Statt Hartz IV: Doppeltes Wohngeld plus weiterer Heizkostenzuschuss

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Die Bundesregierung hat einen Referentenentwurf vorgelegt, nachdem weitreichende Gesetzesรคnderungen folgen sollen. Demnach soll sich die Wohngeldhรถhe mehr als verdoppeln und der Berechtigtenkreis deutlich erweitert werden.

Alternative zum Hartz-IV-Bezug?

Interessant kann die Wohngelderhรถhung auch fรผr sog. Hartz IV Aufstocker sein, die ihr Einkommen mit Hartz-IV-Leistungen aufstocken mรผssen. Sie kรถnnten neben dem Wohngeld zusรคtzlich den Kinderzuschlag und das Kindergeld beziehen und hรคtten entweder gleich viel oder sogar mehr Einkommen zur Verfรผgung. Zudem kรถnnten sie den geplanten Heizkostenzuschuss beziehen.

Hรถhe des Wohngelds soll sich verdoppeln

Demnach soll das Wohngeld von durchschnittlich 177 Euro auf 370 Euro pro Monat deutlich steigen. Damit wรผrde sich das Wohngeld zum 1. Januar 2023 faktisch mehr als verdoppeln. Zusรคtzlich sollen die Hรผrden, um Wohngeld beziehen zu kรถnnen, sich deutlich senken, damit rund 2 Millionen Haushalte in Deutschland wohngeldberechtigt sind.

Mehr Haushalte sollen Wohngeldberechtigt werden

Die Reform sieht nรคmlich “eine Erhรถhung der Anzahl der Wohngeldhaushalte von rund 600.000 Haushalte auf zwei Millionen Haushalte vor”, heiรŸt es in dem Entwurf. Das wird durch eine Anhebung des allgemeinen Leistungsniveaus (u. a. durch Anpassung der Wohngeldformel) mรถglich.

Bereits jetzt gehen Sozialexperten davon aus, dass bereits heute weitaus mehr Haushalte einen Anspruch auf das Wohngeld haben, diesen Anspruch allerdings nicht wahrnehmen, weil beispielsweise das Antragswesen zu kompliziert ist oder den Berechtigten aus Informationsmangel nicht bewusst ist, dass sie einen Anspruch erwirken kรถnnten.

Statt der rund 600.000 Wohngeldbezieher kรถnnten es somit schon heute nach Expertenangaben etwa 1,2 Millionen Menschen sein, die Wohngeld beziehen kรถnnten.

Damit einkommensschwache Haushalte aufgrund der galoppierenden Energiepreise entlastet werden, sollen vor allem Haushalte unterstรผtzt werden, deren Einkommen bei 12 Euro Mindestlohn je Stunde liegen. Zusรคtzlich sollen Rentner mit einer geringen Pension ebenfalls Wohngeld beantragen kรถnnen.

Warmwasser und Heizkosten sollen mitberechnet werden

In die Berechnung des Wohngeldanspruches soll nunmehr auch die Heiz- und Warmwasserkosten mit einflieรŸen. Die Bundesregierung plant laut Referentenentwurf eine zusรคtzliche Pauschale von 2 Euro je Quadratmeter mit in die Berechnungsgrundlage einzufรผhren. Das fรผhrt somit zu einer Erhรถhung des Wohngelds von je 1,20 Euro pro Quadratmeter Wohnflรคche.

Hรถhere Mieten durch energetische Sanierungen werden abgefedert

Die Klimakomponente soll hรถhere Mieten durch energetische Sanierungen des Gebรคudebestands und energieeffiziente Neubauten zur Erreichung der Klimaschutzziele pauschal abfedern. Es wird ein Zuschlag auf die Miethรถchstbetrรคge des Wohngeldes von 0,40 Euro je qm vorgesehen.

Ein weiterer Heizkostenzuschuss

Neben der Reform des Wohngelds soll ebenfalls der “Heizkostenzuschuss II” im Rahmen des “Wohngeld-Plus-Gesetzes” umgesetzt werden. Damit sollen betroffenen Haushalten geholfen werden, die mit steigenden Heizkosten zu kรคmpfen haben. Es solle “gezielt und unbรผrokratischen” geholfen werden, heiรŸt es in dem Gesetzesentwurf, der uns vorliegt.

Zusรคtzlich soll es noch einmal im Rahmen des Entlastungspakets einen Heizkostenzuschuss fรผr die Monate September bis Dezember 2022 geben. Im kommenden Jahr soll der Zuschuss “dauerhaft in das Wohngeld integriert werden”.

Der Heizkostenzuschuss soll fรผr einen Singlehaushalt etwa 415 Euro betragen, fรผr einen Zwei-Personenhaushalt 540 Euro. Fรผr jedes weitere Mitglied des Haushaltes sollen dann nochmal je 100 Euro รผberwiesen werden.

Das Antragswesen wird vereinfacht

Damit mehr Menschen das Wohngeld beantragen, soll sich nach den Vorstellungen der Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) die Hรผrde zum Antragswesen vereinfachen. Die Hรถhe des Wohngelds wird anhand des Einkommens, der Miete, der GrรถรŸe der Wohnung sowie des Wohnortes berechnet.

Hierfรผr plant die Ampel-Koalition eine Kampagne, um den Bรผrgern den Anspruch auf Wohngeld nรคher zu bringen. Zudem sollen zusรคtzlich Bewohner von Pflegeheimen finanziell entlastet werden.

Wer ist im Grunde nach Wohngeldberechtigt?

Wohngeld als Mietzuschuss

Wohngeldberechtigt fรผr den Mietzuschuss sind Personen, die
โ€ข Mieter einer Wohnung oder eines Zimmers,
โ€ข Untermieter,
โ€ข mietรคhnlich Nutzungsberechtigte, insbe-sondere Inhaber
โ€ข eines mietรคhnlichen Dauerwohn-rechts,
โ€ข einer Genossenschafts- oder einer Stiftswohnung,
โ€ข eines dinglichen Wohnungsrechts,
โ€ข Eigentรผmer eines Hauses mit mehr als zwei Wohnungen,
โ€ข Bewohner eines Heimes im Sinne des Heimgesetzes oder der entsprechenden Gesetzen der Lรคnder, sind und diesen Wohnraum selbst nutzen.

Wohngeld als Lastenzuschuss

Wohngeldberechtigt fรผr den Lastenzuschuss sind Personen, die
โ€ข Eigentรผmer einer Wohnung oder eines Hauses sind,
โ€ข Erbbauberechtigte sind,
โ€ข ein eigentumsรคhnliches Dauerwohnrecht, Wohnungsrecht oder einen NieรŸbrauch innehaben,
โ€ข Anspruch auf Bestellung, รœbertragung des Eigentums, des Erbbaurechts, des eigentumsรคhnlichen Dauerwohnrechts, des Wohnungsrechts oder des NieรŸ-brauches haben und diesen Wohnraum selbst nutzen.

Statt Hartz IV, Wohngeld, Kinderzuschlag, Kindergeld und Heizkostenzuschlag

Es kann es im Einzelfall auch gรผnstiger sein, auf einen bestehenden Hartz-IV-Anspruch zu verzichten und stattdessen vom vorhandenen, eigenen Einkommen plus Wohngeld zu leben bzw. von Wohngeld, Kindergeld und Kinderzuschlag.

Das ist vor allem fรผr Hartz IV Aufstocker eine interessante Option, weil man sich dann nicht mehr den Stress mit dem Jobcenter hingeben muss. Im konkreten Fall kann eine unabhรคngige Beratungsstelle helfen, um den Anspruch durchzurechnen.

Gesetz noch nicht verabschiedet

Noch ist der Entwurf nicht als Gesetz verabschiedet. Die Bundesbauministerin Klara Geywitz will die Reform des Wohngeldes noch Ende September im Kabinett beraten.

Bislang ist zu bezweifeln, ob die Reform bereits bis zum Jahreswechsel vollstรคndig umgesetzt ist, da auch die Lรคnder hierzu angehรถrt werden mรผssen. Zudem mรผssen sich die Wohngeldstellen zunรคchst strukturell neu ausrichten, um das neue Antragswesen bewerkstelligen zu kรถnnen.