Schwerbehinderung: Ab 2026 erhöhen sich die Bußgelder deutlich

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Ab dem Pflichtjahr 2025 wird es teuer: Arbeitgeber, die keine oder zu wenige schwerbehinderte Menschen beschäftigen, müssen erstmals zum 31. März 2026 deutlich höhere Ausgleichsabgaben zahlen.

Für Menschen mit einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 eröffnet das eine neue Verhandlungschance und ein scharfes Argument gegenüber zögerlichen Arbeitgebern.

Höhere Ausgleichsabgabe ab 2025: Was sich konkret ändert

Die Ausgleichsabgabe ist die gesetzlich vorgesehene Zahlung für Arbeitgeber, die ihre Beschäftigungspflicht nach § 154 SGB IX nicht erfüllen. Ab 20 Arbeitsplätzen gilt grundsätzlich eine Pflichtquote von 5 Prozent für schwerbehinderte Menschen oder Gleichgestellte. Wird diese Quote verfehlt, entsteht für jeden unbesetzten Pflichtplatz eine monatliche Abgabe.

Neue Staffelbeträge: Deutlich höhere Kosten für unbesetzte Pflichtplätze

Zum 1. Januar 2025 werden die Sätze für das Erhebungsjahr 2025 erhöht und erstmals zum 31. März 2026 fällig. Für Arbeitgeber mit mindestens 60 Arbeitsplätzen gilt: Wer seine Pflichtquote nur zu 3 bis unter 5 Prozent erfüllt, zahlt 155 Euro je unbesetztem Pflichtplatz.

Sinkt die Erfüllungsquote auf 2 bis unter 3 Prozent, werden 275 Euro pro Monat fällig. Bei 0 bis unter 2 Prozent steigen die Beträge auf 405 Euro. Besonders hoch ist die Belastung für Unternehmen, die keinen einzigen Pflichtplatz besetzen: Hier sind 815 Euro je unbesetztem Pflichtplatz zu zahlen. Kleinere Betriebe unterliegen weiterhin abgestuften Regelungen, bleiben aber nicht vollständig ausgenommen.

Arbeitgeber mit weniger als 20 Arbeitsplätzen sind weiterhin nicht beschäftigungspflichtig.

Finanzdruck statt Symbolik: Fünfstellige Summen für Verweigerer

Die Konsequenz ist klar: Wer dauerhaft keine schwerbehinderten Menschen beschäftigt, muss je nach Größe und Struktur mit Zahlungen in fünfstelliger Höhe pro Jahr rechnen.

Damit wird die Ausgleichsabgabe von einer eher hingenommenen Pflichtabgabe zu einem spürbaren wirtschaftlichen Faktor, der Personalentscheidungen beeinflussen soll.

Wer ist betroffen? Arbeitgeber ab 20 Arbeitsplätzen im Fokus

Betroffen sind alle privaten und öffentlichen Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplätzen, die ihre 5-Prozent-Quote nicht erreichen. Sie müssen die Ausgleichsabgabe im Selbstveranlagungsverfahren selbst berechnen und bis zum 31. März für das Vorjahr an die zuständigen Integrationsämter abführen.

Keine Ausreden mehr: „Wir finden niemanden“ zählt nicht

Unterbleibt die fristgerechte Zahlung, drohen Säumniszuschläge. Der pauschale Hinweis, man habe „niemanden gefunden“, wird sozialrechtlich nicht als Entlastung akzeptiert.

Mit den erhöhten Sätzen steigt der Druck auf Betriebe, die ihre Personalpolitik bewusst ohne schwerbehinderte Beschäftigte organisieren. Unternehmen, die ihre Quote erfüllen und Förderangebote nutzen, sind künftig klar im Vorteil.

Neue Verhandlungsmacht für Menschen mit Schwerbehinderung

Für Bewerberinnen und Bewerber mit einem GdB von mindestens 50 sowie Gleichgestellte entsteht eine konkrete Verhandlungschance. Ein unbesetzter Pflichtplatz verursacht für den Arbeitgeber erhebliche Mehrkosten, während die Einstellung eines schwerbehinderten Menschen die Abgabe reduziert und gleichzeitig den Zugang zu Unterstützungsleistungen eröffnet.

Fördermöglichkeiten als Argument im Bewerbungsgespräch

Aus Mitteln der Ausgleichsabgabe werden Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben finanziert. Dazu gehören unter anderem Lohnkostenzuschüsse, technische Hilfen, Schulungen, Anpassungen von Arbeitsplätzen und Arbeitsassistenz.

Wer eine schwerbehinderte Person einstellt, kann damit eigene Kosten senken und geförderte Unterstützung erhalten. Für Betroffene bedeutet das: Im Bewerbungsprozess lässt sich selbstbewusst darauf hinweisen, dass ihre Einstellung hilft, gesetzliche Vorgaben zu erfüllen, finanzielle Belastungen zu reduzieren und Fördermittel sinnvoll zu nutzen.

Rechte sichern statt Bittstellerrolle: Nachteilsausgleiche einfordern

Diese Förderinstrumente sind nicht als freiwillige Nettigkeit des Arbeitgebers gedacht, sondern als rechtlich verankerte Unterstützungsangebote. Beschäftigte mit Schwerbehinderung können deutlich einfordern, dass technische Ausstattung, barrierefreie Arbeitsplätze, flexible Arbeitszeiten oder Assistenz geprüft und genutzt werden, damit die Tätigkeit dauerhaft gesichert ist.

Innerbetrieblicher Hebel: Quote, Zahlen und Transparenz nutzen

Beschäftigte können gemeinsam mit Schwerbehindertenvertretung, Betriebsrat oder Personalrat prüfen, ob der Arbeitgeber seine Pflichtquote erfüllt oder hohe Ausgleichsabgaben zahlt.

Fallen über Jahre hohe Beträge an, ohne dass Einstellungen erfolgen, ergibt sich daraus ein starkes Argument für zusätzliche Stellen, Entfristungen und bessere Einsatzbedingungen für schwerbehinderte Menschen.

Kritischer Blick: Freikaufen statt Inklusion?

Mit der Erhöhung der Ausgleichsabgabe stellt sich die Frage, ob sich finanzstarke Unternehmen faktisch „freikaufen“, statt Barrieren abzubauen. Rein rechtlich ersetzt die Zahlung die Beschäftigungspflicht jedoch nicht.

Die Daten der Integrationsämter machen sichtbar, welche Arbeitgeber dauerhaft unbesetzte Pflichtplätze haben. Genau hier entsteht Raum für gezielte Beratung, öffentlichen Druck und politische Nachsteuerung.

Fazit: Erhöhte Abgabe als Chance für echte Teilhabe nutzen

Für schwerbehinderte Menschen und Gleichgestellte lohnt es sich mehr denn je, die neuen Regelungen zu kennen und aktiv einzusetzen. Wer informiert auftritt, kann die erhöhte Ausgleichsabgabe als strategischen Hebel nutzen, um bessere Beschäftigungschancen, angepasste Arbeitsbedingungen und konkrete Unterstützungsleistungen durchzusetzen, statt tatenlos zuzusehen, wie Arbeitgeber hohe Beträge zahlen, ohne ihre Personalpraxis inklusiv zu verändern.