Bürgergeld-Leistungsberechtigte haben Anspruch auf Übernahme der vollen Kosten für die ärztliche Bescheinigung. Verlangt das Jobcenter bei der Beantragung des Mehrbedarfs für Ernährung ein ärztliches Attest, muss es auch die tatsächlichen Kosten dafür übernehmen und nicht nur 5,36 €, so die Fachliche Weisung der Agentur für Arbeit zu § 21 SGB 2.
Anspruchsgrundlage für die Übernahme der Kosten in Höhe von insgesamt 17,13 € ist § 21 Abs. 3 Satz 4 SGB X in Verbindung mit § 670 BGB in entsprechender Anwendung.
Macht der Beauftragte zur Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er den Umständen nach für erforderlich halten darf, so ist der Auftraggeber nach § 670 BGB zum Ersatz verpflichtet. Entschieden und geurteilt vom SG Braunschweig, Urteil vom 13.01.2016 – S 17 AS 3211/12.
Praxistipp
Dieser Auffassung nicht folgend:
SG Gießen, Urteil v. 09.11.2016 – S 25 AS 609/14 – Berufung zugelassen und SG Magdeburg, Urt. v. 02.09.2021 – S 7 AS 940/17 – Berufung zugelassen
Pauschaler Ersatz von 5,36 EUR für ein ärztliches Attest nicht rechtswidrig.
Es ist nicht unangemessen, den Antragstellern die geringen darüber hinausgehenden Kosten aufzubürden ( a. A. SG Braunschweig vom 13. Januar 2016 – S 17 AS 3111/12 ).
Die Weisung der Bundesagentur für Arbeit zur Begrenzung der übernahmefähigen Aufwendungen und die damit verbundene Vorgehensweise zur Einholung einer ärztlichen Bescheinigung durch das dafür vorgesehene Formular ist rechtmäßig.
Berufung zugelassen
Die Frage, ob die Weisung der Bundesagentur für Arbeit zur Begrenzung der übernahmefähigen Aufwendungen und die damit verbundene Vorgehensweise zur Einholung einer ärztlichen Bescheinigung durch das dafür vorgesehene Formular rechtswidrig (so wohl SG Braunschweig vom 13. Januar 2016 – S 17 AS 3111/12 -) oder – wie hier vertreten – rechtmäßig ist, grundsätzliche Bedeutung hat.
Hinweis Kurzkommentar von Harald Thomé zu SG Braunschweig:
Die ärztliche Bescheinigung zum Nachweis der Krankenkost wird vom Amt gefordert und stellt somit ein Beweismittel im Sinne des § 21 SGB X da.
Die Behörde hätte im Rahmen des Amtsermittlungsprinzips von sich aus einen Untersuchungsauftrag rausgeben (§§ 20 SGB X, § 103 SGG; BSG v. 24.02.2011 – B 14 AS 49/10 R, BSG v. 14.02.2013 – B 14 AS 48/12 R).
Die vom Antragssteller beigebrachte Bescheinigung ist als nachträglich notwendig anzuerkennende Untersuchung im Sinne von § 65a Abs. 2 SGB I anzuerkennen.
Ansonsten sagt auch das SG Braunschweig, das diese Kosten entsprechend des Bestellerprinzips nach BGB zu übernehmen sind.
Eine solche Entscheidung des SG Magdeburg ist nicht nachzuvollziehen und verstößt zumindest auch gegen § 2 Abs. 2 SGB I.
Schlusswort Detlef Brock
Wollt ihr hier die tatsächlichen Kosten für die ärztliche Bescheinigung vom Jobcenter bekommen, bleibt Euch nur der Widerspruch und Klageweg.
Höchst richterliche Entscheidungen zu diesem Thema gibt es bisher nicht.
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors
Detlef Brock ist Redakteur bei Gegen-Hartz.de und beim Sozialverein Tacheles e.V. Bekannt ist er aus dem Sozialticker und später aus dem Forum von Tacheles unter dem Namen “Willi2”. Er erstellt einmal wöchentlich den Rechtsticker bei Tacheles. Sein Wissen zum Sozialrecht hat er sich autodidaktisch seit nunmehr 17 Jahren angeeignet.