Die Steuererklรคrung gehรถrt fรผr viele Rentnerinnen und Rentner zu den weniger romantischen Seiten des Lebensabends. Doch wer sich spรคt noch einmal traut, kann seine Steuerlast unter Umstรคnden deutlich senken. Der Schlรผssel heiรt Ehegattensplitting โ eine Regel, die seit Jahrzehnten im Einkommensteuergesetz verankert ist und gerade bei unterschiedlich hohen Renten zum spรผrbaren Entlastungsfaktor wird.
Das Prinzip: Halbieren, versteuern, verdoppeln
Beim Splittingverfahren werden die Einkรผnfte beider Ehegatten zunรคchst addiert, anschlieรend durch zwei geteilt und dieser halbe Betrag mit dem Steuertarif belegt. Das Ergebnis wird schlieรlich verdoppelt.
“Weil das deutsche Einkommensteuersystem progressiv ist, profitiert vor allem ein Paar, bei dem der eine Partner ein deutlich hรถheres zu versteuerndes Einkommen bezieht als der andere”, sagt der Sozialrechtsexperte Dr. Utz Anhalt.
Dadurch rutschen beide gemeinsam in eine niedrigere Tarifzone; hohe Marginalsรคtze fangen weniger stark an zu greifen. Die Regel ist in ยง 26 EStG verankert und kann von verheirateten, aber auch von eingetragenen Lebenspartnern genutzt werden.
Warum gerade Rentnerpaare profitieren
Seit der Rentenreform 2005 wรคchst der steuerpflichtige Anteil jeder Neurente schrittweise an. 2025 unterliegt bereits ein Rentenzugang zu 100 Prozent der Besteuerung โ nur der Grundfreibetrag bleibt steuerfrei. Er betrรคgt im Jahr 2025 fรผr Alleinstehende 12 096 Euro und fรผr gemeinsam veranlagte Ehepaare das Doppelte, also 24 192 Euro.
Damit wird die steuerliche Schere zwischen zwei Partnern im Ruhestand oft grรถรer: Wer jahrzehntelang Vollzeit gearbeitet hat, liegt mit seiner Bruttorente nicht selten klar รผber dem Grundfreibetrag, wรคhrend die Rente eines Partners mit Teilzeit- oder Familienjahren oft weit darunter bleibt. Genau hier setzt das Splitting an und glรคttet die Einkรผnfte.
Beispielrechnung: Mehr als tausend Euro Ersparnis pro Jahr
Ein Rentner erhรคlt 2 500 Euro, seine Partnerin 1 000 Euro monatlich. Zusammen ergibt das 42 000 Euro Jahresbruttorente.
Nach Abzug der Versorgungsfreibetrรคge und Werbungskostenpauschalen liegt das gemeinsame zu versteuernde Einkommen im vereinfachten Rechenbeispiel bei rund 30 000 Euro. Werden beide einzeln veranlagt, fรคllt auf den grรถรeren Anteil ein deutlich hรถherer Grenzsteuersatz an: In der Splittingtabelle fรผr 2025 lรคge die Gesamteinkommensteuer in dieser Konstellation bei rund 3 500 Euro.
“Wรคhlen beide hingegen die Zusammenveranlagung, sinkt die Steuerlast auf etwa 2 300 Euro. Das sind mehr als 1 000 Euro Netto-Plus, ohne dass sich an der tatsรคchlichen Rentenhรถhe irgendetwas รคndert”, sagt der Experte.
Das Gnadenjahr: Steuerliche Schonfrist nach dem Verlust des Partners
Stirbt ein Ehegatte, darf der รผberlebende Partner nicht nur im Todesjahr, sondern auch im darauffolgenden Kalenderjahr weiterhin den Splittingtarif nutzen โ obwohl er nun allein veranlagt wird.
Diese Sonderregel, umgangssprachlich โGnadenjahrโ oder โWitwensplittingโ genannt, soll verhindern, dass die Steuerbelastung abrupt ansteigt. Rechtlich fuรt sie auf ยง 32a Abs. 6 Nr. 2 EStG.
Ab dem zweiten Folgejahr greift dann jedoch die Einzelveranlagung auf Basis des Grundtarifs. Wer eine hรถhere Rente bezieht, spรผrt den Wegfall des Splittingeffekts unmittelbar in Form einer hรถheren Einkommensteuer.
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Jenseits der Einkommensteuer: Freibetrรคge, Versorgung, Krankenversicherung
“Eine Eheschlieรung im Alter hat weitere finanzielle Folgen. In der Erbschaftsteuer steigt der Freibetrag fรผr Ehegatten auf 500 000 Euro; unverheiratete Partner kรถnnen lediglich 20 000 Euro steuerfrei erben, zudem unterliegen sie hรถheren Steuersรคtzen”, so Anhalt.
Auch bei der Hinterbliebenenversorgung zeigt sich eine deutliche Differenz: Nur ein verheirateter Partner hat Anspruch auf die groรe oder kleine Witwen- bzw. Witwerrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Gleiches gilt fรผr die Beihilfe im รถffentlichen Dienst und fรผr betriebliche Pensionszusagen. Schlieรlich kรถnnen sich Kranken- und Pflegeversicherungsbeitrรคge verรคndern, weil bei gesetzlich Versicherten der Splittingtarif indirekt das maรgebliche Einkommen beeinflusst.
Wann sich die spรคte Trauung rechnet โ und wann Vorsicht geboten ist
Ein klarer Vorteil entsteht meist, wenn die Renten deutlich auseinanderliegen oder wenn zusรคtzlich Einkรผnfte aus Vermietung, Kapitalanlagen oder Nebentรคtigkeiten vorhanden sind.
Wer dagegen als Paar bereits heute insgesamt unterhalb des doppelten Grundfreibetrags bleibt, schรถpft den Splittingeffekt kaum aus. Gleiches gilt, wenn hohe Pflegekosten steuerlich absetzbar sind; sie kรถnnen den individuellen Steuersatz bereits so weit drรผcken, dass der Mehrwert des Splittings schrumpft.
Ohne Beratung geht es selten
Selbst wenn das Grundprinzip einfach klingt, hรคngen die wirklichen Effekte von vielen Variablen ab: vom individuellen Rentenzugangsjahr und dessen Besteuerungsanteil, von Nebeneinkรผnften oder Verlustvortrรคgen, von Pflege- und Krankheitskosten, vom Kirchensteuerstatus sowie von kรผnftigen Rentenerhรถhungen.
Eine Simulation mit aktueller Splitting- und Grundtabelle, ergรคnzt um die eigenen Daten, liefert verlรคssliche Zahlen. Steuerberaterinnen, Lohnsteuerhilfevereine oder Fachanwรคlte fรผr Erbrecht kรถnnen dabei helfen, Fallstricke zu vermeiden und auch nichtsteuerliche Aspekte โ etwa Gรผterstand, Pflichtteilsrechte oder Pflegeabsicherung โ einzubeziehen.
Fazit
Fรผr Rentnerinnen und Rentner ist das Ehegattensplitting weit mehr als eine theoretische Rechengrรถรe. Wer im Alter noch heiratet oder die Form der Veranlagung รคndert, kann durch den Splittingtarif jรคhrlich vierstellige Betrรคge sparen, solange die Renten spรผrbar unterschiedlich ausfallen. Das Gnadenjahr mildert nach einem Trauerfall die steuerliche Belastung, und auch in der Erbschaftsteuer bringt der Trauschein erhebliche Freibetrรคge.