Die zerbrochene Bundesregierung hatte eine Reform des Behindertengleichstellungsgesetzes geplant. Dies war Teil des Koalitionsvertrages. Dabei ging es um mehr Barrierefreiheit und eine bessere rechtliche Stellung von Menschen mit Behinderungen. Derzeit sieht es düster aus für diese Verbesserung des Behindertenrechtes.
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Geplant, aber nicht umgesetzt
Ob die Politik dieses verbesserte Behindertenrecht einführt, ist fragwürdig. Die FDP hat die Regierung verlassen; die SPD und die Grünen sind als Minderheitsregierung bei Gesetzen auf die Zustimmung der Opposition angewiesen; und die Bundesregierung zeigt zwischen Chaos und Handlungsunfähigkeit auch kein Interesse daran, die Reform schnellstmöglich umzusetzen.
Nach den Neuwahlen wird neu verhandelt
Egal, wie die Neuwahlen im nächsten Frühjahr ausgehen, sie führen zu einer neuen Regierung. Diese setzt dann eigene Ziele fest und vereinbart eigene Gesetzesentwürfe.
Wird die Reform des Gleichstellungsgesetzes ein Teil dieser ebenso neuen wie andersartigen Entwürfe sein? Wir haben keine Gründe, davon auszugehen.
Das Gleichstellungsgesetz gibt es seit 2002
Dieses Gesetz, das Menschen mit Behinderungen die volle Teilhabe am Leben in der Gesellschaft ermöglichen soll, besteht bereits seit 2002. Es verpflichtet öffentliche Träger, Gebäude und Angebote barrierefrei zu gestalten.
Menschen mit Behinderungen haben mit so eine Grundlage, rechtlich gegen Diskriminierungen vorzugehen, am Arbeitsplatz ebenso wie bei Behörden.
Wie ist Barrierefreiheit definiert?
Der Paragraf 4 des Behindertengleichstellungsgesetzes definiert, was Barrierefreiheit juristisch bedeutet:
„Barrierefrei sind bauliche und sonstige Anlagen, Verkehrsmittel, technische Gebrauchsgegenstände, Systeme der Informationsverarbeitung, akustische und visuelle Informationsquellen und Kommunikationseinrichtungen sowie andere gestaltete Lebensbereiche, wenn sie für Menschen mit Behinderungen in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Hierbei ist die Nutzung behinderungsbedingt notwendiger Hilfsmittel zulässig.“
Die Vereinten Nationen sind weiter als Deutschland
Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) geht inzwischen über das 2002 eingeführte deutsche Gesetz hinaus. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wollte jetzt das Behindertengleichstellungsgesetz auf dieser Basis ausbauen.
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Was sollte sich verbessern?
Die Gesetzesreform sollte vor allem einen Punkt verbessern, nämlich die Verpflichtung zur Barrierefreiheit. Bislang galt diese nur für öffentliche Träger, Behörden und Institutionen. Die Reform bedeutet: Auch private Anbieter von Dienstleistungen und Gütern müssen Vorkehrungen treffen, die Barrierefreiheit gewährleisten.
Warum wurde die Reform nicht beschlossen?
Die Frage lautet: Warum wurde diese Verbesserung des Behindertengleichstellungsgesetzes nicht schon längst beschlossen, also vor dem Aus der Ampelregierung?
Eine Antwort ist: Der Grund war vermutlich derselbe, wegen dem die Regieurng platzte, nachdem Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Finanzminister Christian Lindner (FDP) vor die Tür setzte, nämlich eine Blockade durch die FDP, und das, obwohl diese Partei den Regelungen zugestimmt hatte.
So sieht es zumindest der Sozialverband VdK und erklärt die FDP als Motor dafür, dass die Gleichstellung noch nicht gesetzlich verbessert wurde. Der Sozialverband erklärte gegenüber der Frankfurter Rundschau: „Die BGG Reform ist wie viele andere Gesetze zum Spielball der FDP geworden, um Druck auf die anderen Koalitionspartner auszuüben und eigene Vorstellungen durchzusetzen.“
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.