Das Elterngeld Plus bleibt bei längerer Krankheit auch während der sogenannten Bonusmonate in voller Höhe erhalten. Für den Anspruch reicht es aus, wenn das Arbeitsverhältnis fortbesteht und die Arbeit später voraussichtlich wieder aufgenommen wird, urteilte am Donnerstag, 7. September 2023, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 10 EG 2/22 R). Es stellte sich damit gegen eine Weisung des Bundesfamilienministeriums.
Strittig waren die Bonusmonate
Das Elterngeld Plus soll Paare unterstützen, bei denen sich beide Elternteile Zeit für ihr Kind nehmen sollen. Deshalb dürfen nach geltendem Recht beide Eltern maximal 32 Stunden pro Woche erwerbstätig sein. Die Leistungen sind halb so hoch wie das reguläre Elterngeld, werden aber doppelt so lange gezahlt. Hinzu kommen bis zu vier Monate „Partnerschaftsbonus“, wenn beide Elternteile jeweils zwischen 24 und 32 Wochenstunden erwerbstätig sind. Damit soll eine partnerschaftliche Aufteilung auch der Erwerbsarbeit unterstützt werden.
Streitig sind die Bonusmonate nach altem Recht. Der Mann hatte seine Arbeitszeit auf 30 Stunden pro Woche reduziert, die Frau arbeitete 25 Stunden pro Woche. Nach einigen Tagen im ersten Bonusmonat verletzte sich der Mann schwer am Knie. Er verbrachte vier Tage im Krankenhaus, wo er am Meniskus operiert wurde.
Danach war er dreieinhalb Monate krank. Nach Ablauf der sechswöchigen Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber erhielt er Krankengeld von seiner Krankenkasse.
Nach einer Weisung des Bundesfamilienministeriums endet in solchen Fällen der Anspruch auf Elterngeld Plus mit dem Ende der Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber. Entsprechend forderte die Elterngeldstelle in diesem Fall überzahlte Leistungen zurück. Der Mann sei nicht mehr „erwerbstätig“ gewesen.
Das BSG hatte bereits entschieden, dass – wie beim regulären Elterngeld – auch beim Elterngeld Plus das Krankengeld teilweise anzurechnen ist (Urteil Az.: B 10 EG 3/20 R).
Zudem führt eine längere Erkrankung auch während der Bonusmonate nicht zum Verlust oder zur weiteren Kürzung des Elterngeld Plus, entschieden die obersten Sozialrichter in ihrem neuen Urteil.
BSG: Fortbestand des Arbeitsverhältnisses entscheidend
Zur Begründung verwiesen sie insbesondere auf den Zweck der Leistung, teilzeitbeschäftigte Eltern wirtschaftlich abzusichern. Dem widerspreche es, wenn das Elterngeld Plus bei unvorhersehbaren Ereignissen wie Krankheit entfalle. Insbesondere der Anreiz für die Partnermonate wäre dann deutlich geringer.
Zwar gebe es keine gesetzliche Definition des Begriffs „erwerbstätig“. Nach allgemeinem Wortverständnis würden aber auch Personen, die wegen Krankheit oder Urlaub nicht erwerbstätig sind, weiterhin als „erwerbstätig“ gelten.
Ein anderes Verständnis würde zudem zu einer Ungleichbehandlung von Selbständigen führen, die keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung haben. Denn schon ein einziger Tag der Arbeitsunfähigkeit könnte dann zum Verlust des Anspruchs auf Elterngeld Plus für einen Monat führen, früher sogar für alle vier Bonusmonate.
Weisung des Bundesfamilienministeriums nicht bindend
Die anders lautende Weisung des Bundesfamilienministeriums sei für die Sozialgerichte nicht bindend, betonte das BSG. Es stellte auch klar, dass es dem Anspruch im vorliegenden Fall nicht entgegenstehe, dass der Mann während seines Krankenhausaufenthaltes vier Tage lang nicht zur Betreuung des Kindes beitragen konnte. mwo/fle