Jobcenter definieren eine “Angemessenheitsgrenze”, bis zu der sie die Wohnkosten für Leistungsberechtigte übernehmen. Das Problem dabei ist: Die Realmieten steigen viel schneller als die “Angemessenheit” hinterher kommt.
Leistungsberechtigte werden unter das Existenzminimum gepresst
Die Folge ist: Die Ärmsten der Armen müssen die Restmiete aus dem Regelsatz herausreißen, der bereits dem Existenzminimum für Nahrung, Kleidung und Alltag entspricht.
Die Wohnkostenlücke
Besonders in Ballungsgebieten müssen Leistungsberechtigte immer öfter Miete aus dem Regelsatz mitbezahlen – bisweilen über 200 (!) Euro.
Der Hauptgrund ist der Widerspruch zwischen “angemessenen Wohnkosten” laut Sozialgesetzbuch II und den realen Mitekosten auf dem wirklichen Wohnungsmarkt.
Leistungsberechtigte werden also in bittere Not gedrückt, weil die “Angemessenheit” beim Bürgergeld nicht angemessen ist.
Aufforderung zur Senkung der Mietkosten
Jede neunte Bedarfsgemeinschaft ist betroffen
2023 musste jede neunte Bedarfsgemeinschaft beim Bürgergeld durchschnittlich 107 Euro pro Monat aus dem für das Existenzminimum vorgesehenen Regelsatz für Miete und Heizung draufzahlen, denn das Jobcenter sah die Wohnkosten als nicht angemessen an.
14 Prozent höhere Zuzahlung binnen eines Jahres
Die Höhe der Zuzahlungen erhöhte sich damit seit 2022 um 13 Euro, oder 14 Prozent. Zuvor waren es im Schnitt 94 Euro gewesen.
Diese Steigerung liegt daran, dass die Mieten schneller steigen, als beim Jobcenter die Angemessenheit justiert wird.
Anfrage bei der Bundesregierung zeigt die Lücke
Caren Lay von der Partei Die Linke stellte eine Anfrage an die Bundesregierung, ob und wieviel Leistungsberechtigte beim Bürgergeld dazu zahlen müssen, um Heizung und Miete zu decken.
Der Trend bleibt der gleiche wie in den letzten Jahren: Viele Leistungsberechtigte zwingt der Gegensatz zwischen Angemessenheits-Modell der Jobcenter und Realität dazu, den Regelsatz anzuzapfen, um nicht auf der Straße zu stehen.
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Es hagelt Kostensenkungsverfahren
Hält das Jobcenter Wohnkosten für unangemessen, dann leitet es ein Kostensenkungsverfahren ein. Die Leistungsberechtigten müssen dann entweder die Mietkosten drücken. Das ist nur selten möglich. Oder aber Sie sollen eine günstigere Wohnung finden – bei rasant steigenden Mieten ein makabrer Witz.
Wohnung oder Essen?
Es lief also bei 325.000 Bedarfsgemeinschaften 2023 darauf hinaus, die Lücke aus eigner Tasche zu zahlen nach dem Motto: Wohnung statt Brot.
Regional große Unterschiede
Die Unterschiede waren dabei groß zwischen einzelnen Kommunen, Städten und Regionen. So mussten in der Stadt Höxter 41,6 Prozent aller Haushalten von Leistungsberechtigten Miete dazu zahlen.
In Münster, ebenfalls in Nordrhein-Westfalen waren es unter vier Prozent, und in Dortmund 6,25 Prozent.
Manche zahlen über 200 Euro dazu
Im Schnitt beträgt die Zuzahlung bundesweit 107 Euro. Das müssen die Geschröpften von einem Regelsatz abziehen, der bei Alleinstehenden bei 563 Euro liegt.
In München liegt der Durchschnitt bei 215 Euro und in Berlin bei 201 Euro.
“Angemessenheit” ist unangemessen
Caren Lay fasst zusammen: „Die von den Jobcentern anerkannten Kosten für Unterkunft und Heizung sind zu gering.“