Sozialhilfe: Keine Antragsfrist bei Bestattungskosten
Ein Anspruch auf Übernahme von Bestattungskosten nach § 74 SGB 12 setzt grundsätzlich einen Antrag voraus, sieht hierfür aber keine Frist vor.
Bereits deshalb kann (soweit keine Verjährung im Raume steht) ein längeres Zuwarten nicht allein und quasi automatisch zur Annahme einer Zumutbarkeit der Kostentragung und damit zum Wegfall des Anspruchs führen.
Vielmehr ist stets, also auch bei später Antragstellung, die Zumutbarkeit im Einzelfall vom Sozialamt zu prüfen
Es ist allerdings zulässig, die späte Antragstellung in diesem Rahmen zu würdigen. Im Einzelfall mag es daher durchaus sein, dass der späte Zeitpunkt der Antragstellung – in der Gesamtschau mit allen anderen Umständen des Einzelfalls – die Zumutbarkeit mitbegründen kann.
Eine Regelvermutung diesbezüglich lässt sich aber nicht aufstellen.
Bei der Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit kommt es zunächst an auf die Bedürftigkeit im Zeitpunkt der Fälligkeit der Rechnungen, die im Zusammenhang mit der Bestattung angefallen sind.
Darüber hinaus ist ein Fortbestehen der Bedürftigkeit im Zeitpunkt der Behördenentscheidung erforderlich (sofern keine willkürliche Verzögerung seitens der Behörde vorliegt).
Verspätete Antragstellung auf Beerdigungskosten schließt Übernahme nicht automatisch aus
Ein Sozialhilfeträger ist im Einzelfall auch zur Bestattskostenübernahme verpflichtet, wenn erst mehr als 13 Monate nach Anfall der Beerdigungskosten ein Antrag gestellt worden ist.
Denn aus der späten Antragstellung kann nicht schematisch abgeleitet werden, dass allein wegen des Zeitablaufs die Kostentragung nunmehr zumutbar sei, zumal der Anspruch nach § 74 XII nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht fristgebunden ist.
Es sind regelmäßig Zweifel an der Unzumutbarkeit der Kostentragung im Sinne des § 74 SGB XII angezeigt, wenn die Kostenübernahme nicht binnen angemessener Frist nach Klärung der Kostentragungspflicht beantragt wird.
Die Formulierung, dass regelmäßig Zweifel angezeigt seien, erlaubt allerdings eine abweichende Beurteilung unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen konkreten Einzelfalls, wenn ein atypischer Sachverhalt vorliegt.
Fazit:
Aus einer späten Antragstellung kann nicht schematisch abgeleitet werden, dass allein wegen des Zeitablaufs die Kostentragung nunmehr zumutbar sei, zumal der Anspruch nach § 74 XII nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht fristgebunden ist.
Rechtsquellen
§ 74 SGB XII
- Sozialgericht Stade, Urteil vom 21.01.2015 – S 33 SO 31/14 –
- LSG Hamburg, Urteil vom 18.06.2020 – L 4 SO 7/19 –
- LSG Schleswig – Holstein, Beschluss vom 21.07.2008 – L 9 SO 10/07 PKH –