Sozialhilfe: Keine Anwendung des Kopfteilprinzips bei den Unterkunftskosten trotz fehlenden Untermietvertrages

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Keine Anwendung des Kopfteilprinzips bei den Unterkunftskosten, wenn Vermieter und Mieter Gesamtschuldner der Mietkosten sind.

Keine Anwendung des Kopfteilprinzips bei den Unterkunftskosten aufgrund mietvertraglicher Vereinbarung (§ 42a Abs. 4 Satz 2 SGB XII)

Nach § 42a Abs. 4 Satz 2 SGB XII gilt, dass das Kopfteilprinzip bei den Unterkunftskosten nicht gilt, wenn die leistungsberechtigte Person auf Grund einer mietvertraglichen Vereinbarung für konkret bestimmte Anteile des Mietzinses zur Zahlung verpflichtet ist

1. Verpflichtet sich ein Empfänger von Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB XII mündlich zur Zahlung einer Pauschalmiete an seine nicht hilfebedürftige Mitmieterin und sind beide Hauptmieter des Hauses, aber auch zugleich Gesamtschuldner i. S. v.§ 421 BGB, muss der Sozialhilfeträger die Kosten der Unterkunft nach § 42a Abs. 4 Satz 2 SGB XII übernehmen.

Denn die Anwendung des Kopfteilprinzips bei den Bedarfen für Unterkunft und Heizung wäre hier rechtswidrig (S 39 SO 374/22).

2. Bei Gesamtschuldnern haftenden Mietern bedarf es zur ihrer Wirksamkeit – keines Untermietvertrages, so aber der Sozialhilfeträger (Orientierungssatz Detlef Brock)

Der Antragsteller und Kläger ist auf Grund einer mit seiner Mitmieterin getroffenen Vereinbarung zur Zahlung einer Pauschalmiete inklusive Betriebskosten, Heizkosten, Strom und Versicherung in Höhe von 650,- € monatlich verpflichtet.

Kläger und Mitbewohnerin sind beide Hauptmieter (§ 426 Abs. 1 Satz 1 BGB)

Der rechtlichen Verbindlichkeit dieser Vereinbarung steht zunächst, anders als der Sozialhilfeträger meint, nicht entgegen, dass der Kläger selbst bereits – zusammen mit Frau R. – Hauptmieter des Hauses ist.

Dieser Umstand hat zur Folge, dass der Kläger dem (Haupt-) Vermieter des Objekts als Gesamtschuldner – ebenso wie die weitere Mieterin Frau R. – auf die gesamte Miete haftet ( § 421 BGB).

Im Innenverhältnis zueinander haften mehrere Gesamtschuldner gem. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB zu gleichen Anteilen, soweit nicht ein anderes bestimmt ist.

Der Kläger wäre also zivilrechtlich gegenüber Frau R. zur Tragung der Miete sowie der Betriebs- und Heizkosten zur Hälfte verpflichtet, wenn die beiden nicht etwas anderes vereinbart hätten.

Dies ist hier in der Weise geschehen, dass sich der Kläger gegenüber Frau R. zur Zahlung von 650,- € inklusive aller Versicherungen und Nebenkosten verpflichtet hat.

Eine solche Regelung zur Gestaltung des Innenverhältnisses im Sinne von § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB zwischen als Gesamtschuldner haftenden Mietern bedarf zu ihrer Wirksamkeit nicht der Schriftform. Sie ist eine – mietvertragliche Vereinbarung – im Sinne von § 42a Abs. 4 Satz 2 SGB XII. Eines Untermietvertrages bedarf es deshalb gerade nicht (vgl. Bindig in jurisPK-SGB XII, Stand 14.03.2023, § 42a Rn 92).

Anmerkung: § 42a Abs. 4 Satz 2 SGB XII

Lebt eine leistungsberechtigte Person zusammen mit anderen Personen in einer Wohnung (Wohngemeinschaft) und ist sie vertraglich zur Tragung der Unterkunftskosten verpflichtet, sind die von ihr zu tragenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bis zu dem Betrag als Bedarf anzuerkennen, der ihrem nach der Anzahl der Bewohner zu bemessenden Anteil an den Aufwendungen für Unterkunft und Heizung entspricht, die für einen entsprechenden Mehrpersonenhaushalt als angemessen gelten.

Dies gilt nicht, wenn die leistungsberechtigte Person auf Grund einer mietvertraglichen Vereinbarung nur für konkret bestimmte Anteile des Mietzinses zur Zahlung verpflichtet ist; in diesem Fall sind die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung bis zu dem Betrag als Bedarf anzuerkennen, der für einen Ein-Personen-Haushalt angemessen ist.

Hinweis zum SGB II:

Eine Vorschrift wie in § 42a Abs. 4 Satz 1 SGB XII existiert im SGB II nicht. Im SGB II gilt: Wenn ein erwerbsfähiger Leistungsberechtigter nicht mit anderen Personen in einer Bedarfsgemeinschaft lebt, ist bei der Bestimmung der angemessenen Aufwendungen der Unterkunft nach der Produkttheorie allein auf ihn als Einzelperson abzustellen (BSG Urteil vom 25.04.2018 – B 14 AS 14/17 R – ).