Schwerbehinderung: Erhöhte Freibeträge bei der Eingliederungshilfe

Lesedauer 3 Minuten

Die Eingliederungshilfe bietet Menschen mit Behinderungen Unterstützung, um ein möglichst selbstbestimmtes Leben führen zu können. Dabei sind für den Bezug dieser Leistungen sowohl Einkommen als auch Vermögen relevant. Hier erfahren Sie, unter welchen Voraussetzungen ein Eigenbeitrag zu leisten ist, wie dieser berechnet wird und welche Ausnahmen es gibt.

Leistungen der Eingliederungshilfe

Die Eingliederungshilfe umfasst eine Vielzahl an Unterstützungsleistungen, wie Fahrdienste oder Assistenzleistungen, um die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu ermöglichen. Abhängig von der individuellen finanziellen Situation können dafür Kostenbeteiligungen anfallen.

Durch das Bundesteilhabegesetz (BTHG) sind die Freibeträge für Einkommen und Vermögen heute deutlich höher, wodurch sich die finanzielle Belastung Betroffener verringert hat. Auch die Heranziehung von Angehörigen ist seltener geworden.

Voraussetzungen für die Eingliederungshilfe

Grundsätzlich richtet sich die Eingliederungshilfe an Personen mit einer wesentlichen Behinderung oder an jene, die von einer solchen bedroht sind. Zuständig ist der Träger der Eingliederungshilfe, wenn kein anderer Rehabilitationsträger zuständig ist.

Spezielle Regelungen gelten für Kinder und Jugendliche mit seelischen Behinderungen; in diesen Fällen greift das Recht der Jugendhilfe.

Einkommen: So erfolgt die Berechnung

Seit 2020 wird die Eingliederungshilfe nach dem SGB IX geregelt, wodurch die strengen Einkommens- und Vermögensgrenzen der früheren Sozialhilfe entfallen sind. Menschen mit Behinderung haben auch bei durchschnittlichem oder überdurchschnittlichem Einkommen Anspruch auf Eingliederungshilfe, müssen jedoch ab bestimmten Einkommensgrenzen einen Eigenanteil leisten. Das Einkommen des Partners bleibt unberücksichtigt.

  • Einkommensarten: Als Einkommen gelten Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, selbstständiger Tätigkeit, Kapitalvermögen, Vermietung und Verpachtung sowie sonstige Einkünfte nach dem Einkommensteuergesetz (EStG).
  • Relevantes Jahr: Für die Berechnung wird meist das Einkommen des vorletzten Jahres herangezogen. Bei erheblichen Abweichungen kann auch das laufende Jahr berücksichtigt werden. Dies vereinfacht die Antragstellung, da häufig der letzte Steuerbescheid ausreicht.
  • Einkommensgrenzen: Die Höhe des Jahreseinkommens, ab dem ein Beitrag zu leisten ist, variiert je nach Einkommensart:
    Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit: 36.057 €
    Nicht sozialversicherungspflichtige Beschäftigung (z.B. Beamtengehälter): 31.815 €
    Renteneinkünfte: 25.452 €

Zusätzliche Freibeträge gelten für Ehe- oder Lebenspartner (6.363 €) und unterhaltsberechtigte Kinder (4.242 € pro Kind). Verdient der Partner mehr als die genannten Freibeträge, entfallen diese zusätzlichen Erhöhungen teilweise.

Einkommensanrechnung für Eltern minderjähriger Kinder

Wenn Eltern für ein minderjähriges Kind, das mit ihnen im Haushalt lebt, Eingliederungshilfe beantragen, gelten höhere Einkommensgrenzen:

  • Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung oder selbstständige Tätigkeit: 67.872 €
  • Nicht sozialversicherungspflichtige Beschäftigung: 63.630 €
    Renteneinkünfte: 52.267 €

In diesem Fall gibt es keine weiteren Erhöhungsbeträge für Partner oder Kinder.

Wie hoch ist der Eigenbeitrag?

Die Höhe des Eigenbeitrags bemisst sich an der Differenz zwischen dem Einkommen und den geltenden Freibeträgen. Diese Differenz wird zu 2 % als monatlicher Beitrag angesetzt. Auf das Jahr gerechnet bedeutet das maximal 24 % des über der Freigrenze liegenden Einkommens.

Beispielrechnung:
Ein verheirateter Leistungsberechtigter mit zwei Kindern hat ein Jahreseinkommen von 57.000 €. Nach Abzug der relevanten Freibeträge ergibt sich eine Differenz von 6.096 €, von der 2 % als Beitrag zu leisten sind. Dies entspricht 121,92 € monatlich, abgerundet auf 120 €. Dieser Betrag ist direkt an den Leistungserbringer zu zahlen.

Jahreseinkommen 57.000€
Freibetrag bei sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung -36.057€
Freibetrag für Ehefrau -6.363€
Freibetrag für 2 Kinder -8484 (2 x 4.242 €)
Differenz zwischen Einkommen und Freibeträgen 6.096€
davon 2 % 121,92€

Beitragsfreie Leistungen

In bestimmten Fällen muss kein Eigenbeitrag geleistet werden. Dazu gehören unter anderem:

  • Heilpädagogische Leistungen zur sozialen Teilhabe
  • Leistungen zur medizinischen Rehabilitation
  • Teilhabe am Arbeitsleben (z.B. Werkstätten für behinderte Menschen)
  • Bildungsleistungen, wie Schulbegleitung oder spezielle Ausbildungsstätten
  • Leistungen zur sozialen Teilhabe für noch nicht eingeschulte Kinder

Auch wenn gleichzeitig Leistungen zum Lebensunterhalt (z.B. Bürgergeld) bezogen werden, bleibt die Eingliederungshilfe beitragsfrei.

Vermögenseinsatz in der Eingliederungshilfe

Das einzusetzende Vermögen orientiert sich am Sozialhilferecht. Allerdings gelten bei der Eingliederungshilfe höhere Freibeträge. Das Schonvermögen beträgt 63.630 € und umfasst alle Geldwerte, einschließlich beweglicher Sachen und Immobilien. Das Vermögen des Ehepartners bleibt unberücksichtigt.

Für bestimmte beitragsfreie Maßnahmen ist kein Vermögenseinsatz erforderlich.

Härtefälle: Kann das Vermögen nicht sofort verwertet werden oder liegt ein Härtefall vor, kann die Eingliederungshilfe als Darlehen gewährt werden.

Besonderheiten beim gleichzeitigen Bezug von Eingliederungshilfe und Hilfe zur Pflege

Erhalten Menschen mit Behinderung sowohl Eingliederungshilfe als auch Hilfe zur Pflege, greifen besondere Regelungen:

Wurde die Eingliederungshilfe vor dem Erreichen der Regelaltersgrenze gewährt, gelten weiterhin die Regelungen der Eingliederungshilfe.
Bei einem erstmaligen Bezug nach Erreichen der Regelaltersgrenze gilt hingegen das Sozialhilferecht der Hilfe zur Pflege.