Der Sohn eines verstorbenen Bürgergeld-Beziehers muss 1.468 Euro an das Jobcenter zurückzahlen. Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt entschied: Nur die verstorbene Person hatte Anspruch auf die Leistung.
Erben haften für zu viel gezahltes Geld, auch wenn sie es bereits für Miete, Strom oder Beerdigung ausgegeben haben. Vertrauensschutz greift nur, wenn die Zahlungen objektiv plausibel erscheinen – das war hier nicht der Fall.
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Erben in der Pflicht: Warum das Jobcenter Geld zurückfordert
Stirbt eine leistungsberechtigte Person, endet ihr Anspruch auf Bürgergeld sofort. Gehen dennoch Zahlungen auf das Konto des Verstorbenen ein, bewertet die Behörde diese Beträge als „Leistung ohne Rechtsgrund“. § 50 Sozialgesetzbuch X verpflichtet das Jobcenter, irrtümlich überwiesene Summen einzuziehen.
Weil Angehörige nach § 1922 Bürgerliches Gesetzbuch sämtliche Rechte und Pflichten des Erblassers übernehmen, richtet sich die Rückforderung automatisch an sie.
Der Streitfall im Überblick
Der Vater des Klägers starb 2016. Das Jobcenter überwies noch zwei Monate lang Regelsatz und Mehrbedarfe. Nachdem der Sohn den Sterbefall meldete, verlangte die Behörde 1.468 Euro zurück. Der Kläger verweigerte die Zahlung. Begründung:
- Er habe erst mit dem Erbschein Zugriff aufs Konto erhalten.
- Das Geld sei bereits für laufende Kosten und die Bestattung verbraucht gewesen.
Was der Sohn vor Gericht anführte
Der Erbe argumentierte, er sei nicht bereichert worden. Zudem habe er darauf vertrauen dürfen, dass die Eingänge korrekt waren. Für alltägliche Ausgaben wie Miete oder Strom müsse er nicht jede Buchung hinterfragen.
LSG Sachsen-Anhalt: Kein Anspruch, keine Ausnahme
Das Landessozialgericht wies die Klage ab. Entscheidend für die Richter war:
Der Leistungsanspruch endet mit dem Tod. Überweisungen nach diesem Zeitpunkt sind eindeutig rechtswidrig. Deshalb durfte das Jobcenter den Betrag in voller Höhe zurückfordern. (Az: L 5 AS 514/22)
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Bescheid prüfenWarum Vertrauensschutz hier nicht hilft
Der sogenannte Vertrauensschutz schützt Bürgergeld-Bezieher nur, wenn sie auf die Rechtmäßigkeit einer Zahlung vertrauen durften. Laut Urteil hätte der Sohn jedoch erkennen können, dass Leistungen nach dem Tod unbegründet sind. Dass er das Geld bereits ausgegeben hatte, änderte nichts. Die zivilrechtliche Einrede der Entreicherung gilt im Sozialrecht nicht.
Rechtlicher Hintergrund kompakt
- § 1922 BGB: Erben übernehmen Vermögen und Schulden.
- § 50 SGB X: Behörden müssen zu viel gezahlte Sozialleistungen erstatten lassen.
- § 44 SGB II (Bürgergeld): Ansprüche enden mit dem Tod.
Praxis-Check: Wie Sie Rückforderungen vermeiden
Behalten Sie Ihr Bankkonto im Blick, wenn Angehörige Bürgergeld beziehen. Prüfen Sie nach einem Sterbefall jede eingehende Zahlung.
- Melden Sie das Ableben sofort schriftlich beim Jobcenter.
- Überweisen Sie irrtümliche Beträge umgehend zurück oder informieren Sie die Sachbearbeitung.
Wann lohnt sich eine Anfechtung?
Ein Widerspruch kann Erfolg haben, wenn
- das Jobcenter trotz fristgerechter Meldung weiterhin Zahlungen anweist, und
- Sie nachweislich nicht erkennen konnten, dass es sich um Bürgergeld handelt (etwa bei Sammelüberweisungen).
In den meisten Fällen überwiegt jedoch das öffentliche Interesse an Rückforderung.
Häufige Irrtümer von Erben
Viele glauben, Sozialleistungen würden „mitvererbt“. Tatsächlich erlischt jeder Anspruch sofort. Ebenfalls falsch: „Verbrauchtes Geld muss ich nicht ersetzen.“ Die Rechtsprechung macht klar, dass die Kasse nicht auf Entreicherung verzichten darf.
So reagieren Sie richtig
Sie können freiwillig eine Ratenzahlung vereinbaren. Das Jobcenter zeigt sich bei einmaligen Überzahlungen oft flexibel, solange Sie aktiv kooperieren. Warten Sie jedoch ab, drohen Zwangsvollstreckung und Säumniszuschläge.
Bedeutung des Urteils für alle Bürgergeld-Haushalte
Das LSG-Urteil betont die Sorgfaltspflicht von Erben und die strikte Anwendung sozialrechtlicher Rückzahlungsnormen. Für Betroffene heißt das: Jede ungeklärte Zahlung kann zur Schuldenfalle werden. Wer zeitnah kommuniziert, vermeidet lange Verfahren und Mahngebühren.
Handeln schützt vor Schulden
Sie profitieren, wenn Sie sich sofort an das Jobcenter wenden, sobald ein Leistungsbezieher verstirbt. So verhindern Sie Rückforderungen und schonen Ihr Erbe.