Bürgergeld: Neuer Mietvertrag über bewohnte Wohnung ist kein Umzug

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Schließt eine Bürgergeldbezieherin einen Mietvertrag für eine Wohnung ab, die sie zuvor als Mitbewohnerin in einer Wohngemeinschaft bewohnt hat, benötigt sie keine Zusicherung der Kostenübernahme durch das Jobcenter.

Das Jobcenter darf die Leistungen auch nicht auf die Kosten des bisherigen WG-Zimmers beschränken, bevor ein Mietvertrag für die neue Wohnung abgeschlossen wurde. Vielmehr ist das Jobcenter verpflichtet, zumindest für einen gewissen Zeitraum auch zu hohe Mietkosten zu übernehmen. Das urteilte das Sozialgericht Kiel, Az: S 39 AS 9/23 ER.

Klägerin wohnte zuvor in einer Wohngemeinschaft

Im vorliegenden Fall ging es um eine Bürgergeldbezieherin, die ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft (WG) bewohnte und nach dem Auszug ihres Mitbewohners einen Mietvertrag über die gesamte Wohnung abschloss.

Das Jobcenter Kiel erkannte daraufhin nur noch Unterkunftskosten in Höhe der Mietobergrenze für einen Einpersonenhaushalt an und begründete dies damit, dass die Bürgergeldbezieherin die Wohnung ohne die erforderliche Kostenzusage des Jobcenters angemietet habe und in eine neue Wohnung umgezogen sei, da sie ein Zimmer erhalten habe, in dem zuvor ihr Mitbewohner gewohnt habe.

Das Sozialgericht Kiel entschied jedoch, dass die Klägerin nicht “umgezogen” sei, da keine räumliche Veränderung stattgefunden hat. Auch sei kein Mietvertrag über eine “neue Wohnung” zustande gekommen, da die Möglichkeit der Nutzung eines weiteren Zimmers die Wohnung nicht zu einer neuen Wohnung mache.

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Auch eine Deckelung auf die bisherigen Kosten des WG-Zimmers nach § 22 Abs. 1 Satz 6 SGB II komme mangels Umzugs nicht in Betracht, wobei auch eine analoge Anwendung dieser Vorschrift ausscheide.

Jobcenter muss Miete in voller Höhe übernehmen

Das Gericht verpflichtete das Jobcenter Kiel daher, die Mietkosten in voller Höhe zu übernehmen. Dies bedeutet, dass die Bürgergeldbezieherin vor Abschluss des Mietvertrages weder eine Zusicherung der Kostenübernahme durch das Jobcenter benötigte, noch das Jobcenter die Leistungen auf die Kosten ihres bisherigen WG-Zimmers begrenzen durfte. Vielmehr muss das Jobcenter auch überhöhte Mietkosten zumindest für einen gewissen Zeitraum übernehmen.

Das Urteil hat Bedeutung für Bürgergeldbezieherinnen und -bezieher sowie andere Sozialleistungsbezieher, die in einer Wohngemeinschaft leben und später einen Mietvertrag über die gesamte Wohnung abschließen wollen.

Die Entscheidung des Sozialgerichts zeigt, dass das Jobcenter die Kosten nicht automatisch auf die bisherigen Kosten des WG-Zimmers deckeln darf und dass es bei einer räumlichen Veränderung erst dann von einem Umzug sprechen kann, wenn dieser tatsächlich stattgefunden hat.

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