Erschreckende Zahlen: Jedes sechste Kind in Deutschland lebt in materieller Armut. 2,2 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren beziehen Hartz IV Leistungen in Höhe des Existenzminimums. Hinzu kommen die in verdeckter Armut lebenden Familien: Berechnungen gehen von mehr als einer Million Betroffener aus.
Die Hauptursachen der Armut sind Arbeitslosigkeit und sinkende Löhne. 2,6 Millionen abhängig Beschäftigte arbeiten für Armutslöhne
von weniger als 50 Prozent des durchschnittlichen Stundenlohns, der 7,38 Euro in West- und 5,37 Euro in Ostdeutschland beträgt. 1,3 Millionen ArbeitnehmerInnen müssen ergänzende Hartz IV-Leistungen in Anspruch nehmen. Zwei Drittel der Armutslöhner sind Frauen, vor allem alleinerziehende Mütter. Zudem arbeiten 5,5 Millionen Menschen für weniger als 7,50 Euro die Stunde. Wer Kinder aus der Armut herausholen wolle, müsse deshalb „endlich den Weg frei machen für Existenz sichernde Löhne von mindestens 7,50 Euro“, sagte DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach in Berlin bei der Vorstellung der DGB-Forderungen zur Bekämpfung der Kinderarmut.
Arbeitslosigkeit ist der Hauptgrund für Armut. Arbeiten ein oder mehrere Haushaltsmitglieder in Vollzeit, sinkt die Armutsgefährdung von Familien mit Kindern schlagartig von 48 Prozent auf acht beziehungsweise vier Prozent.
Mindestlöhne allein genügten aber nicht, um Kinder vor Armut zu bewahren. Hinzu kommen müssten „armutsfeste Sozialleistungen“.
Der DGB spricht sich perspektivisch für eine Kindergrundsicherung aus, die Kinder unabhängig von Hartz IV -Leistungen macht.
Die Lücke zwischen Kindergeld (154 Euro) und Existenzminimum (304 Euro) müsse schrittweise geschlossen werden, beginnend
bei den Kindern von Geringverdienern. Andere Familienleistungen – Kinderzuschlag und Wohngeldanteile von Kindern – könnten in die Kindergrundsicherung aufgehen. Armut habe viele Gesichter, betonte DGB-Vorstand Buntenbach. Materielle Armut sei nur das
auffälligste. Hinzu kämen die Armutsdimensionen Bildung und Gesundheit. Alle drei bedingten sich gegenseitig. „Wer über wenig Einkommen verfügt, hat oft geringere Bildungschancen und umgekehrt.“
Skandalös sei der Zusammenhang zwischen mangelhaftem Einkommen von Eltern und der Gesundheit ihrer Kinder. Nach DGB- Auffassung wäre es falsch, nur eine Armutsdimension in Angriff zu nehmen. Oder die Bekämpfung der materiellen Armut gegen die der Bildungsarmut auszuspielen. Es gehe nicht um die Frage, ob das Kindergeld erhöht oder mehr Geld in die Kinderbetreuung investiert werden soll. Entscheidend sei der richtige Maßnahmenmix. Zudem dürften Leistungsverbesserungen auf Bundes-, Landesoder kommunaler Ebene nicht zum Anlass für Kürzungen an anderer Stelle genommen werden. Der DGB plädiert dafür, dass Kinder ab dem ersten Lebensjahr einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Kindertagesstätte erhalten. Zudem müsse das Essen der Kinder von Geringverdienern in Schulen und Kindertagesstätten bezuschusst werden. (PM DGB, 04.06.2008)
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