Schwerbehinderung: Das sind die 4 wichtigsten Fakten zum Arbeitsrecht

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Um Chancengleichheit und Inklusion zu fรถrdern, hat der Gesetzgeber verschiedene Regelungen eingefรผhrt, die den Zugang zu Arbeitsplรคtzen fรผr Menschen mit Behinderung erleichtern und besondere Schutzrechte gewรคhrleisten. In diesem Artikel zeigen wir Ihnen die 4 wichtigsten Fakten zum Arbeitsrecht fรผr Menschen mit Behinderung.

1. Besetzung freier Arbeitsplรคtze durch Menschen mit Behinderung im รถffentlichen Dienst

GemรครŸ ยง 164 Absatz 1 des Neunten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB IX) sind Arbeitgeber im รถffentlichen Dienst verpflichtet, bei der Besetzung von freien Stellen zu prรผfen, ob ein schwerbehinderter Mensch fรผr die Position geeignet ist.

Der Arbeitgeber hat hierbei vorrangig die bei der Agentur fรผr Arbeit gemeldeten Bewerber mit Behinderung in Erwรคgung zu ziehen. Zur Erfรผllung dieser Verpflichtung muss er sich aktiv bei der Agentur fรผr Arbeit รผber passende Kandidaten informieren.

Auch neu ausgeschriebene Stellen mรผssen der Agentur fรผr Arbeit gemeldet werden, damit schwerbehinderte Bewerber gezielt Berรผcksichtigung finden kรถnnen.

Weitreichende Konsequenzen bei Nichteinhaltung

Die Nichteinhaltung dieser Pflicht kann weitreichende Konsequenzen haben. So kann nach ยง 99 Absatz 2 des Betriebsverfassungsgesetzes die Zustimmung der Personalabteilung verweigert werden, wenn der Arbeitgeber die gesetzlich vorgeschriebene Prรผfung nicht vorgenommen hat.

Findet sich ein geeigneter Bewerber mit Behinderung, ist der Arbeitgeber dazu verpflichtet, diesen zu einem Vorstellungsgesprรคch einzuladen, vorausgesetzt, die fachlichen Voraussetzungen sind erfรผllt (ยง 165 SGB IX).

Arbeitgeber mรผssen 5 Prozent ihrer Stellen mit schwerbehinderten Menschen besetzen

Weiterhin schreibt ยง 154 SGB IX vor, dass Arbeitgeber mit mindestens 20 Arbeitsplรคtzen im Jahresdurchschnitt mindestens 5 Prozent der Stellen mit schwerbehinderten Menschen besetzen mรผssen. Wird diese Quote nicht erreicht, sind Arbeitgeber verpflichtet, eine sogenannte Ausgleichsabgabe zu zahlen (ยง 160 SGB IX). Die Hรถhe der Abgabe hรคngt von der tatsรคchlichen Beschรคftigungsquote ab:

  • 125 Euro pro unbesetztem Pflichtarbeitsplatz bei einer Quote zwischen 3 Prozent und weniger als 5 Prozent.
  • 220 Euro pro unbesetztem Pflichtarbeitsplatz bei einer Quote zwischen 2 Prozent und weniger als 3 Prozent.
  • 320 Euro pro unbesetztem Pflichtarbeitsplatz bei einer Quote von weniger als 2 Prozent.

Die entsprechenden Daten mรผssen jรคhrlich an die Agentur fรผr Arbeit gemeldet werden. Diese Regelungen sollen dazu beitragen, dass die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung gefรถrdert wird.

2. Anspruch auf zusรคtzlichen Urlaub fรผr Schwerbehinderte

Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben gemรครŸ ยง 208 SGB IX Anspruch auf zusรคtzliche Urlaubstage. Die Anzahl dieser Urlaubstage hรคngt davon ab, wie viele Tage der Arbeitnehmer normalerweise in der Woche arbeitet.

Bei einer fรผnftรคgigen Arbeitswoche erhรคlt der schwerbehinderte Arbeitnehmer fรผnf zusรคtzliche Urlaubstage im Jahr. Arbeitet die Person an nur drei Tagen pro Woche, stehen ihr entsprechend drei zusรคtzliche Urlaubstage zu.

Sollte es im Betrieb darรผber hinaus tarifliche oder betriebliche Regelungen geben, die einen hรถheren Urlaubsanspruch vorsehen, kann sich die Zahl der Urlaubstage weiter erhรถhen.

3. Freistellung von Mehrarbeit fรผr schwerbehinderte Arbeitnehmer

Nach ยง 207 SGB IX haben schwerbehinderte Arbeitnehmer das Recht, auf Verlangen von Mehrarbeit freigestellt zu werden. Mehrarbeit bezeichnet in diesem Zusammenhang jegliche Arbeitszeit, die รผber die gesetzlich festgelegte Hรถchstarbeitszeit von acht Stunden pro Tag hinausgeht (ยง 3 Satz 1 Arbeitszeitgesetz, ArbZG).

Schwerbehinderte Arbeitnehmer haben somit die Mรถglichkeit, selbst zu entscheiden, ob sie รœberstunden leisten mรถchten oder nicht. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber keine Mehrarbeit von schwerbehinderten Beschรคftigten verlangen kann, wenn diese dies nicht wรผnschen.

4. Besonderer Kรผndigungsschutz fรผr schwerbehinderte Menschen

Schwerbehinderte Arbeitnehmer genieรŸen einen besonderen Schutz vor Kรผndigungen. Nach ยง 168 SGB IX darf das Arbeitsverhรคltnis eines schwerbehinderten Mitarbeiters nur gekรผndigt werden, wenn zuvor die Zustimmung des Integrationsamtes eingeholt wurde.

Hierzu muss der Arbeitgeber einen schriftlichen Antrag beim Integrationsamt stellen, der Informationen รผber den betroffenen Mitarbeiter, den Betrieb und die Art der geplanten Kรผndigung enthรคlt.

Im Rahmen des Verfahrens zur Kรผndigungszustimmung wird das Integrationsamt die Stellungnahme des Betriebsrates sowie der Schwerbehindertenvertretung einholen. Auch der betroffene Arbeitnehmer selbst hat das Recht, sich zu den geplanten MaรŸnahmen zu รคuรŸern.

Prรผfung durch Integrationsamt erforderlich

Das Integrationsamt prรผft dabei ausschlieรŸlich, ob die Kรผndigung im Zusammenhang mit der Behinderung des Mitarbeiters steht. Sollte dies der Fall sein, kann das Integrationsamt die Zustimmung verweigern, wodurch die Kรผndigung unwirksam wird.

Fรผr den Arbeitgeber bedeutet das, dass er vor einer Kรผndigung stets das Integrationsamt sowie die Schwerbehindertenvertretung zu beteiligen hat. Nach ยง 178 Absatz 2 Satz 3 SGB IX ist eine Kรผndigung ohne vorherige Anhรถrung der Schwerbehindertenvertretung ebenfalls ungรผltig.

In welchem Schritt der Arbeitgeber das Integrationsamt oder die Schwerbehindertenvertretung zuerst konsultiert, liegt nach einem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13. Dezember 2018 (Az.: 2 AZR 378/18) in seinem Ermessen.

Benachteiligung von schwerbehinderten Menschen soll verhindert werden

Der besondere Kรผndigungsschutz soll sicherstellen, dass schwerbehinderte Arbeitnehmer nicht aufgrund ihrer Behinderung benachteiligt werden. Er dient als Schutzmechanismus, um die berufliche Teilhabe von Menschen mit Behinderung zu sichern und Diskriminierung am Arbeitsplatz entgegenzuwirken.

Der Arbeitgeber muss somit alle relevanten Stellen einbeziehen und den Kรผndigungsprozess besonders sorgfรคltig gestalten, um sicherzustellen, dass die Rechte des schwerbehinderten Mitarbeiters gewahrt bleiben.

Verpflichtungen der Arbeitgeber zur Integration schwerbehinderter Menschen

Arbeitgeber in Deutschland haben klare Verpflichtungen zur Fรถrderung der beruflichen Teilhabe von schwerbehinderten Menschen. Diese Regelungen des SGB IX sollen sicherstellen, dass schwerbehinderte Menschen gleiche Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben und nicht benachteiligt werden.