Steigt das Bürgergeld übermäßig stark? Studie zeigt: Das Gegenteil ist der Fall

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In der ARD Sendung von Caren Miosga behauptet der Bundesfinanzminister Christian Lindner: “Das Bürgergeld hat viele gute Aspekte, aber wir stellen jetzt fest: Es ist sehr stark erhöht worden, der Lohnabstand ist nicht mehr gegeben.” Doch was sagen die Fakten?

Bürgergeld-Regelsätze nicht gestiegen sondern sogar gesunken

Das Institut Arbeit und Qualifikation der Universität Duisburg-Essen verglich Bürgergeld bzw. Hartz IV Regelbedarfe, Löhne und Preise von 2005 bis 2024 und kam im Rahmen einer Untersuchung zu folgendem Ergebnis:

“Der vermeintlich „massive“ Anstieg der Regelbedarfe ist (…) eine Anpassung an die krisenbedingt gestiegenen Ausgaben des täglichen Bedarfs. Bedenkt man die (…) Anstiege bei wirklich existenziellen Ausgaben wie Nahrung und Storm bleibt der Anstieg des Regelbedarfs weiterhin dahinter zurück”.

Kritik an der Höhe der Grundsicherung

Laut dem Institut wird in der öffentlichen Debatte “die Leistungshöhe und die Regelbedarfe von Grundsicherungsempfängern immer wieder kontrovers diskutiert. “Häufig wird dabei die Kritik laut, die Ausgaben der Grundsicherung seien zu hoch und versperrten den Weg für andere (Wirtschafts-)Investitionen.”

Die Anpassung des Regelbedarfes ist nicht willkürlich

Populäre Parolen, die einen angeblich zu hohe Anpassung der Regelsätze behaupten, übersehen, so die Forscher, ” dass sich die reguläre Anpassung der Regelbedarfe an der Entwicklung der Verbrauchsausgaben unterer Einkommensgruppen orientiert.”

Gibt es hier keine aktuellen Daten der amtlichen Statistik, wird die Anpassung der Regelsätze an einem Mechanismus gemessen, der die Entwicklung der Preise der Güter und Dienstleistungen beachtet, die für den Regelbedarf wesentlich sind. Dieser wird dann ebenfalls mit der Entwicklung der Nettogehälter verbunden.


Quelle: Sozialpolitik-Aktuell.de –

Erhöhung folgt der Inflation

Deutliche Regelpreiserhöhungen 2023 und 2024 erfolgten, laut den Forschenden, der krisenbedingt hohen Inflation. Ein vermeintlich massiver Anstieg des Regelbedarfes gleicht lediglich den Preisanstieg aus.

Der Regelbedarf hinkt den Verbraucherpreisen hinterher

Unterm Strich haben die Leistungsberechtigten beim Bürgergeld mit dem gestiegenen Regelbedarf nicht mehr Kaufkraft, sondern weniger als zuvor. So steigen 2022 die Verbraucherpreise im Vergleich zum Jahr 2005 um 35 Prozent, die Regelbedarfe jedoch nur um 30 Prozent.

2023 waren es im Vergleich zu 2005 dann 46 Prozent bei den Regelbedarfen und 43 Prozent bei den Verbraucherpreisen. Es handelte sich dabei nicht um “mehr” Regelbedarf, sondern um einen Ausgleich.

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In existentiellen Bereichen gibt es eine extreme Preisentwicklung

Dies gilt jedoch nur für den Schnitt der Preise. Bei bestimmten Gütern, die aus dem Regelsatz bestritten werden müssen, ist der Anstieg weit stärker. So stiegen die Preise für Lebensmittel und alkoholfreie Getränke um 80 Prozent, beim Strom sogar um 143 Prozent.

Löhne stiegen weit stärker als Bürgergeld

Zwar wurde der Regelsatz deutlich angehoben, so die Forschenden, doch dies bleibt weit hinter dem Anstieg der Löhne zurück. Die Nettogehälter stiegen seit 2005 um 59 Prozent. Die Regelbedarfe stiegen weit weniger.

Erst 2024 erhöhten sich die Regelbedarfe im Vergleich zu 2005 und wurden an die Erhöhung der Nettogehälter 2023 angeglichen. 2024 würden die Nettogehälter voraussichtlich wieder steigen, so die Studie, nicht aber die Regelsätze.

Der Kontext fehlt

In den Diskussionen um die gestiegenen Regelbedarfe würde, so die Experten, dieser Kontext regelmäßig ausgeblendet.

Nur für sich betrachtet würden die Regelbedarfe “massiv steigen”. Im Vergleich zur Lohn- und Preisentwicklung wären sie nur verhältnismäßig angepasst worden und dies sei wichtig gewesen, da die Betroffenen die Auswirkungen von Krisen besonders deutlich spürten.

Fazit: Christian Lindner hat Unrecht, wenn er behaupt, das Bürgergeld sei stark gestiegen. Das Gegenteil ist der Fall.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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