Landessozialrichterin befürchtet ein regelrechtes Chaos und eine Klagewelle, falls die "Hartz IV Reformen" nicht zeitnah umgesetzt werden.
Die Sozialgerichte erwarten eine erneute Klagewelle, wenn die Hartz IV-Reformen nicht zeitnah umgesetzt werden. So sagte die Präsidentin des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg, Monika Paulat: „Es wird höchste Zeit für eine Einigung, damit das neue Gesetz – wie vom Bundesverfassungsgericht gefordert – zum Januar in Kraft treten kann“. Ansonsten drohe in den Sozialgerichten ein regelrechtes Chaos. Wenn die neuen Hartz IV Regelsätze nicht ab Januar 2011 gelten, „droht eine Flut von Anträgen der Leistungsempfänger auf einstweiligen Rechtsschutz.“ so die Warnung der Landesrichterin. Auf eine solche Antragswelle sind die Sozialgerichte nicht vorbereitet, ein solcher Ansturm wäre nicht zu bewältigen.
Seit der Einführung der Hartz IV Gesetze mussten die Sozialgerichte immer wieder ihr Personal aufstocken. Immer mehr Sozialrichter mussten eingestellt werden. Dennoch kommt es zu größeren zeitlichen Verzögerungen bei der Bearbeitung der Fälle. Die Präsidentin erwartet von der Politik, dass diese Problem bewusst ist. Ich gehe davon aus, dass die Politiker über Parteigrenzen hinweg alles daran setzen werden, das Gesetz zügig zu verabschieden“, sagte die Richterin.„Angesichts des drohenden Horror-Szenariums wird jeder vor Augen haben, das ein Kompromiss gefunden werden muss.“
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Februar diesen Jahres geurteilt, dass die Arbeitslosengeld II Regelsätze transparent und nachvollziehbar berechnet werden müssen. Daraufhin legte das Bundesarbeitsministerium einen Gesetzentwurf vor, der allerdings von der Opposition und von den Sozialverbänden heftig kritisiert wurde. Gerade einmal fünf Euro mehr pro Monat sollen Erwerbslose erhalten. Die Regelsätze der Kinder bleiben gleich. Im Bundesrat verfügt die schwarz-gelbe Koalition keine Mehrheit und ist daher in der Länderkammer auf die Zustimmung der SPD angewiesen. Diese stellt allerdings weitreichende Änderungsanträge. Bislang konnte kein Kompromiss gefunden werden.
Die Landessozialrichterin spricht sich trotz der Unstimmigkeiten dafür aus, zunächst die Neuregelungen zum ersten Januar 2011 in Kraft treten zu lassen. „Auch das die neue Gesetzgebung wird weiterhin anfechtbar und strittig bleiben“, sagte Paulat. „Es ist absehbar, dass sogenannte unbestimmte Rechtsbegriffe weiterhin ein Problem bleiben.“ So benennt die Richterin den Aspekt der „angemessenen Unterkunftskosten“. Was „angemessen“ ist, ist allerdings Auslegungssache. In diesem Punkt werden häufig die Sozialgerichte anberufen, die dann klären sollen, was „angemessen“ ist. (sb, 18.11.2010)
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Bildnachweis: Rainer Sturm / pixelio.de
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