Nachdem der Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) angekรผndigt hat, die Regelsรคtze bei Hartz IV neu berechnen zu wollen, wird mit Spannung erwartet, wie hoch diese ausfallen werden. Einiges ist dazu bereits bekannt.
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Erhรถhung der Regelleistungen “richtig und รผberfรคllig”
Die Forschungsstelle des Paritรคtischen Gesamtverbandes hatte bereits berechnet, dass die Regelleistungen im Hartz IV System mindestens 678 Euro betragen sollten. Daher bewertet der Verband den neuerlichen Vorstoร des Arbeisministers Heil im Grundsatz als “richtig und รผberfรคllig”.
Heil will die Berechnung der Regelsรคtze in der Grundsicherung reformieren. Dabei will er die Leistungen deutlich ansteigen lassen und kรผnftig Kaufkraftverluste “verlรคsslich ausgleichen”.
Studie: Regelleistungen mรผssten auf 678 EUR steigen
Nach Berechnungen der Paritรคtischen Forschungsstelle mรผsste eine armutsfeste Grundsicherung derzeit mindestens 678 Euro betragen und damit um 50 Prozent hรถher liegen als die geltenden Regelsรคtze.
Angesichts der akuten Kaufkraftverluste durch die Inflation fordert der Verband “sofortige finanzielle monatliche Zuschรผsse fรผr Hartz IV und Grundsicherungsbeziehende, bis die Leistungen neu geregelt sind.”
“Wir erwarten den Gesetzentwurf des Ministers fรผr ein Bรผrgergeld mit Spannung und hoffen, dass nunmehr endlich mit der unwรผrdigen Praxis und den Armutsregelsรคtzen von Hartz IV gebrochen wird. Was es braucht, ist eine sanktionsfreie Grundsicherung in einer Hรถhe, die nicht nur existenzielle Grundbedรผrfnisse abdeckt, sondern auch Teilhabe ermรถglichtโ, so Werner Hesse, Geschรคftsfรผhrer des Paritรคtischen Gesamtverbands. Die aktuellen Regelsรคtze reichten vorne und hinten nicht, um รผber den Monat zu kommen.
FDP sei sozialpolitisch ignorant
Dass sich Vertreter der FDP unter Berufung auf den Koalitionsvertrag bereits gegen eine Anhebung der Regelsรคtze zu Wort gemeldet haben, bezeichnet der Verband als “sozialpolitisch ignorant”.
โEs geht um das verfassungsrechtlich garantierte soziokulturelle Existenzminimum. Hier kann sich niemand in politischer Verantwortung hinter einer unprรคzisen Formulierung wegduckenโ, so Hesse. Mit der Einfรผhrung eines Bรผrgergeldes werde die Bundesregierung ohnehin nicht darum herumkommen, den Regelsatz neu aufzusetzen.
Es brauche jedoch bereits jetzt dringend ein weiteres Entlastungspaket, das zielgerichtet, wirksam und nachhaltig ist.
Aktuelle Lage verschรคrft die Situation
โDie aktuelle Preisentwicklung verschรคrft die Not der Betroffenen Tag fรผr Tag. Daher braucht es auch umgehende Maรnahmen in Form monatlicher Hilfen, um die Zeit bis zur Einfรผhrung des Bรผrgergeldes zu รผberbrรผcken.โ
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– Verfassungsklage gegen zu niedrige Hartz IV Regelsรคtze
Bis zur Neuberechnung der Regelsรคtze fordert der Paritรคtische als Sofortmaรnahme und festen Bestandteil eines weiteren Entlastungspaketes die Anhebung um mindestens 200 Euro โ nicht als Einmalzahlung, sondern monatlich. Energiekosten seien separat in voller Hรถhe zu รผbernehmen.
โWir hoffen sehr, dass sich der Bundessozialminister mit seiner Forderung nach gezielten Hilfen fรผr die รrmsten durchsetzt – und diese dann auch substantiell genug sind, um vor Armut zu schรผtzen.โ Auch den Plรคnen der FDP, die Eingliederungsleistungen fรผr Langzeitarbeitslose zu kรผrzen, mรผsse sich der Bundessozialminister entschlossen entgegenstellen.
Anstieg um 40 bis 50 Euro
Heil will die neuen Plรคnen bis zum Sommer vorstellen. Diese sollen dann verabschiedet werden. Bereits vor einigen Wochen hatte Heil einige Parameter genannt. Er kรถnne zwar keinen genauen Betrag nennen, schรคtze aber, dass der Regelbedarf zum Jahresbeginn 2023 “um 40 bis 50 Euro” ansteigen werde.
Geรคnderte Berechnungsgrundlage
Damit die Regelleistungen entsprechend steigen kรถnnen, mรผsse auch die Berechnungsgrundlage geรคndert sein. Seiner Ansicht nach kรถnne โdie bisherige Berechnung des Regelsatzes nicht mehr der Preisentwicklung standhaltenโ.
โMein Vorschlag ist, dass wir etwa bei Familienhaushalten die unteren 30 statt der unteren 20 Prozent der Einkommen als Grundlage nehmen. Damit kรถnnen wir erreichen, dass die Regelsรคtze im Bรผrgergeld pro Person und Monat in etwa um 40 bis 50 Euro hรถher sein werden als in der Grundsicherung.โ
Geplante Erhรถhung der Regelbedarfe unzureichend
Dabei wird allerdings deutlich, dass die Regelbedarfe noch immer unzureichend berechnet sind, wie auch Harald Thomรฉ, Sozialberater und Sozialrechtsexperte aus Wuppertal, kritisierte.
โWas Hubertus Heil in Bezug auf die Regelleistungen ankรผndigt, ist nichts anderes als die Umsetzung der sowieso fรคlligen Regelleistungserhรถhungen durch die explodierenden Preise und die Inflationsrate.”
Das jetzt als โรberwindung des Hartz-IV-Systemsโ zu bezeichnen, ist zynisch. Es ist vielmehr die Zementierung von dauerhafter Armut unterhalb des Existenzminimums. Es bedarf einer sofortigen monatlichen Erhรถhung von 100 EUR und einer dauerhaften von rund 200 EUR mehr.โ