Bürgergeld: Abgeschlossene private Rentensicherung anrechnungsfrei

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Das Jobcenter meint: Der Kläger sei nicht hilfebedürftig, da sein zu berücksichtigendes Vermögen aus der Rentenversicherung bereits einen Rückkaufswert von 40.019,24 EUR aufweise. Zusammen mit dem Girokonto mit einem Guthaben von ca. 3.800 EUR sei der Vermögensfreibetrag von 40.000 EUR überschritten und somit sei der Antragsteller – nicht hilfebedürftig nach dem Bürgergeld.

Dem ist das Gericht in Bayern aber nicht gefolgt und hat das Jobcenter – wieder mal – eines besseren belehrt!

Eine Private Rentenversicherung mit einer Laufzeit von 25 Jahren, welche der Versorgung im Alter dient und die vereinbarte Auszahlung erst mit dem 65. Lebensjahr erfolgt, dient der Altersvorsorge und darf vom Jobcenter nicht als Vermögen berücksichtigt werden ( bekanntgegeben am heutigem Tage vom SG Landshut, Urteil v. 31.01.2025 – S 11 AS 160/23 -).

Die private Rentenversicherung ist nicht als Vermögen zu berücksichtigen, da sie als Altersvorsorge von der Vermögensanrechnung freigestellt ist ( § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Halbsatz 1 SGB II ).

Versicherungsverträge, die der Altersvorsorge dienen kein zu berücksichtigendes Vermögen

Versicherungsverträge, die der Altersvorsorge dienen, sind von der Vermögensanrechnung ausgenommen. Diese Regelung kann als Novum im SGB II bezeichnet werden, da sie in dieser Form keine Entsprechung in anderen Rechtsquellen findet.

In der Gesetzesbegründung wird auf eine Praxis der Bundesagentur für Arbeit (BA) aus der Covid-19-Pandemie verwiesen, nach der Leistungsberechtigte Versicherungsverträge, die der Altersvorsorge dienen, nicht als Vermögen einzusetzen hatten.

Weisungen der BA zu den Sozialschutz-Paketen – typische Altersvorsorgeprodukte wie Kapitallebens- oder -rentenversicherungen anrechnungsfrei

Gemäß den Weisungen der BA zu den Sozialschutz-Paketen waren – typische Altersvorsorgeprodukte wie Kapitallebens- oder -rentenversicherungen nicht in die Prüfung einzubeziehen.

Im Gegensatz zu § 12 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 Hs. 1 stellt Nr. 3 Hs. 1 SGB II nicht darauf ab, dass die Vermögensgegenstände als für die Altersvorsorge bestimmt bezeichnet werden

Verlangt wird, dass die infrage kommenden Versicherungsverträge „für die Altersvorsorge bestimmt“ sind. Auf der Tatbestandsebene ist festzuhalten, dass das Gesetz keine weiteren Einschränkungen vorsieht!

Nur die Zweckbestimmung zählt

Ein Verwertungsausschluss nach § 168 Abs. 3 VVG kann daher nicht verlangt werden. Ebenso wenig enthält das Gesetz ein Erfordernis, dass die Versicherungsverträge als Altersvorsorge nach Bundesrecht gefördert werden müssen ( ebenso (SG B-Stadt, Beschluss vom 4. Dezember 2024 – S 11 AS 347/24 ER – ).

Eine Zweckbestimmung kann nach der Praxis der BA z.B. bei Kapitallebens- oder Rentenversicherungen vorliegen

Entscheidend ist der Versorgungszweck. Die Versicherung muss der Versorgung im Alter dienen, also der Sicherung des Lebensstandards nach dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben. Dieser Versorgungszweck kann sich aus der vereinbarten Laufzeit ergeben; er liegt vor, wenn der Leistungsbeginn auf ein Alter festgelegt ist, das typischerweise das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben markiert.

Absicherungen für Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung – stellen keine Altersvorsorge dar

Andere Absicherungen, wie z. B. die Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung, stellen keine Altersvorsorge dar

Fazit

Bei einer vor Jahrzehnten abgeschlossenen privaten Rentenversicherung müssten besondere Umstände ersichtlich sein, um die Zweckbestimmung in Frage zu stellen. Solche sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Eine Vertragslaufzeit von über 20 Jahren spricht eindeutig für die Zweckbestimmung „Altersvorsorge“.!

Praxistipp

SG Landshut, Beschluss vom 04.12.2024 – S 11 AS 347/24 ER –

Eine Kapitallebensversicherung mit einer Laufzeit von 30 Jahren, welche der Versorgung im Alter dient und die vereinbarte Auszahlung erst mit dem 60. Lebensjahr erfolgt, dient der Altersvorsorge und darf vom Jobcenter nicht als Vermögen berücksichtigt werden.