Entgeltpunkte (157,28 โฌ)
- Verbleibender Abschlag: 6,729 4,0 = 2,729 Entgeltpunkte (107,30 โฌ)
Der neue Abschlag betrรคgt daher nur noch 5,84 % anstatt der ursprรผnglichen 14,4 %.
Schritt 3: Einnahmen in den vier Jahren von 63 bis 67
In diesen vier Jahren erhรคlt der Rentner neben seinem Gehalt auch Rentenzahlungen:
- Monatliche Rente: 1.572,80 โฌ
- Jahresrente: 1.572,80 โฌ 12 = 18.873,60 โฌ
- Rentenbezรผge in vier Jahren: 18.873,60 โฌ 4 = 75.494,40 โฌ brutto
Schritt 4: Steuerliche und Sozialversicherungsrechtliche Schlussfolgerung
Da der Rentner sowohl Einkommen aus Erwerbstรคtigkeit als auch Rentenzahlungen bezieht, erhรถht sich das zu versteuernde Einkommen erheblich. In unserem Beispiel liegt das jรคhrliche Arbeitseinkommen bei 45.358 โฌ. Die Rente von 18.873,60 โฌ kommt hinzu, wovon 15 % (2.831,04 โฌ) steuerfrei sind.
Das zu versteuernde Einkommen betrรคgt daher:
- Arbeitseinkommen: 45.358 โฌ
- Steuerpflichtiger Teil der Rente: 16.042,56 โฌ
- Gesamt zu versteuerndes Einkommen: 61.400,56 โฌ
Auf dieses Einkommen fallen Steuern in Hรถhe von etwa 10.261 โฌ an. Hinzu kommen Sozialabgaben:
- Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrรคge auf Gehalt und Rente: etwa 11.687 โฌ
- Netto nach Steuern und Sozialabgaben: 45.133,45 โฌ
Im Vergleich zu einem Arbeitnehmer, der ohne Rentenbezug arbeitet (mit einem Netto von 29.803,18 โฌ), ergibt sich ein jรคhrlicher Vorteil von 15.330,27 โฌ.
Schritt 5: Langfristige Auswirkungen nach Renteneintritt mit 67
Ab dem 67. Lebensjahr erhรถht sich die Rente durch die gutgeschriebenen Entgeltpunkte auf:
- Gesamtentgeltpunkte: 46,729 (ursprรผnglich) + 4,0 (Zusatzpunkte) = 50,729
- Rentenwert: 50,729 39,32 โฌ = 1.994,66 โฌ brutto monatlich
Im Vergleich dazu liegt die optimierte Rente mit 67 und verbleibendem Abschlag bei:
- 40 Entgeltpunkte + 4 Zusatzpunkte = 44 Entgeltpunkte
- Rentenwert: 44 39,32 โฌ = 1.730,80 โฌ brutto monatlich
Die Differenz betrรคgt:
1.994,66 โฌ – 1.730,80 โฌ = 264,58 โฌ monatlich
Rรผckrechnung des Vorteils
Um den Gesamtvorteil der hรถheren Einkรผnfte in den Jahren 63 bis 67 aufzuholen, wรคren 251 Monate (ca. 21 Jahre) erforderlich, also bis zum 86. Lebensjahr. Das bedeutet, dass sich das Modell insbesondere fรผr Rentner lohnt, die nicht davon ausgehen, sehr alt zu werden und lieber frรผher von hรถheren Einkรผnften profitieren mรถchten.
Rentenpunkte kaufen: Ein weiterer Hebel zur Rentenoptimierung
Eine weitere Option zur Minimierung der Rentenabschlรคge ist der gezielte Kauf von Rentenpunkten zwischen dem 63. und 67. Lebensjahr. Da in dieser Zeit sowohl das Arbeitseinkommen als auch die Rente steuerpflichtig sind, kann der Kauf von Rentenpunkten durch hohe Steuerersparnisse finanziell attraktiv sein. Bis zu einem Betrag von 27.565 โฌ (Stand 2024) lassen sich die Kosten als Sonderausgaben absetzen.
Allerdings sollte hierbei berรผcksichtigt werden, dass dieser Hรถchstbetrag auch laufende Beitrรคge zur Rentenversicherung (inklusive Arbeitgeberanteil) umfasst. Eine detaillierte steuerliche Berechnung ist daher unerlรคsslich, weshalb die Konsultation eines Steuerberaters empfehlenswert ist.
Steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Implikationen
Durch den parallelen Bezug von Rente und Gehalt erhรถht sich das zu versteuernde Einkommen signifikant. Dies fรผhrt zwar zu einer hรถheren Steuerlast, doch bleibt das Gesamtplus dennoch deutlich positiv.
In unserem Beispiel fรผhrt die Kombination aus Arbeitseinkommen und Rente zu einem steuerpflichtigen Einkommen von rund 61.400 โฌ, was eine Steuerbelastung von etwa 10.261 โฌ zur Folge hat.
Hinzu kommen Sozialabgaben in Hรถhe von etwa 11.687 โฌ, wobei Renten- und Arbeitslosenversicherungsbeitrรคge nur auf das Arbeitseinkommen entfallen.
Die Beitrรคge zur Kranken- und Pflegeversicherung fallen jedoch sowohl auf das Gehalt als auch auf die Rente an. รberschreiten die kombinierten Einkรผnfte die Beitragsbemessungsgrenze, kรถnnen zu viel gezahlte Beitrรคge im Folgejahr zurรผckgefordert werden.
Fรผr wen lohnt sich dieses Vorgehen
Das Modell bietet insbesondere fรผr Versicherte, die nicht die Wartezeit von 45 Jahren fรผr eine abschlagsfreie Frรผhrente erfรผllen, eine lukrative Mรถglichkeit, die gesetzliche Rente zu optimieren.
Entscheidend ist dabei die finanzielle Lage in den Jahren von 63 bis 67: Durch die parallelen Einkรผnfte ist eine erhebliche Einkommenssteigerung mรถglich. Der spรคtere, leicht reduzierte Rentenanspruch wird durch die Vorteile in den frรผhen Jahren mehr als ausgeglichen.