Organisiert eine Ordnungsbehörde die Bestattung einer verstorbenen mittellosen Person in einer Urnengemeinschaftsanlage, sind die hierfür angefallenen Kosten als „angemessen“ anzusehen. Einer zur Bestattung eigentlich verpflichteten Grundsicherungsempfängerin kann dann vom Sozialhilfeträger nicht vorgehalten werden, dass sie nur die Kostenübernahme für eine fiktive günstigere Urnenreihengrabstätte verlangen kann, entschied das Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt in Halle in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 26. August 2025 (Az.: L 8 SO 31/23).
Die 1966 geborene Klägerin lebte seit Juli 2015 von ihrem Ehemann getrennt. Seit 2017 erhielt sie Hartz-IV-Leistungen, das heutige Bürgergeld. Ihr Ehemann stand bereits seit 2005 durchgehend im Leistungsbezug. Dieser hat einen Sohn mit unbekanntem Aufenthalt sowie eine Tochter.
Bei Sozialhilfe-Träger Übernahme der Kosten beantragt
Als der Mann im Januar 2018 starb, forderte die Ordnungsbehörde die Ehefrau als „Bestattungspflichtige“ auf, die Bestattung ihres Mannes zu veranlassen. Andernfalls werde die Stadt selbst die Bestattung vornehmen und von ihr die Kosten von knapp 2.200 Euro einfordern.
Als die Klägerin dem nicht nachkam, wurde der Verstorbene auf Veranlassung der Stadt am 1. Februar 2018 in einer anonymen Urnengemeinschaftsanlage bestattet. Hierfür fielen 889 Euro an. Das Bestattungsinstitut verlangte von der Stadt weitere 1.359 Euro, in der unter anderem die Kosten für die Einäscherung und die Beisetzung enthalten waren.
Kurz zuvor hatte die Klägerin vom Sozialhilfeträger die Übernahme der Bestattungskosten beantragt. Sie habe von ihrem Ehemann getrennt gelebt und die Scheidung eingereicht. Das Erbe ihres Ehemannes hatte sie ebenso wie dessen Tochter ausgeschlagen.
Von der Deutschen Rentenversicherung erhielt die Frau eine „große Witwenrente“ bewilligt, die das Jobcenter teilweise mindernd auf die Hartz-IV-Leistungen anrechnete. Im sogenannten „Sterbevierteljahr“, die ersten drei Kalendermonate nach dem Tod des Verstorbenen, wurde die Witwenrente vom Rentenversicherungsträger in voller Höhe ausgezahlt.
Der Sozialhilfeträger wollte nur einen Teil der Bestattungskosten übernehmen. Die Klägerin habe von der Rentenversicherung im „Sterbevierteljahr“ einen „Witwenvorschuss“ auf ihre große Witwenrente in Höhe von 662 Euro erhalten. Dieses Geld müsse für die Bestattungskosten eingesetzt werden.
Schließlich könne sie nur die Erstattung für die angemessene günstigste Beisetzung in einer Urnenreihengrabstätte verlangen, hier 350 Euro. Letztlich erklärte sich der Sozialhilfeträger bereit, 1.169 Euro zu übernehmen.
LSG Halle: Bestattung durch Ordnungsbehörde gilt als „angemessen“
Das LSG urteilte, dass der Klägerin weitere 935 Euro zustehen. Allerdings sei die Ehefrau unabhängig von ihrer Erbenstellung und ihres Scheidungsantrags zur Bestattung verpflichtet. Komme ein Ehegatte dem nicht nach, müsse die Ordnungsbehörde einschreiten.
Bei Mittellosigkeit des Bestattungspflichtigen müsse der Sozialhilfeträger die Kosten für eine „ortsübliche, angemessene Bestattung“ übernehmen. Hierzu zählten etwa die Leichenschau, Kosten für den Sarg oder die Urne und für ein „einfaches Urnen-Reihengrab“.
Habe die Ordnungsbehörde jedoch die Bestattung in einer teureren Urnengemeinschaftsanlage veranlasst, seien diese Kosten „angemessen“ und von der Sozialhilfe zu übernehmen. Fiktive Kosten für eine günstigere Bestattung seien dann nicht heranzuziehen.
Für Grundsicherungsempfänger sei es zudem regelmäßig unzumutbar, dass sie die Bestattungskosten aus ihren Leistungen für den Lebensunterhalt bezahlen. Auch diene der „Sterbevierteljahr-Bonus“, also die volle große Witwenrente in den ersten drei Monaten, nicht dem Zweck, die Bestattungskosten zu begleichen.
Dieses Einkommen sei erst dann auf die Sozialhilfeleistung mindernd anzurechnen, wenn die Einkommensgrenze, der zweifache Regelsatz für Alleinstehende plus die angemessenen Unterkunftskosten plus einen möglichen Familienzuschlag überschritten wird.
Die Übernahme der Bestattungskosten sei aber einem Ehegatten nicht zuzumuten, wenn er von diesem getrennt gelebt und das einzusetzende Einkommen die Einkommensgrenze nur geringfügig überschritten hat. Dies sei hier der Fall gewesen, so das LSG. fle