Bürgergeld: Keine Übernahme von Mietschulden bei Ausgaben für Barbesuche

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Die Übernahme von Mietschulden setzt voraus, dass bereits Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, wobei das Bestehen eines Anspruches ausreichend ist.

Das Jobcenter muss keine Mietschulden übernehmen trotz Wohnungskündigung und Erhebung der Räumungsklage, wenn der Anspruch auf Bürgergeld im Eilverfahren vom Antragsteller nicht glaubhaft gemacht wird, besonders weil die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers unklar sind.

Begründung des Gerichts

Wenn ein Antragsteller zwecks Überwindung seiner Notlage Bürgergeld im einstweiligem Rechtsschutz beantragt, muss er seine Hilfebedürftigkeit nachweisen. Bei deren Geltendmachung im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes ist deren Glaubhaftmachung notwendig.

Hieran fehlt es aber, wenn aus den vorhandenen Kontoauszügen ein Ausgabeverhalten des Antragstellers hervorgeht, welches die Annahme von Hilfebedürftigkeit ausschließt

Der Senat verweist, soweit es die Glaubhaftmachung der Hilfebedürftigkeit (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und § 9 SGB II) als Voraussetzung für einen im einstweiligen Anordnungsverfahren durchsetzbaren, vorläufigen Anspruch auf Bürgergeld betrifft, auf seinen eigenen Beschluss vom 9. Juni 2023 im vorangegangenen Beschwerdeverfahren zum Aktenzeichen L 4 AS 126/23 B ER D.

Mietschulden, die bereits zur Wohnungskündigung und Erhebung der Räumungsklage geführt haben

In diesem hat das Gericht ausführlich dargestellt, weshalb eine Hilfebedürftigkeit des Antragstellers, trotz einer Reihe von Anhaltspunkten, die für eine finanzielle Notlage sprechen – nicht zuletzt die Mietschulden, die bereits zur Wohnungskündigung und Erhebung der Räumungsklage geführt haben –, nicht überwiegend wahrscheinlich erscheint.

An dieser Sachlage hat sich auch im vorliegenden Verfahren nichts geändert.

Gründe

1. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Antragstellers können – aus den im vorangegangenen Beschluss des Senats dargestellten Gründen – weiterhin nur als unübersichtlich bezeichnet werden, woran auch die nun vorgelegten Unterlagen nichts zu ändern vermögen.

Denn Insbesondere zeigen die im Rahmen des Prozesskostenhilfeantrags beigereichten Auszüge zu den bei der Bank geführten Konten weiterhin eine gemischte Nutzung von Privat- und Geschäftskonto, die es unmöglich macht, ein hinreichend klares Bild von den Einnahmen und Ausgaben der vom Antragsteller betriebenen GmbH zu erlangen.

2. Hinzu bemängelt das Gericht, dass der Antragsteller weiterhin ein Ausgabeverhalten an den Tag legt, das sich mit der behaupteten Notlage nicht in Einklang bringen lässt. So hat er ausweislich der vorliegenden Kontoauszüge allein im Zeitraum vom 27. März bis zum 30. Mai 2023 für Besuche von Bars, Restaurants, Cafés und Nachtclubs über 2.000 Euro ausgegeben, wovon im Übrigen 985 Euro vom Geschäftskonto abgebucht wurden.

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Es mangelt an der Glaubhaftmachung der Hilfebedürftigkeit durch den Antragsteller

Somit kommt auch eine vorläufige Übernahme der Mietschulden nicht in Betracht.

Nach § 22 Abs. 8 Satz 1 SGB II können, sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist.

Die Übernahme von Schulden setzt aber voraus, dass bereits Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, wobei das Bestehen eines Anspruches ausreichend ist.

Einen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung als Teil des Bürgergeldes (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II) hat der Antragsteller, wie soeben dargelegt, jedoch nicht glaubhaft gemacht.

Anmerkung vom Experten für Sozialrecht Detlef Brock

1. Jeder Mensch, welcher sich in einer Notlage befindet, hat das Recht, Bürgergeld zu beantragen. Wer Bürgergeld empfangen möchte, muss seine – Hilfebedürftigkeit ( §§ 7,9 SGB 2 ) glaubhaft machen.

2. Wer Bürgergeld im Eilverfahren vor Gericht beantragt, sollte im Vorfeld schon seine Kontoauszüge und Unterlagen als Beweismittel gesichert haben. Bei Selbstständigen empfiehlt es sich Kontoauszüge nach Geschäftskonto und Privatkonto – getrennt – einzureichen.

3. Ein monatliches Ausgabeverhalten von 2000, 00 € rechtfertigt nach meiner Meinung keine Notlage, um Bürgergeld zu beantragen.

Rechtstipp

Bezieher von Bürgergeld – Leistungen müssen im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht und zum Nachweis ihrer Hilfebedürftigkeit Kontoauszüge vorlegen, aber das Jobcenter muss nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts – gesondert – auf die Schwärzung hinweisen.

Fordert das Jobcenter im Rahmen der Mitwirkungspflicht von Bürgergeldempfängern die Vorlage von Kontoauszügen, muss es – gesondert – darauf hinweisen, dass die Möglichkeit der Schwärzung Schwärzung (zu § 67 Abs. 12 i.V.m. § 67a Abs. 1 Satz 2 SGB X vgl. bereits BSG v. 19.09.2008 – B 14 AS 45/07 R – ) besteht.

Fehlt dieser gesonderte Hinweis des Jobcenters, ist bei Versagung des Bürgergeldes der Bescheid rechtswidrig!