Wenn Sie Angehörige pflegen, ist eine Erwerbstätigkeit in vielen Fällen nur eingeschränkt oder gar nicht möglich. Der dadurch entstehende Einkommensverlust kann zu finanziellen Sorgen führen. Doch es gibt Möglichkeiten, wie Sie zumindest einen Teil des Verdienstausfalls ausgleichen können – durch Pflegegeld, Sozialleistungen und besondere Regelungen bei der Arbeitsagentur. Wir zeigen Ihnen, welche Ansprüche Sie haben und wie Sie sie nutzen.
Pflegegeld – kein Gehalt, aber eine finanzielle Unterstützung
Ein eigenes Gehalt für pflegende Angehörige – wie das Elterngeld für Eltern – gibt es nicht. Das sogenannte Pflegegeld wird ausschließlich an die pflegebedürftige Person gezahlt. Es steht ab Pflegegrad 2 zur Verfügung und beträgt derzeit (Stand 2025):
- Pflegegrad 2: 347 Euro pro Monat
- Pflegegrad 3: 545 Euro
- Pflegegrad 4: 728 Euro
- Pflegegrad 5: 989 Euro
Das Pflegegeld dient der freien Verfügung des Pflegebedürftigen und soll die häusliche Pflege unterstützen. Der Gesetzgeber erlaubt ausdrücklich, dass dieses Geld an die pflegende Person weitergegeben wird – z. B. als Anerkennung für Zeit, Einsatz und entgangenes Einkommen. Eine rechtliche Verpflichtung zur Weitergabe besteht jedoch nicht.
Wichtig: Diese Weitergabe kann formlos geschehen, etwa durch eine mündliche Vereinbarung. Es empfiehlt sich dennoch, dies schriftlich festzuhalten, um spätere Missverständnisse zu vermeiden.
Pflegegeld ist steuer- und abgabenfrei
Wenn Sie das Pflegegeld erhalten, müssen Sie darauf weder Steuern zahlen noch Sozialabgaben leisten. Auch für Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, Grundsicherung, Bürgergeld oder Wohngeld gilt: Das Pflegegeld wird in der Regel nicht als Einkommen gewertet, sofern die Pflege nicht berufsmäßig erfolgt.
Fairness in der Familie – über Geld offen sprechen
In vielen Familien ist es eine Selbstverständlichkeit, dass Pflege übernommen wird – oft stillschweigend, ohne finanzielle Gegenleistung. Dennoch gilt: Wer durch die Pflege beruflich zurücksteckt oder ganz auf die Arbeit verzichtet, darf eine Anerkennung erwarten.
Wenn Sie z. B. Ihren Vater pflegen, während das Pflegegeld zurückgelegt oder für andere Zwecke genutzt wird (etwa für Geschwister, die sich nicht beteiligen), kann ein klärendes Gespräch sinnvoll sein. Es geht nicht um Bezahlung im klassischen Sinn, sondern um Gerechtigkeit.
Wohngeld – wenn das Einkommen durch Pflege sinkt
Wenn Sie wegen der Pflege weniger verdienen oder nicht arbeiten können, prüfen Sie, ob Sie Wohngeld (bei Mietwohnungen) oder einen Lastenzuschuss (bei Wohneigentum) beantragen können.
Wohngeld ist eine staatliche Leistung zur Unterstützung der Wohnkosten, wenn das Einkommen zwar für den Lebensunterhalt reicht, aber nicht für die Miete. Ob Sie anspruchsberechtigt sind, hängt von Ihrem Einkommen, der Miete und der Haushaltsgröße ab.
Tipp: Auch wenn Sie über dem Existenzminimum verdienen, aber deutlich unter dem Durchschnitt, lohnt sich der Antrag bei der örtlichen Wohngeldstelle. Das an Sie weitergeleitete Pflegegeld bleibt dabei in den meisten Fällen einkommensneutral.
Bürgergeld – Pflege kann eine Erwerbstätigkeit unzumutbar machen
Viele pflegende Angehörige sind auf Bürgergeld angewiesen, ganz oder ergänzend. Grundsätzlich gilt beim Bürgergeld:
Sie müssen hilfebedürftig und erwerbsfähig sein
Erwerbsfähig bedeutet: Sie müssen bereit sein, zumutbare Arbeit aufzunehmen
Bei der Pflege von Angehörigen gelten jedoch besondere Regelungen:
Ob eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist, hängt vom Pflegegrad und dem tatsächlichen Pflegeaufwand ab.
Orientierung bietet folgende Faustregel (keine feste gesetzliche Vorgabe):
- Pflegegrad 1: Erwerbsarbeit – auch Vollzeit – ist i. d. R. zumutbar
- Pflegegrad 2–3: Bis zu 6 Stunden tägliche Arbeit können möglich sein – je nach Pflegeaufwand
- Pflegegrad 4–5: Erwerbsarbeit kann als unzumutbar gelten, wenn Sie regelmäßig über längere Zeit täglich pflegen
Die Entscheidung trifft das Jobcenter im Einzelfall. Lassen Sie sich beraten und dokumentieren Sie Ihren Pflegeaufwand sorgfältig.
Arbeitslosengeld während Pflegezeit – eine rechtliche Sonderregel
Wenn Sie Angehörige mit mindestens Pflegegrad 2 pflegen, haben Sie unter bestimmten Voraussetzungen Anspruch auf eine unbezahlte Freistellung vom Arbeitgeber für bis zu sechs Monate (Familienpflegezeit nach § 3 Pflege-ZG). In dieser Zeit erhalten Sie kein Gehalt, das Arbeitsverhältnis bleibt aber bestehen.
Gut zu wissen: Unter bestimmten Bedingungen können Sie in dieser Zeit dennoch Arbeitslosengeld I beziehen. Entscheidend ist, dass Sie:
beschäftigungslos, aber weiterhin sozialversicherungspflichtig waren
sich grundsätzlich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen (sofern mit der Pflege vereinbar)
Die Bundesagentur für Arbeit erkennt an, dass Pflege auch dann als Beschäftigungslosigkeit gewertet wird, wenn kein Gehalt gezahlt wird und die Pflege nicht berufsmäßig erfolgt – auch wenn das Pflegegeld an Sie weitergeleitet wird.
Lassen Sie sich bei der Agentur für Arbeit individuell beraten und prüfen Sie im Vorfeld, ob Sie die Voraussetzungen für Arbeitslosengeld erfüllen (z. B. 12 Monate Versicherungspflicht innerhalb der letzten 30 Monate).