Warum derart viele Hartz IV Bezieher AfD gewählt haben

Lesedauer 3 Minuten

Studie zeigt, warum in Ostdeutschland viele Hartz IV Bezieher die AfD gewählt haben

In den Parteizentralen von SPD und LINKEN herrscht Ratlosigkeit. Warum wählen so viele Menschen, für die man sich eigentlich als Lobby sieht, die rechte AfD? An dem Programm kann es nicht liegen, will doch die AfD den Sozialstaat radikal abbauen und die Arbeitslosenversicherung privatisieren. Eine Studie des Evangelischen Fachverbands für Arbeit und soziale Integration hat eine kleine Studie unternommen, um die wahren Gründen herauszufinden. Mit interessanten Ergebnissen.

Etwa 41 bzw. 43 Prozent der Erwerbsosen haben im September bei den Wahlen in Sachsen und Brandenburg ihre Stimme der rechten Alternative für Deutschland (AfD) gegeben. Doch was treibt so viele Hartz IV und Arbeitslosengeld 1 Bezieher an, die AfD zu wählen? Das Soziale kann es nicht sein, wenn man in das Wahlprogramm schaut. Eine Studie des Evangelischen Fachverbands für Arbeit und soziale Integration sowie der Diakonie in Bayern konnten den Gründen nachgehen. Als Hauptresultat gaben die Studienautoren an, dass sich die Menschen von der Politik im Stich gelassen fühlen. Die Menschen fühlen sich ausgegrenzt und in ihrem Schicksal allein gelassen.

Hartz IV Bezieher teilen keine extremen Positionen

Obwohl viele die AfD wählen, neigen die meisten Menschen laut eigener Aussagen “nicht zu populistischen oder extremen Positionen”. Die AfD wird dabei eher als Ventil und Protest gesehen und als solche benutzt. Das Programm der Partei steht dabei nicht so sehr im Mittelpunkt.

Im Rahmen der Studie wurden 70 Erwerbslose in Brandenburg und Sachsen befragt. Die Teilnehmer zeichneten in ihren Antworten ein “pessimistisches Bild von der sozialen und gesellschaftlichen Situation in Deutschland”. Es gebe Desintegrationsprozesse und Verteilungskämpfe, die Ostdeutsche härter treffen als Menschen in der alten Bundesrepublik.

Zwar ist die vorgestellte Studie bei weitem nicht repräsentativ, doch sie sei laut dem Leiter der Studie, Prof. Franz Schultheis, “eine ganz besondere”. Die Befragungen seien “auf Augenhöhe” geführt worden. Die Befragten wurden dabei selbst zu Forschenden und befragten andere Teilnehmer, warum sie zur Wahl gehen und warum sie wen gewählt haben. So seien echte Dialoge entstanden, aus denen die Ergebnisse entstammen. Franz Schultheis sagte bei Vorstellung der Studie: Die Auswertung zeigt, dass das, “was man das Existenzminimum nennt, in Wirklichkeit keine menschenwürdige Existenz erlaubt, Menschen nicht integriert, sondern in Wirklichkeit sozial verwaltet und ausgrenzt”.

Erkenntnis: Hartz IV müsse rückgängig gemacht werden

Die wichtigste Erkenntnis aus der Studie müsse laut dem Soziologie Professor Schultheis sein, dass das Hartz IV System wieder rückgängig gemacht werden müsste. Die Politik müsse zudem die Menschen wieder mehr in die Gesellschaft integrieren. “Immer wieder ergebnislos nur irgendwelche Trainings absolvieren zu müssen, die einem die eigene Hilflosigkeit vor Augen führen”, das verstärke nur Hilflosigkeit, Wut und Resignation.

Auffällig wurde, dass die Menschen sich von “sozialer, politischer, ökonomischer und kultureller Teilhabe an der Gesellschaft ausgeschlossen fühlen”. Der Politik werde kaum vertraut. Eine Teilnehmerin sagte, “Ich bin nicht mehr viel wert in der Gesellschaft, weil ich keine Arbeitsstelle habe”. Ein anderer Teilnehmer, Herr M., fordert von den Politikern mehr “Redlichkeit, Anstand, Ehrlichkeit sowie “Bürgernähe”. Herr M weiter: “Ich denke, das wäre einer der wichtigsten Punkte, um die Politikverdrossenheit zu lösen, Politiker darauf festzunageln, ihre Versprechen wirklich einzuhalten. Und dass man die auch irgendwann einklagen kann!”

Grundsätzlich ein schlechtes Verhältnis zu den Parteien

Das Verhältnis zu den Parteien ist zerrüttet. So forderte der Teilnehmer Herr F., dass eine Partei entstehen müsse, die sich für die Belange von Hartz IV Beziehenden einsetzt und Koalitionsfähig ist. Andere Teilnehmer fordern mehr soziale Aspekte in der Marktwirtschaft. Argumente für die AfD? Mitnichten! Die meisten sagen: “Es gibt keine Partei, der sie Vertrauen schenken wollen”, sagte Studienleiter Schultheis.

Wer die Interviews der Studie liest, wird nicht mehr zur Tagesordnung übergehen können, betont auch Martin Tertelmann vom “Forum für Menschen am Rande”, die sich ebenfalls an der Studie beteiligten. “Er wird nach Lösungen suchen, um den Ausgegrenzten umfängliche Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen.” Diese Lösungen müssen zeinah passieren, sonst wird es ein sehr böses Erwachen geben.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

Wird geladen ... Wird geladen ...