Eine Ehe von 25 Jahren ist nur scheinbar eine Grundlage für den Anspruch auf eine betriebliche Witwenrente – denn in einem aktuellen Fall vor dem Arbeitsgericht Hamburg wurde genau dieser Anspruch verweigert. Die Witwe, die um ihre Rechte kämpfte, blieb ohne Erfolg.
Der Grund: Eine Klausel im Versorgungswerk des Arbeitgebers, die eine Mindestdauer der Ehe von fünf Jahren zum Zeitpunkt des Rentenbeginns des verstorbenen Ehepartners vorschreibt.
Der Fall im Überblick: Was war passiert?
Die Klägerin war 25 Jahre mit ihrem Mann verheiratet, bevor dieser verstarb. Dennoch lehnte der Arbeitgeber ihren Antrag auf eine betriebliche Witwenrente ab. Ausschlaggebend war die Regelung, dass die Ehe zum Zeitpunkt des Ruhestandes des verstorbenen Ehemanns mindestens fünf Jahre bestanden haben muss. Da der Ehemann drei Jahre nach der Eheschließung in den Ruhestand gegangen war, wurde die Mindestdauer nicht erreicht.
Diese Regelung führte dazu, dass die Witwe keine Ansprüche auf die Hinterbliebenenversorgung geltend machen konnte – trotz der langen Ehe und des tragischen Verlustes.
Ist eine solche Regelung rechtlich zulässig?
Das Arbeitsgericht Hamburg urteilte zugunsten des Arbeitgebers. Die Begründung: Die Fünf-Jahres-Klausel sei eine sachlich gerechtfertigte Regelung. Sie dient dem Ziel, finanzielle Risiken für den Arbeitgeber zu begrenzen und die betriebliche Altersversorgung planbar zu machen. Das Gericht wies zudem den Vorwurf der Diskriminierung zurück, da die Regelung geschlechtsneutral sei und gleichermaßen für Männer wie Frauen gelte.
Welche Rolle spielt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG)?
Die Klägerin stützte ihre Argumentation unter anderem auf das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sowie auf europäische Diskriminierungsverbote.
Ihrer Ansicht nach benachteilige die Regelung insbesondere Frauen, da diese häufiger von Hinterbliebenenregelungen abhängig seien. Das Gericht folgte dieser Argumentation jedoch nicht. Es bewertete die Fünf-Jahres-Klausel als zulässige Einschränkung, die nicht gegen das Diskriminierungsverbot verstoße.
Warum existieren solche Klauseln in Versorgungswerken?
Im betrieblichen Rentenrecht sind Klauseln wie die hier diskutierte keine Seltenheit. Sie zielen darauf ab, die finanziellen Belastungen für Arbeitgeber kalkulierbar zu halten.
Da betriebliche Hinterbliebenenrenten oft langfristige Zahlungsverpflichtungen mit sich bringen, setzen viele Arbeitgeber klare Kriterien, um die Zahlungen zu begrenzen. Die Fünf-Jahres-Regelung ist dabei ein gängiges Mittel, um eine Balance zwischen den Ansprüchen der Arbeitnehmer und der wirtschaftlichen Planbarkeit für Unternehmen zu schaffen.
Welche Konsequenzen hat dieses Urteil?
Das Urteil verdeutlicht, dass betriebliche Regelungen zur Alters- und Hinterbliebenenversorgung rechtlich Bestand haben können, auch wenn sie in Einzelfällen als ungerecht empfunden werden. Betroffene Ehepartner sollten sich frühzeitig über die Bedingungen von Versorgungswerken informieren, insbesondere bei kurzen Ehen oder wenn ein Ehepartner bereits im Ruhestand ist.
Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg unter dem Aktenzeichen 4 Ca 313/22 vom 13. April 2023 wird sicherlich für Diskussionen sorgen – nicht zuletzt, weil sie die Frage aufwirft, inwieweit solche Klauseln mit den Prinzipien von Gerechtigkeit und Gleichbehandlung vereinbar sind.
Fall mit Signalwirkung
Das Urteil zeigt, wie wichtig es ist, die Feinheiten von Versorgungsregelungen zu kennen. Arbeitnehmer sollten ihre Rechte und Pflichten genau prüfen und gegebenenfalls frühzeitig Beratung durch Experten in Anspruch nehmen.
Für die Klägerin bleibt das Urteil sicherlich ein harter Schlag, doch es macht zugleich deutlich, wie komplex die rechtliche Lage im Bereich der betrieblichen Altersversorgung ist. Wer sich absichern will, sollte sich nicht allein auf die Ehejahre verlassen, sondern die vertraglichen Details genau studieren.
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