Die finanzielle Situation von Bürgergeld-Empfängern ist häufig sehr angespannt. Der Regelsatz ist knapp bemessen und lässt kaum Spielraum für unvorhergesehene Ausgaben.
Die meisten Betroffenen haben keine Möglichkeit, Rücklagen zu bilden, um unerwartete Kosten, wie den Ersatz einer defekten Waschmaschine, zu decken.
Dieses Problem wird anhand eines konkreten Falls eines Leistungsbeziehenden aus Kiel deutlich, der sich eine neue Waschmaschine nicht leisten konnte und auf Unterstützung des Jobcenters angewiesen war.
Warum reicht der Regelsatz nicht aus?
Der Regelsatz des Bürgergelds sieht zwar einen Betrag vor, der für den Ersatz von defekten Haushaltsgeräten wie Waschmaschinen vorgesehen ist, doch dieser Betrag ist viel zu gering.
Im konkreten Fall müsste der Mann aus Kiel 21 Jahre lang sparen, um sich eine neue Waschmaschine leisten zu können. Der monatliche Betrag von 1,60 EUR, der im Regelsatz enthalten ist, ist völlig unzureichend, um größere Anschaffungen zu finanzieren.
Was ist ein Mehrbedarf und wann besteht ein Anspruch darauf?
Ein Mehrbedarf bezeichnet Ausgaben, die über den Regelsatz hinausgehen und im Rahmen des Bürgergelds als notwendige Kosten anerkannt werden können. Dazu gehören unabweisbare, besondere Bedarfe, die nicht aufgeschoben werden können.
Im Fall des Kieler Mannes wurde ein Mehrbedarf in Höhe von 389 EUR für die Anschaffung einer neuen Waschmaschine sowie knapp 30 EUR für die Versandkosten beantragt. Diese Ausgaben waren notwendig, da die Nutzung eines Waschsalons keine wirtschaftlich sinnvolle Alternative darstellt.
Die Kosten für einen Waschgang liegen zwischen 4 und 9 EUR und übersteigen den im Regelsatz vorgesehenen Betrag bei Weitem.
Wie hat das Sozialgericht Kiel entschieden?
Das Sozialgericht Kiel hat zugunsten des Mannes entschieden und das Jobcenter dazu verpflichtet, die Kosten für die neue Waschmaschine zu übernehmen.
Das Gericht erkannte die Notwendigkeit der Anschaffung an und befand, dass die Argumentation des Jobcenters, 21 Jahre sparen zu müssen, um eine Waschmaschine kaufen zu können, unzumutbar sei. Das Urteil trägt das Aktenzeichen SG Kiel, S 35 AS 35/22.
Wichtig: Gegen das Urteil wurde Berufung beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegt (Aktenzeichen L 6 AS 41/23)!
Was können Bürgergeld-Empfänger tun, wenn ihre Anträge abgelehnt werden?
Es kommt immer wieder vor, dass Jobcenter Anträge auf Mehrbedarf ablehnen, obwohl ein unabweisbarer Bedarf besteht. In solchen Fällen ist es ratsam, den Ablehnungsbescheid anwaltlich prüfen zu lassen. Eine rechtliche Überprüfung kann dazu führen, dass Fehler in der Beurteilung durch das Jobcenter erkannt und korrigiert werden.
Welche Bedeutung hat das Urteil des SG Kiel für andere Bürgergeld-Betroffene?
Das Urteil des Sozialgerichts Kiel hat Signalwirkung für andere Bürgergeld-Bezieher. Es zeigt, dass es sich lohnt, gegen unrechtmäßige Entscheidungen des Jobcenters vorzugehen und seine Rechte einzufordern.