Bürgergeld: Keine Saldierung von Einnahmen und Verlusten aus mehreren Gewerbebetrieben

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Das LSG Sachsen teilt die Auffassung des Bundessozialgerichts, dass im Bereich des SGB II seit Einführung des § 3 Alg II-V a.F. (einkommens-)steuerliche Regelungen bzw. Gesichtspunkte für die Berücksichtigung von Erwerbseinkommen keine Rolle mehr spielen.

Kein horizontaler Verlustausgleich bei Einkommen aus zwei Gewerbebetrieben

Darüber hinaus ist im Bereich des SGB II eine Saldierung von Einnahmen und Verlusten aus mehreren Gewerbebetrieben nicht zulässig (kein „horizontaler Verlustausgleich“; vgl. BSG, Urteil vom 17. Februar 2016 – B 4 AS 17/15 R – ).

Dabei ist nicht entscheidend, ob gewerberechtlich ein oder mehrere Gewerbebetriebe vorliegen.

Denn maßgeblich ist die materielle Beurteilung, ob die Einnahmen aus einer bestimmten Tätigkeit mit den geltend gemachten Ausgaben zusammenhängen. Es muss ein klar erkennbarer Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und den Einnahmen bestehen.

Nur soweit dies der Fall ist, kommt eine Saldierung in Betracht.

Besteht hingegen kein sachlicher Zusammenhang zwischen Einnahmen und Ausgaben, scheidet eine Saldierung ebenso aus wie bei auch formal getrennten Tätigkeiten (vgl. BSG, Urteil vom 19. März 2020 – B 4 AS 1/20 R – ).

Weiterhin gibt der 2. Senat des LSG Sachsen bekannt:
Selbst gebildete Rückstellungen aus den aktuellen Betriebseinnahmen zur Begleichung von lediglich möglichen, dh noch nicht fälligen, Rückforderungen dieser Einnahmen (hier: Provisionen) sind keine Betriebsausgaben und daher im SGB II nicht gewinnmindernd zu berücksichtigen.

Ein Abzug von Rückstellungen, also fiktiven Abzügen ist nicht möglich

Selbständig Erwerbstätige sind bei Anwendung der Einkommensregelungen des SGB II nur insofern privilegiert, dass sie aktuelle Zahlungsverpflichtungen (etwa gegenüber Lieferanten) von den Einnahmen (und zwar über den gesamten Bewilligungszeitraum hinweg) absetzen können, soweit solche Ausgaben für die Führung des Gewerbes notwendig sind.

Demgegenüber muss der nichtselbständige Hilfebedürftige sein Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden, wenn er sich dadurch außerstande setzt, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen.

Allerdings knüpft der Verordnungsgeber auch im Rahmen des § 3 Abs. 1 und 2 Alg II-V a.F. ausdrücklich an das Zuflussprinzip an, das im SGB II vorgegeben ist.

Es werden deshalb einerseits nur im Bewilligungszeitraum tatsächlich erzielte Einnahmen berücksichtigt. Andererseits sind aber auch nur die in diesem Zeitraum tatsächlich erbrachten Aufwendungen absetzbar.

So wird gewährleistet, dass auch bei Selbständigen die Einkünfte zur Bedarfsdeckung herangezogen werden, die im Bewilligungszeitraum tatsächlich zur Verfügung standen (vgl. BSG, Urteil vom 22. August 2013 – B 14 AS 1/13 R – ).

Darum hat ein Abzug von Rückstellungen, also fiktiven Abzügen, nicht zu erfolgen.

Praxistipp:

LSG NRW, Urt. v. 15.11.2016 – L 2 AS 993/16 – rechtskräftig – bestätigt durch BSG, Beschluss v. 03.07.2017 – B 14 AS 15/17 B –

Im SGB II erfolgt keine Saldierung von Einnahmen und Verlusten aus mehreren Gewerbebetrieben

ebenso: LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 26. Februar 2014 – L 18 AS 2232/11 – ; SG Stade, Gerichtsbescheid vom 02.10.2014 – S 32 AS 289/14 –