Studie zeigt: Bürgergeld-Sanktionen bringen nicht mehr Jobaufnahmen

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Das Bürgergeld versprach, im Vergleich zu Hartz IV, die Sanktionen gegen Leistungsberechtigte zu mildern und die nachhaltige Integration in den allgemeinen Arbeitsmarkt voranzutreiben. Doch das Ministerium für Arbeit und Soziales verschärfte 2024 auf Druck aus CDU / CSU und FDP die Sanktionen erneut.

Der Union reicht dies nicht einmal, sondern sie stellt unter dem Label „Neue Grundsicherung“ ein Modell vor, das die Hilfebedürftigen noch stärker unter Druck setzt. Dahinter steht die Behauptung, härtere Strafen förderten die Arbeitssuche.

Sanktionen führen nicht zur Besserung

Wie sehen die Fakten aus? Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) veröffentlichte jetzt eine Studie, die die Daten von 2018 unter die Lupe nahm, um die Wirkungen von Sanktionen zu untersuchen – also vor der Einführung des Bürgergeldes.

Die Zahlen sind eindeutig: Fast zwei von drei Menschen, die das Jobcenter sanktionierte, bekamen innerhalb eines Jahres mindestens eine weitere Sanktion. Bei 45 Prozent folgten sogar mehrere weitere Sanktionen, und im Schnitt lagen 32 Tage zwischen einer Sanktion und der nächsten.

Sanktionen hauptsächlich wegen Meldeversäumnissen

Die meisten derjenigen, deren Leistungen gekürzt wurden, lehnten keine Stellenangebote ab, sondern die große Mehrheit wurde wegen Meldeversäumnissen bestraft.

Die Statistik zeigt glasklar, dass die Sanktionen nicht zu verstärkter (Erwerbs-) Beschäftigung führten. So waren ein Jahr nach der Sanktion 73 Prozent der Betroffenen nach wie vor im Leistungsbezug und nicht beschäftigt.

Arbeitssuche nur ein geringer Prozentsatz

Die an der Studie beteiligte Forscherin Julia Schmidtke erläutert: „Der kleinere Teil der Sanktionsereignisse geht mit einer späteren Beschäftigungsaufnahme einher.“ Sie führt aus: „Dies ist wenig überraschend, da die Mehrzahl der Sanktionsereignisse Meldeversäumnisse betrifft.“

Experte sagt: Sanktionierung kein Heilmittel

Der IAB-Direktor Bernd Fitzenberger schließt: „Eine verstärkte Sanktionierung ist kein Allheilmittel, um Beschäftigungsaufnahmen sicherzustellen. Gleichzeitig deuten die hohe Wiederholungsrate von Sanktionsereignissen und die begrenzte Wirkung auf die Beschäftigungsaufnahme darauf hin, dass Sanktionen nicht bei allen das Ziel einer langfristigen Mitwirkung der Betroffenen erreichen.“

Auf welchen Daten basiert die Studie?

Die Studie hat die administrativen Daten der Bundesagentur für Arbeit zur Grundlage. Sie kann hier abgerufen werden.

Sanktionen treffen die Schwächsten

Bereits 2016 hatte das IAB in einer Studie nachgewiesen, dass Sanktionen primär die gering Qualifizierten unter Druck setzen, denn diese wurden ohne statistisch erkennbaren Grund häufiger sanktioniert als besser qualifizierte Leistungsberechtigte.

Der Grund für die verstärkten Sanktionen gegen diese Gruppe lag nicht etwa an weniger Motivation, zu arbeiten oder an einer fehlenden Bereitschaft, Konzessionen zu machen. Den gering Qualifizierten fehlte vielmehr das nötige Wissen, um drohende Sanktionen zu verhindern.

Hans-Böckler-Stiftung klärt über Probleme auf

Die Hans-Böckler-Stiftung fasste zusammen: „Das Problem beginnt damit, dass sie oft die Regeln nicht richtig und vollständig verstehen.

Zudem gelingt es ihnen schlechter, eine als subjektiv unzumutbar empfundene Maßnahme abzuwenden, weil sie sich nicht trauen, ihre eigenen Berufswünsche zu artikulieren und sich argumentativ dafür einzusetzen. Stattdessen sagen sie nichts – und besuchen den zugewiesenen Kurs einfach nicht.“

Gering Qualifizierte nutzten, laut der Hans-Böckler-Stiftung, auch kaum die rechtlichen Mittel, um Sanktionen zu vermeiden und wussten oft überhaupt nicht, welche Rechte sie haben.

Vermittler und Betroffene: Zwei Lebenswelten

Die Hans-Böckler-Stiftung erklärte die ungerechtfertigte Bestrafung von gering Qualifizierten, zudem mit unterschiedlichen Lebenswelten der Betroffenen und der Vermittler.

So hätten die Vermittler oft einen akademischen Hintergrund und könnten sich in die Situation von Hochschulabsolventen im Leistungsbezug besser hineinversetzen.

Das Verhältnis zwischen Vermittler und Arbeitssuchenden sei in diesen Fällen vertrauter, sodass es zu weniger Konflikten bei Stellenangeboten käme. Zudem hätten derart qualifizierte grundsätzlich bessere Chancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, und das Risiko von Situationen, in denen die Jobcenter Sanktionen verhängten, sei geringer.