Auch neugeborene Kinder einer nicht freizügigkeitsberechtigten ausländischen Mutter können ab ihrer Geburt Anspruch auf existenzsichernde Leistungen vom Jobcenter haben.
Landessozialgericht urteilte
Verfügt die Mutter über einen Aufenthaltstitel aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen, führt dies nach Sinn und Zweck der gesetzlichen Bestimmungen auch zu einem Hartz-IV-Anspruch des Kindes ab der Geburt, entschied das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen in einem am Mittwoch, 28. September 2022, bekanntgegebenen rechtskräftigen Urteil (Az.: L 12 AS 1323/19).
Der für nicht freizügigkeitsberechtigte Ausländer geltende dreimonatige Ausschluss von Hartz-IV-Leistungen sei dann nicht anzuwenden.
Nach den gesetzlichen Bestimmungen sind Ausländerinnen und Ausländer, die weder in Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbstständige, noch nach EU-Recht freizügigkeitsberechtigt sind, für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen. Dies gilt auch für ihre Familienangehörigen.
Jobcenter lehnte Hartz IV Leistungen für Kind ab
Im Streitfall ging es um eine Mutter aus Bosnien-Herzegowina, die zusammen mit ihrer Tochter in Köln lebt und einen Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen erhalten hatte.
Sie waren auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen. Als die Mutter 2018 eine weitere Tochter zur Welt brachte, lehnte das Jobcenter Köln für die ersten drei Lebensmonate Hilfeleistungen ab.
Die Behörde verwies darauf, dass Ausländer, die nicht freizügigkeitsberechtigt oder Arbeitnehmer oder Selbstständige sind, für drei Monate von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen seien. Dies gelte auch für das neugeborene Kind.
LSG Essen: Aufenthaltstitel der Mutter begünstigt auch Neugeborenes
Doch das LSG sprach der Neugeborenen mit Urteil vom 6. April 2022 ab Geburt existenzsichernde Leistungen vom Jobcenter zu. Zwar sei die Mutter weder Arbeitnehmerin oder Selbstständige, noch sei sie wegen ihrer bosnisch-herzegowinischen Staatsangehörigkeit freizügigkeitsberechtigt. Gleiches gelte für das neugeborene Kind als Familienangehörige.
Allerdings gelte der damit einhergehende Leistungsausschluss nicht für Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel aus humanitären Gründen in Deutschland aufhalten.
Hier habe die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt über den entsprechenden Aufenthaltstitel verfügt, so dass der Leistungsausschluss nicht greife. Dies sei auch auf das Neugeborene übertragbar, so das LSG. fle/mwo/fle
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