Sparda-Bank verweigerte Kontokarte für behinderte Sozialhilfe-Bezieherin

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Die Sparda-Bank in Kassel hat einer behinderten Sozialhilfe-Bezieherin die Konto-Karte eingezogen. Der bestellte Berufsbetreuer machte den Fall öffentlich und auch der Sozialverband VdK kritisierte das Vorgehen der Bank scharf.

Weil er die Rechte seiner Betreuten beschnitten sieht, streitet der Berufsbetreuer Dirk Freudenstein mit der Sparda-Bank Hessen. Anlass ist, dass die Bank seiner behinderten Kundin die Bankkarte für ihr Taschengeldkonto eingezogen hat. Offenbar fürchte die Bank finanzielle Risiken, sagt Freudenstein.

Bankkarte wurde eingezogen

Der Streit begann im Mai, als die Bankkarte der Kundin beim Versuch, Geld abzuheben, von einem Geldautomaten einbehalten wurde. Freudenstein, der aufgrund seiner beruflichen Erfahrung als gelernter Bankkaufmann die Rechte der Kunden kennt, sieht die Bankkarteinziehung als rechtlich unbegründet an und sagt, dass die Bank offenbar finanzielle Risiken befürchte.

Die Betroffene bezieht monatlich 500 Euro Sozialhilfe auf ihr Hauptkonto bei der Sparda-Bank. Zusätzlich werden 60 Euro monatlich auf ein Taschengeldkonto überwiesen, über das sie selbstständig verfügen kann. Offenbar führte die Behinderung der 49-jährigen Kundin zum Konflikt mit der Sparda-Bank, da sie aufgrund ihrer Einschränkungen Schwierigkeiten im Umgang mit Geld hat.

Befreiung von Haftungsansprüchen reicht der Bank nicht aus

Die Sparda-Bank stützt sich auf einen neuen Vorstandsbeschluss, der besagt, dass Betreute, die unter einem Einwilligungsvorbehalt stehen, keine eigenständigen Verfügungen über Konten vornehmen dürfen.

Freudenstein sagt, dass die Bank ihr Haftungsrisiko minimieren möchte, indem sie verhindert, dass die Kundin eigenständige Verfügungen über ihr Taschengeldkonto tätigt. Er bot nach eigenen Angaben an, die Bank von Haftungsansprüchen zu befreien, was jedoch abgelehnt wurde.

Eine geänderte Regelung für den Zugriff auf das Konto, wie sie im Normalfall dem bestelltem Betreuer vorgelegt wird, habe der Betreuer aber nie unterzeichnet. Aus diesem Grund gelte die bisherige Geschäftsgrundlage, so Freudenstein. Denn eine solche Geschäftsgrundlage dürfe nie einseitig geändert werden. Das Formular, dass eine Sperrung der Bankkarte nämlich vorsieht, habe der Betreuer nie unterzeichnet. Es sei ihm „irrtümlicherweise“ ein falsches Formular vorgelegt worden, wie aus einem Briefwechsel mit der Bank zu lesen ist.

Kaum erträgliche Situation für die Betroffene

Für die Betroffene ist die jetzige Situation kaum erträglich. Da sie nun keine Bankkarte mehr hat, muss sie immer zur Bank laufen und ihr “Taschengeld” am Schalter abheben. “Die Regelung ist nicht alltagstauglich und entspricht nicht dem Selbstverständnis meiner Betreuten. Das ist sozialvergessen und nicht behindertengerecht”, kritisiert Freundenstein gegenüber der HNA.

Natürlich wäre es eine Option auch die Bank zu wechseln. Allerdings habe die Sparda-Bank auch den Vorteil, dass sie ein kostenfreies Konto anbiete. Zudem ginge es ihm auch ums Prinzip. Andere Finanzinstitute wie die Kasseler Sparkasse und die Volksbank Kassel-Göttingen bieten für Menschen, die unter Betreuung mit Vermögenssorge stehen, weiterhin Taschengeldkonten an, wie Anfragen bestätigen.

Sozialverband VdK kritisiert das Vorgehen der Bank

Kritik am Vorgehen der Bank kommt auch vom Sozialverband VdK Hessen-Thüringen. Dieser kritisiert die “mangelnde Einhaltung des neuen Betreuungsrechts, das darauf abzielt, die Selbstbestimmung unterstützungsbedürftiger Menschen zu stärken”.

Der VdK äußerte Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Kontosperrung und kritisieren, dass die Bank damit gegen das Ziel des neuen Betreuungsrechts verstößt. Das Betreuungsgericht am Amtsgericht Kassel bestätigt, dass die Einrichtung von Taschengeldkonten für Betreute eine gängige Praxis ist, vergleichbare Fälle seien jedoch selten.

„Als Sozialverband, zu dessen Kernthemen die Inklusion gehört, sehen wir das Verhalten der Bank nicht in Einklang mit dem neuen Betreuungsrecht. Dieses soll die Selbstbestimmung unterstützungsbedürftiger Menschen stärken, ganz im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention”, kritisiert Bernd Vockenberg, vom Verein für Selbstbestimmung und Betreuung im VdK Hessen.

Die Sparda-Bank hat bisher keine ausführliche Stellungnahme zu dem Fall abgegeben. Ein Sprecher der Bank betonte lediglich, dass die Haltung der Bank im Einklang mit dem reformierten Betreuungsrecht stehe und die Selbstbestimmung von betreuten Menschen berücksichtige.

Das Betreuungsrecht wurde am 1. Januar 2023 geändert. Die Neuerungen im Betreuungsrecht zielen darauf ab, betreuten Personen größtmögliche Autonomie bei der Gestaltung ihres Lebens zu gewährleisten. Gemäß der “Pflicht zur Wunschbefolgung” sind Betreuer nun verpflichtet, die Angelegenheiten der betreuten Person so zu regeln, dass diese innerhalb ihrer Möglichkeiten ihr Leben nach ihren eigenen Vorstellungen ausrichten kann. Dies bedeutet, dass die individuellen Wünsche, Vorlieben und Abneigungen der betreuten Person eine zentrale Rolle bei Entscheidungen über ihre Angelegenheiten spielen sollen.

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